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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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gerne zur Vorsicht beim Autofahren. Das
liegt ihr am Herzen, denn Autofahren ist gefährlich. Wenn es nach meiner Mutter
geht, dann ist auf unseren Straßen an 53 Wochen im Jahr Nebel und Eis. Und dann
sagt sie: »Du kannst doch nachts nicht mehr nach Hause fahren, Junge! Wenn das
überfriert...«Ich sag dann: »Ja, Mutter, da hast du Recht, so ist der August im
Rheinland: Plötzlich überall Nebel und Eis ...« Und wenn dann hinter einem
einer fährt, der keine Mutter mehr hat, die ihn ermahnt...
    Meine Mutter weist mich auch gerne darauf hin, dass ich
auf meine Sachen aufpassen soll. Auch das ist natürlich sehr wichtig für einen
Heranwachsenden im fünften Lebensjahrzehnt. Ihr Leben hat sie mich ermahnt:
»Verlier nicht wieder dein Portemonnaie.« In der Tat habe ich einmal mein Portemonnaie
verloren. Da war ich vier Jahre alte. Und seitdem ruft meine Mutter, wenn ich
aus dem Haus gehe, hinterher: »Junge! Verlier nicht wieder dein Portemonnaie
...!«
    Die vergisst so etwas nicht. Da ist sie überpingelig. Sie
weiß auch immer genau, was man mal gesagt hat. Ich habe zum Beispiel, da war
ich 19 Jahre alt und wohnte noch bei meinen Eltern, meine Mutter gefragt, ob
ich mein Zimmer neu tapezieren könnte, ich fände es einfach nicht mehr schön
... Natürlich war sie entsetzt: »Du hast doch gesagt, dass du das so willst!
Wir haben das Zimmer doch damals genau nach deinen Wünschen ...« »Ja, Mutter,
aber da war ich sechs Jahre alt.
    Und diese Enten und Bärchen ...« »Du wolltest doch Enten
und Bärchen, nie weißt du, was du willst, heute Hü, morgen Hott ...« »Mutter,«
habe ich da gesagt, »ich mach es doch selbst! Auf eigene Kosten! Ich zahle
das.« »Ach ja? Wovon denn, du verlierst doch ständig dein Portemonnaie!« Wo sie
Recht hat, hat sie Recht...
     
    Grabstein 4.
November 2002
    Letztens hat mich doch jemand gefragt, was für einen
Spruch ich gerne auf meinem Grabstein hätte. Mir könnte das ja eigentlich egal
sein. Ich werde es ohnehin nicht mehr lesen können. Aber trotzdem macht man
sich ja so seine Gedanken. Wenn schon etwas auf meinem Grabstein stehen soll,
dann fände ich zunächst mal den Namen hilfreich, sonst denken ja alle, da liegt
sonst wer, Heinz Müller oder Julius Cäsar. Dann heult sich nachher eine
verführerische junge Frau an meinem Grab die Augen raus und meint eigentlich
den Fleischwarenfachverkäufer nebenan.
    Und dann sollte noch etwas Fröhliches eingemeißelt sein,
zur Aufmunterung, weil der Tod für die Zurückgebliebenen ja oft eher unangenehm
ist. »Kopf hoch. Ist gar nicht so schlecht hier.« So als kleiner Trost. Für
einen selbst ist der Tod ja wahrscheinlich gar nicht so unangenehm, weil man
ihn ja nicht mehr merkt. Man ist ja tot.
    Wahrscheinlich. Allerdings: Vielleicht gibt es ja ein
Leben nach dem Tod. Da denkt man »Game over«, und plötzlich gibt es - ping -
ein Freispiel. Dann steht man da im nächsten Leben, und denkt... gut, was man
dann denkt, weiß ich auch nicht. Ich war ja noch nie tot, soweit ich mich
erinnern kann. Vielleicht habe ich ja auch schon mal gelebt, in einem Paralleluniversum
mit sieben Dimensionen, und habe ausgesehen wie eine hyperbolisch-kosmische
Neutrinowolke. Also eher blass. Man weiß es doch nicht, wir haben doch
keinerlei Vorstellung.
    Wenn ich also nichts über den Tod weiß, was soll ich denn
da auf einen Grabstein schreiben? Ich habe ja mal gedacht, dass auf meinem
Grabstein stehen sollte: »Der Nächste bitte.« Das betont auf humanistische Art
und Weise die Konstanz der Evolution. Gut wäre auch: »Bitte verlassen Sie
diesen Ort so, wie Sie ihn vorzufinden wünschen.« Sozusagen als Mahnung an die
Überlebenden. Oder etwas Poetisches: »Hier liegen meine Gebeine, ich wünschte,
es wären deine.« Oder, wenn der Tod überraschend kam, dann fände ich auch gut,
da wäre ein über die ganze Breite des Steins gemeißeltes »Huch!« Oder ein »Ich
habe wirklich gedacht, da würden zwei Autos durchpassen ...«
    Aber die schönste Grabsteininschrift fände ich immer noch:
»Bitte nicht hupen!« Ich hasse es, wenn einer hupt, wenn ich mich gerade
hingelegt habe. Das ist ja überhaupt wahrscheinlich das Schöne am Tod. Diese
Ruhe. Totenstille. Aber ewig muss ich das auch nicht haben.
     
    Höhlenmalerei 2. Dezember 2002
    Richtige Höhlenmalereien sind einfach fantastisch! Früher
hat man direkt auf die Höhlenwand gemalt - wahrscheinlich, weil der Nagel noch
nicht erfunden war. Und es gab ja auch noch keine Rahmen, weil der

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