Nuhr, Dieter
perforierten, dann war sie zu hart zum Schlafen. Und das
Kopfteil war so prall und dick, dass der Kopf im 90-Grad-Winkel nach oben
gedrückt wurde. Es gibt angeblich Camper, die sich beim Schlafen das Genick
gebrochen haben ...
Aber selbst wenn man überlebte, konnte man sich morgens
erst einmal nicht mehr bewegen, weil man sich in der Feuchtigkeit steif
gelegen hatte. Da musste man sich erst mal mit dem Hammer aufs Knie hauen, um
die Gelenke wieder frei zu bekommen.
Trotzdem, ich würde das heute wiederholen, wenn ich dürfte.
Leider habe ich seit dem verregneten Campingurlaub in Norwegen einen
Gelenkrheumatismus und diese chronische Nierenbeckenentzündung. Aber im
nächsten Leben bin ich wieder dabei. Wenn man so unter der Erde liegt in dieser
Kiste, dann ist das ja auch feucht, eng, und die Knochen sind steif. Im Grunde
ist der Tod ein einziger ewiger Campingurlaub, bloß ohne Nieren und Rheuma. Ich
freue mich drauf.
Traum 6. Oktober 2002
Ich hatte einen Traum. Einen Albtraum. Ich habe geträumt,
dass ich träume, also quasi ein Traum in einem Traum. Dann bin ich aufgewacht -
also im Traum. Und ich denke: »Was ist das denn? Träum ich?« Und da wache ich
auf. Träume aber immer noch. Und da erscheint meine Nachbarin, die ist so Anfang
70 und ein furchtbarer Drachen, und ich höre mich sagen: »Wissen Sie, was ich
Ihnen immer schon mal sagen wollte? Sie sind hässlich und abstoßend.« In dem
Moment will ich aufwachen, kann aber nicht, weil ich merke: Ich bin schon
wach. Jetzt werde ich wohl umziehen müssen ...
Was sagen uns solche Träume? Da gibt es ja ganz wahnsinnige
Deutungen. Viele Psychologen meinen, dass Träume auch auf unerfüllte sexuelle
Wünsche deuten, wobei meine Nachbarin da wirklich nicht in Frage kommt!
Ich habe auch einmal geträumt, dass ich an einem nebligen
Nachmittag an einem Klavier vorbeigegangen wäre, darauf lagen: ein Ei, eine
Parmesanreibe und eine Kloschüssel. Vom Himmel herunter kam eine nackte Giraffe
und rezitierte einen usbekischen Kinderreim. Da machte es plötzlich »puff« -
und das Klavier war geplatzt, lag blutend am Boden und röchelte: »You must
remember this, a kiss is just a kiss ...«
Mit dem Traum bin ich dann zum Psychologen gegangen, und
der meinte, der Traum hinge mit meiner Mutter zusammen. Ich fragte: »Wieso?«
Und er antwortete: »Weiß ich auch nicht. Aber angeblich hängt ja alles
irgendwie mit der Mutter zusammen.« Und dann haben wir versucht, den Traum
zusammen von der ikonographischen Seite her zu entmystifizieren, also zu
fragen: »Hä? Was soll das?«
Nun spielt meine Mutter gar kein Klavier, aber der Psychologe
meinte, das Usbekische wäre ein Symbol für unterschwellige
Kommunikationsdefizite. Und dann fiel mir ein, dass ich das gar nicht geträumt
hatte, sondern dass ich das Ganze in einer Werbung für einen neuen Schokoriegel
gesehen hatte.
Irgendwie kommt mir das alles irreal vor. Das einzig Reale
ist meine Nachbarin. Die ist echt sauer. Ich werde wohl umziehen müssen.
Friseure 8. Oktober
2002
Das Allerschlimmste auf der Welt (wenn man von ständig reißender
Zahnseide absieht, oder in den Po rutschenden Unterhosen) sind gesprächige
Friseure. Große Weltprobleme werden niemals beim Haareschneiden gelöst.
Einstein hat seine spezielle Relativitätstheorie nicht umsonst
völlig unfrisiert niedergeschrieben. Man kennt ja die Fotos von ihm: Zunge
raus, Haare zerzaust. Ich bin mir sicher, dass Einstein die Relativität der
Zeit ohne den wirren Filz auf seinem Schädel gar nicht erkannt hätte.
Man stelle sich vor, Einstein wäre zum Friseur gegangen!
Niemals wäre er auf die Relativitätstheorie gekommen, denn beim Friseur ist die
Zeit nicht relativ, sondern absolut. Da gibt es einen Termin - oder eben nicht.
Meistens nächste Woche. Die Zeit von Friseuren geht nämlich gegen null. Und
wenn Zeit gleich null ist, dann liegt eine Singularität vor, und Singularitäten
existieren im Universum nur an zwei Stellen: in schwarzen Löchern und
Frisiersalons.
Wenn ein Friseur dann aber endlich Zeit hat, meistens Freitag
in zwei Wochen um halb 10, dann redet er. Ohne Ende. In Lichtgeschwindigkeit.
Deshalb entkommt man dem Geschwafel eines Friseurs nur, wenn man selbst mit
Überlichtgeschwindigkeit redet, und das ist bekanntlich unmöglich. Deshalb kommt
einem die Zeit bei redenden Friseuren auch so lang vor: Die schwafeln, dass
sich die Raumzeit krümmt. Man kommt raus nach vielleicht 20 Minuten - und ist
um Jahre gealtert.
Weil
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