Nuerburghoelle
und skeptisch, inzwischen aber immer mehr mit der neuen Kommunikationstechnik angefreundet und die ersten Tricks gelernt hatte. Ihn würde keiner mehr überraschen können, nur weil er zu dumm gewesen war, seine Handynummer nicht geblockt zu haben. Er hielt sich an eine seiner Handyregeln: Warum sollte er sich mit dem Namen melden, wenn der Anrufer selbst seinen eigenen Namen und seine Rufnummer zurückhielt?
»Hallo«, sagte er mit ruhiger Stimme ins Gerät.
»Ich bins«, erhielt er als Antwort. Die Stimme hörte sich brüchig und leise an.
»Ist mir klar. Aber wer ist ich?« Böhnke ärgerte sich längst nicht mehr über die oft ungeschickten Meldungen per Handy.
»Ich bins, Helmut Bahn«, flüsterte der Anrufer schnell. »Und ich hoffe, dass Sie Herr Böhnke sind.«
»Gewiss. Was gibt es?« Böhnke hatte aufgehorcht. Etwas stimmte nicht mit Bahn. Dynamisch und forsch hatte seine Stimme sonst geklungen. Jetzt war sie ängstlich, zaghaft, stotternd. Zugleich hörte sie sich hektisch und aufgeregt an.
»Hatten Sie etwa auf der Rückfahrt einen Unfall?«, fragte er besorgt.
»Nein, nein«, wollte Bahn beruhigen, sein Benehmen sollte jedenfalls so wirken, war aber nur ein schnell und gehetzt hingeworfener Satz. »Man lässt mich nicht in Ruhe. Ich habe eben im Briefkasten wieder einen Liebesbrief der besonderen Art gefunden. Ich lese Ihnen gerne vor, was darin steht.«
Böhnkes betretenes Schweigen verstand er als Aufforderung.
»Das nächste Mal verlässt du das Krankenhaus nicht lebendig.« Bahn hustete. »Ist doch wohl eindeutig. Oder?«
»Da kann ich nicht widersprechen«, bestätigte Böhnke nachdenklich. »Was haben Sie jetzt vor?«
»Ich werde meinen Freunden bei der Polizei einen Besuch abstatten. Die sollen mich gefälligst schützen.«
»Und ich soll Sie unterstützen?«
»Ja, das haben Sie mir zugesagt, Herr Böhnke«, sagte der Journalist fast schon flehentlich.
Was bedeutete der dritte Drohbrief?
Im Prinzip nur, dass derjenige, der diesen Brief verfasst hatte, wusste, dass Bahn nach einer Attacke im Krankenhaus gewesen ist, dachte sich Böhnke, andere Möglichkeiten zur Seite schiebend. Für ihn stand das fest und so würde sein Ansatz sein. Es gab einen Unbekannten, der es auf Bahn abgesehen hatte. Ob aber dieser Unbekannte auch auf dem Nürburgring zugeschlagen hatte, das war eine andere Frage. Es sprach zwar etliches dafür, aber es war nicht zwingend so, sagte er sich.
Warum er in diesem Zusammenhang wieder an Krupp dachte, konnte er sich selbst nicht erklären.
13.
Bahns Angebot, ihn nach Hildesheim mitzunehmen, jedenfalls hatte er Hildesheim verstanden, kam Böhnke äußerst ungelegen.
Er fühle sich nicht gut, meinte er abweisend. Es war eine Schutzbehauptung, er hatte vielmehr im Garten zu tun. Er hatte Lieselotte versprochen, sich endlich um die Hochbeete zu kümmern, in denen das Unkraut langsam die Oberhand gewann und nicht mehr Luft und Licht für die Nutzpflanzen blieb. Beete jäten statt Hildesheim, unter anderen Umständen hätte er zugesagt, aber er hatte in der letzten Zeit schon zu viel geschludert und wollte nicht den Zorn seiner Göttin auf sich ziehen. Außerdem war ihm der Gedanke an eine lange Autofahrt unbehaglicher als die Gartenarbeit, die er eigentlich gar nicht mochte und die er jederzeit abbrechen konnte. Sie war im Prinzip nicht seine Angelegenheit, aber er hatte immer Zeit. Und so blieb die Pflege der Hochbeete mal wieder an ihm hängen. Immer noch besser als Hildesheim, dachte er sich.
Dennoch konnte er seine Neugierde nicht verhehlen: »Was wollen Sie denn in Hildesheim, Herr Bahn?«
»Hillesheim«, stöhnte der Journalist ins Telefon. »Ich fahre nicht nach Niedersachsen, sondern in das schöne Hillesheim in der wunderschönen Vulkaneifel. Waren Sie da etwa noch nie, Herr Böhnke?«
»Nein«, bekannte der genötigte Gartenfreund. »Nie davon gehört. Das ist bestimmt kein Nest mit großer Kriminalität, sonst hätte ich davon gewusst.«
»Kriminalität im eigentlichen Sinne gewiss nicht«, lachte Bahn. »Aber da gibt es das erste und, wie ich glaube, auch das einzige Krimicafé Deutschlands.«
Bei Café und Eifel wäre Böhnke spontan etwas anderes eingefallen: Bad Münstereifel und Heino. Dorthin in das Café des Sangesfreundes hatte ihn seine Apothekerin einmal geschleppt. Nein, zweimal, korrigierte er sich, das erste und das letzte Mal. Das lag aber weniger am Café selbst oder an seinem berühmten Besitzer, sondern am Rummel und dem Betrieb, der
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