Nubila 05: Die letzte Schlacht
Greg.
„Noch immer ist uns unbekannt, wo Alexander und meine Tochter sich befinden“, sagte Jason ernst. „Aber eins ist klar: Cynthia wird nicht umsonst gestorben sein. Wir werden sie rächen und den Ältesten endlich die Abreibung verpassen, die sie schon so lange verdient haben.“
„Ja!“, riefen einige begeisterte Stimmen aus dem Saal und Greg sah, wie Kathleen betrübt den Kopf schüttelte.
Sie schien nicht mit Jasons Worten einverstanden zu sein, und Greg musste ihr Recht geben. Das hier war nicht der richtige Ort und auch nicht der richtige Zeitpunkt, um die Truppe zum Kampf aufzustacheln. Der Krieg hatte sein erstes Opfer gefordert, und Greg konnte nach wie vor nicht fassen, dass es ausgerechnet Cynthia treffen musste. Es war so ungerecht. Wäre sie mit Coal doch niemals zurückgekehrt. Sie hätten in Afrika bleiben sollen, da wären sie in Sicherheit gewesen. Aber das hatten sie vorher nicht wissen können. Auch jetzt war nicht sicher, wie viele aus der Truppe am Ende die Schlacht überleben würden. Denn dass es Todesopfer geben würde war klar. Langsam sah Greg sich um und versuchte den Gedanken daran zu verdrängen, dass bei der nächsten Aufbahrung wahrscheinlich sehr viel mehr Gestalten auf dem Altar liegen würden.
„Coal“, sagte Jason in diesem Moment. „Es wird Zeit, Abschied zu nehmen. Wir haben bereits ein Grab für Cynthia vorbereitet.“
Greg hielt die Luft an und wartete auf Coals Reaktion. Langsam schüttelte dieser den Kopf.
„Nein“, sagte er. „Nicht … nicht in die Erde. Sie hat die Tunnel nie gemocht. Das entsprach nicht ihrem Wesen. Sie war immer frei … wie der Wind.“
„Wir müssen sie aber begraben“, sagte Jason mitfühlend. „Das hatten wir doch alles schon besprochen, Coal. Du kannst sie dorthin bringen und wir folgen dir …“
Doch genau in diesem Moment fing Cynthias Kleidung plötzlich wie aus dem Nichts Feuer. Jason, Kathleen und alle anderen, die in der Nähe des Altars standen, machten einen Schritt zurück.
„Mami!“, schrie Celia erschrocken und versuchte, sich von Greg zu befreien. „Nicht in die Hölle, Mami. Dort werden sie dir wehtun.“
Greg umfasste Celia noch fester, damit sie nicht davonlaufen konnte, aber in diesem Moment biss sie ihm plötzlich in den Arm. Reflexartig ließ Greg sie los, doch bevor sie zu dem Feuer laufen konnte, griff Leonie nach dem Kind und zog es wieder in ihre Arme.
„Deine Mami kann das nicht mehr spüren“, versicherte sie ihr. „Sie fühlt das Feuer nicht mehr. Das verspreche ich dir.“
Celia begann kläglich zu weinen und strampelte wieder, um sich zu befreien.
„Aber das Feuer“, schluchzte sie. „In der Hölle ist das Feuer. Mami soll nicht in die Hölle. Bitte nicht. Bitte, bitte, bitte!“
Greg hatte bei ihren Worten das Gefühl, als würde ihm jemand das Herz herausreißen. Doch er fasste sich schnell wieder und eilte Leonie zu Hilfe. Er umarmte sie beide fest mit seinen starken Armen, sodass Celia völlig von dem Bild ihrer brennenden Mutter abgeschottet war.
„Das ist nur ihr Körper“, versuchte Greg zu erklären. „Ihre Seele ist schon längst fort und befindet sich nicht in der Hölle. Das verspreche ich dir.“
Celias Weinen schwoll an, und Greg biss sich auf die Unterlippe, um nicht einzustimmen. Der Schmerz war so groß, so allumfassend, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass es jemals wieder besser werden würde. Cynthia war fort. Für immer. Und er würde nun damit leben müssen.
Besorgt beobachtete Kathleen, wie die Hitze immer weiter anschwoll, und warf Jason einen schnellen Blick zu. Auch er wirkte beunruhigt, aber er schien Coal nicht in seiner Trauer stören zu wollen. Es war unter Warmblütern zwar nicht üblich, die Toten zu verbrennen, aber es sprach im Prinzip auch nichts dagegen. Zumindest nicht, solange Coal das Feuer unter Kontrolle hielt.
„Ich werde immer bei dir sein, Geliebte“, flüsterte Coal und setzte sich neben seine lichterloh brennende Frau. „Nichts kann uns trennen.“
Kathleen hielt erschrocken die Luft an. Für einen Moment wirkte es, als würde er ebenfalls in Flammen stehen, denn das Feuer sprang auf seine Kleidung über und setzte sie in Brand. Einige schockierte Ausrufe ertönten in der Menge, aber das Feuer verschmähte Coal und weigerte sich, seine Haut zu verbrennen. Die Flammen schlugen höher und es wurde heißer, so dass die Warmblüter eilig weiter zurücktraten. Besorgt beobachtete Kathleen den leeren Ausdruck in Coals Miene.
Weitere Kostenlose Bücher