Nuerburghoelle
hatte. Wahrscheinlich lag es daran, dass er so sehr in seine Gedanken vertieft war und nichts von der Umgebung mitbekommen hatte.
»So, du Hauptgewinner, wir sind da. Und was steht jetzt auf dem Programm?« Seine Liebste klang nicht gerade begeistert, als sie ihn das fragte, während sie aus dem Wagen stiegen.
»Zunächst ein Gespräch und dann eine Tour über die Rennstrecke.«
»Ohne mich«, sagte sie spontan. »Ich rase doch nicht wie eine Idiotin durch die Gegend.«
Freundlich lächelnd ließ sie sich von Szymkowiak begrüßen, der ihnen aus der Erlebnis-Welt entgegengeeilt war. Gerne nehme sie sein Angebot an, sich durch die neue Einrichtung von einem Führer leiten zu lassen.
»Das ist mir allemal lieber, als wie in einem Rennwagen zu sitzen«, sagte sie mit großer Selbstverständlichkeit. Sie rieb sich die Arme. »Außerdem hab ich kalt. Ich bin im Haus besser aufgehoben als wie draußen.« Überall sonst hätte Böhnke sie korrigiert und auf ihren sprachlichen Fehler hingewiesen. Schließlich war jemandem kalt, nur in Aachen nicht. Dort hat man, auch wenn die Zeit der französischen Besatzung längst vorbei war, immer noch kalt.
Hinter Szymkowiak war der junge Mann auf sie zugekommen, der Böhnke abgelichtet und fotografiert hatte.
»Sie sehen, es ist mir gelungen, unseren journalistischen Mitarbeiter zu erwischen«, lachte der lange Geschäftsführer.
Gemeinsam machten sie es sich in der Cafeteria bequem. Wieder herrschte großer Publikumsandrang. Die Erlebnis-Welt schien für viele attraktiv zu sein, meinte Böhnke schmeichelnd.
Doch kaum hatten sie die Getränke bestellt, mahnte ein Piepser am Gürtel des Geschäftsführers, sich unverzüglich in sein Büro zu begeben. Wenig später kam auch der livrierte Senior angehumpelt, der die Apothekerin entführte.
Böhnke hatte sein erstes Ziel erreicht, ein Gespräch unter vier Augen mit dem Haus-und-Hof-Journalisten, dessen Name ihm entfallen war.
»Wie heißen Sie noch mal, junger Mann?«, fragte er unbekümmert.
»Brennicke«, war die Antwort.
Jetzt, wo er es sagte, fiel es ihm auch wieder ein.
»Aber das stimmt nicht ganz. Das ist der Name meiner Mutter, unter dem ich meine Berichte verfasse. Laut Geburtsurkunde ist mein Familienname Dopplerkopf.«
Böhnke ließ sich nichts anmerken. Er nahm den ungewöhnlichen Namen hin, als sei er der selbstverständlichste auf der Welt wie Meier, Müller, Schmitz oder Schulz.
»Sie haben die Berichte über mich gemacht, als ich als 50.000 Besucher der Erlebnis-Welt die Preise erhielt?« Die Frage war weniger eine Frage als eine Feststellung. »Stimmts?«
Dopplerkopf nickte bejahend.
»Für wen haben Sie die Berichte gemacht?«
»Für die Nürburgring-GmbH.«
Wer ungenau fragt, darf sich nicht über ungenaue Antworten wundern, tadelte Böhnke sich selbst.
»Das ist mir klar. Mich würde vielmehr interessieren, wo Ihre Berichte erschienen sind oder vielleicht noch erscheinen sollen.«
»Na, in allen Zeitungen rund um den Ring und in ein paar Anzeigenblättern gab es Berichte. Und dann erscheint das auch noch im Dezember im neuen Jahrbuch des Nürburgrings.«
»Also hier in der Region?« Damit würde der Kreis derjenigen eingeschränkt, die überhaupt wussten, dass er wegen des Todes von Theberath und des Geschehens rund um Bahn ermittelte, überlegte Böhnke. Doch strich er diesen Gedanken, als Dopplerkopf nach einem Schluck aus seinem Colaglas fortfuhr: »Außerdem habe ich allen Motorsportzeitschriften meine Sachen zugeschickt und dann standen diese natürlich in voller Schönheit und Länge auch im Newsletter, den die Nürburgring-GmbH herausgibt.«
»Und über den kann jeder an jedem Zipfel der Welt erfahren, was Sie über mich geschrieben haben?«
Statt einer Antwort drückte ihm Dopplerkopf die Kopie eines Zeitungsartikels in die Hand. »Lesen Sie und sagen mir dann, ob etwas falsch ist«, sagte er gelassen.
Unter der neutralen bis langweiligen Überschrift ›50.000 Besucher‹ hatte Dopplerkopf einen Bericht verfasst, in dem er nicht nur Werbung für die Erlebnis-Welt und die Betreibergesellschaft machte, sondern auch ausführlich über Böhnkes Auftritte auf der Rennstrecke informierte. Der ehemalige Kriminalkommissar aus Aachen mit einer Ferienwohnung in der Eifel ermittele aus privaten Gründen wegen der Umstände, die zu dem tödlichen Rennunfall von Berthold Theberath geführt hätten, in den auch sein Freund, der Journalist Helmut Bahn aus Düren, verwickelt gewesen war.
Deutlicher
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