Nukleus
Arteria basilaris vereinigen. Jeder ihrer Nebenäste, die dem Hirnstamm, dem Kleinhirn und dem verlängerten Rückenmark Blut zuführen, ist absolut lebenswichtig.«
»Aber wenn alles gut geht, dann wird sie doch wieder ganz gesund?«, fragte Ella.
»Niemand kann zu diesem Zeitpunkt sagen, ob sie je wieder ganz gesund wird. Es gibt verschiedene Arten von Koma, und jede schädigt das Gehirn. Noch dazu verfügt es über so gut wie kein Immunsystem, das haben wir ja bei Shirin gesehen, und man muss immer mit einem Versagen der zentralnervösen Regulation rechnen.«
»Und was heißt das jetzt wieder?«, unterbrach Cassidy ihn.
»Es kann sein, dass mein Team und ich den OP verlassen und Ihnen verkünden, die Operation sei erfolgreich verlaufen, und am nächsten Tag ist Dr. Jansen tot – das heißt es. Und noch was: Wie ich vorhin schon sagte, werde ich im Gebiet der Arteria basilaris und ihrer Neben äste arbeiten müssen und dort wiederum dicht an der Arteria cerebelli inferior anterior, der Kleinhirnschlagader, die das Gehirn über viele mikroskopisch kleine Äderchen mit Blut versorgt. Einige dieser Äderchen führen direkt in den Hirnstamm und damit in den Mittelpunkt des menschlichen Sonnensystems. Sie verletzen eins dieser Äderchen, und schon bricht die Blutversorgung im Hirnstamm zusammen, und wenn der Hirnstamm abstirbt, fällt innerhalb von Stunden und Tagen auch das Herz aus.«
»Wann legen Sie los? Sofort?«
»So schnell wie möglich.«
»Ich frage nur, weil da draußen ein paar Wichtigtuer vom MI6 herumlungern, die, glaube ich, gern mit Dr. Jansen reden würden. Genauso wie ich und die halbe Londoner Polizei.«
Julian sagte: »Selbst wenn der Eingriff gelingt, dauert es Tage, bis Dr. Jansen wieder ansprechbar ist, geschweige denn in der Lage sein wird, auf die Fragen der Polizei zu antworten.«
Cassidy nickte, fast zufrieden, und öffnete die Tür. »Werde ihnen das mal schonend beibringen, sobald sie mit der Befragung der anderen Zeugen genügend Pflichtbewusstsein demonstriert haben.«
Julian verließ das Zimmer, Dr. Fleming im Schlepptau. Auf dem Gang der Intensivstation sah Ella, dass Cassidy sich mit einem der Geheimagenten unterhielt, der sich jetzt auf eine Krücke stützte. Der zweite Agent hatte inzwischen Gesellschaft von einem hageren Mann erhalten, den sie nicht kannte. Jetzt drehte der hagere Mann sich um und scannte Ella, Julian und Fleming mit einem schnellen Blick. Er trat auf sie zu, zückte einen Ausweis und sagte: »Montgomery, Secret Intelligence Service. Ich hätte da ein paar …«
»Jetzt nicht«, sagte Julian und ging weiter, ohne dem Mann oder seinem Ausweis auch nur einen Seitenblick zu schenken. Der hagere Agent zuckte mit keiner Wimper und wandte sein selbst zu dieser nächtlichen Stunde glattrasiertes Gesicht ohne Umschweife Ella zu. »Dann wären Sie vielleicht so freundlich, uns einige Fragen zu beantworten, Dr. Bach?«
»Ich glaube, zuerst sollten mal Sie mir ein paar Antworten geben«, sagte Ella. »Nur einen Moment, bitte.« Sie lief hinter Julian her. »Ju lian!« Er blieb stehen. Sie kam sich auf einmal linkisch vor, unprofessio nell, aber sie sagte es trotzdem: »Du wirst Annika doch retten, nicht?«
»Ich tue, was ich kann«, sagte er.
»Sie ist meine beste Freundin.«
»Ich weiß. Aber du bist Ärztin, und du weißt, dass Annika vielleicht nicht mehr über die körperliche Konstitution verfügt, die sie benötigt, um sich nach einer langen …«
»Wenn es einer schafft, dann du«, sagte Ella. »Darf ich … hättest du etwas dagegen, wenn ich dir assistiere? Es gibt nur eine abkömmliche Schwester, und ich kann dir die Instrumente reichen oder Nähte legen oder …«
»In einer halben Stunde im OP«, sagte Julian.
»Danke«, sagte Ella und dachte: Eine halbe Stunde, um etwas wegen Sascha zu unternehmen, falls ich noch einmal zu Abdallah durchkomme. Ich muss es wenigstens versuchen. Ich muss ihm sagen, dass Shirin in die Kinderklinik verlegt worden ist und dass es vielleicht eine Möglichkeit gibt, den Anschlag zu verhindern.
Plötzlich stand Cassidy hinter ihr. »Dr. Auster, entschuldigen Sie, nur eine Kleinigkeit noch. Etwas, das Sie wissen sollten, bevor Sie anfangen.« Er schob sich an Ella vorbei, um hinter Julian herzulaufen. »Geht ganz schnell.«
Ella wandte sich ab und fand sich wieder dem glattrasierten Montgomery gegenüber. »Wer hat Sie eigentlich auf die Station gelassen?«, fragte sie. »Sie dürfen hier gar nicht rein.«
»Dr. Fleming
Weitere Kostenlose Bücher