Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
fürchtete gleichzeitig nichts mehr, als von ihm berührt zu werden.
Wir jetzt umkreisten einander, ohne uns dabei in die Quere zu kommen, und mit jeder Minute entfernten wir uns weiter voneinander. Bald schon würde die Distanz zwischen uns uneinholbar sein. Aber dies war die einzige Möglichkeit, zusammen in diesem Haus zu verweilen, in einem sensiblem Gleichgewicht, das durch die kleinste unbedachte Handlung sofort zerstört werden konnte. Und es war gleichzeitig der sicherste Weg, um unsere Beziehung zu beenden, die winzige Flamme zu verlöschen, die noch immer in mir existierte, trotz der Ereignisse, trotz der Angst, trotz der Schmerzen.
Daniel stand schweigend auf der großzügigen Terrasse und blickte hinaus aufs Meer. Er stand dort schon seit mehreren Minuten, oder waren es Stunden?
Ich lag in eine Decke gehüllt auf einer der Sonnenliegen, betrachtete den Himmel, das Wasser und die hinreißend karge Landschaft. Mein i-Pad lag neben mir, doch ich hatte nicht genug Energie, um damit irgendetwas anzufangen. Selbst Musikhören schien mir zu anstrengend.
Als Daniel sich umdrehte und dann zielstrebig auf mich zukam, schrak ich zusammen. Langsam überwand er die wenigen Meter, die uns bis dahin voneinander getrennt hatten.
»Juliet, wir müssen reden«, sagte er leise und betrachtete mich dabei aufmerksam. Ich sah, dass mein Anblick ihn noch immer aufwühlte. Obwohl die aufgeplatzte Lippe inzwischen etwas verheilt war und auch die Schwellungen alle zurückgingen, mein blau-violettes Auge und die Würgemale an meinem Hals waren eine ständige Erinnerung daran, was er mit mir gemacht hatte.
Ich nickte zustimmend und schaute deprimiert zu ihm auf. »Ja, ich weiß. Willst du anfangen?«
Daniel zog sich die andere Sonnenliege heran, stellte sie direkt neben meine, kaum mehr als ein paar Zentimeter entfernt. Er setzte sich darauf und nahm meine Hand. »Was gestern passiert ist, war vorhersehbar, ist aber trotzdem unverzeihlich. Ich weiß, dass du mit dir selbst ringst, doch wir müssen eine Entscheidung treffen. Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Diese ganze Geschichte zwischen uns ist viel zu intensiv. Ich bin es nicht gewohnt, jemanden so dicht an mich heranzulassen und du hast auch keine Erfahrungen, wie man eine richtige Beziehung führt.«
Ich folgte seinen Worten atemlos. Es war völlig offen, worauf er hinauswollte.
»Ich brauche mehr Abstand von dir. Wenn wir nicht alles aufgeben wollen, dann müssen wir zumindest ein paar Schritte zurückgehen, die Bindung zwischen uns lockern.«
Die Ereignisse am frühen Samstag in seiner Wohnung erwähnte er mit keiner Silbe. Das verbitterte mich noch mehr. »Daniel, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Du hast mich schon zum zweiten Mal fast umgebracht. Nocheinmal werde ich das ganz bestimmt nicht zulassen. Auch wenn es wehtut, ich werde mich von dir trennen. Nach unserer Rückkehr ziehe ich aus der Wohnung aus und suche mir einen anderen Job. Wenn wir uns nicht mehr andauernd über den Weg laufen, ist es leichter.«
Er schwieg betroffen, dann nickte er bedächtig. »Ja, langfristig ist das vielleicht die einzige Lösung«, gab er zu. Er sah mich abschätzend an, fügte schließlich leise hinzu: »Ich werde natürlich weiter für dich sorgen, dir eine Entschädigung zahlen, dir eine Empfehlung für einen neuen Job geben, wenn du möchtest. Ich weiß, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht habe, als ich dich angegriffen habe. Du sollst keine Nachteile erleiden, du hast nichts falsch gemacht.«
»Ich will dein Geld nicht!«, antwortete ich reflexartig.
Er umschloss mein Hand fester und beugte sich über mich. Seine grünen Augen fixierten mich. »Red keinen Unsinn. Ich habe dir bereits einen angemessenen Betrag überwiesen, das hier sind schließlich keine Verhandlungen. Ich will nicht, dass du dir um deine Zukunft Sorgen machen musst. Du hast so viele Talente, du solltest deine Zeit nicht damit verschwenden, dich mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs über Wasser zu halten.«
Ich entzog ihm meine Hand. Gegen seine Argumente kam ich sowieso nicht an. »Weißt du, was mir am meisten wehgetan hat, am Samstag?«, fragte ich ihn unvermittelt.
Sein eben noch souveräner Gesichtsausdruck wechselte schlagartig. Beklommen sah er mich an. »Was?«, flüsterte er.
»Dass du mir so etwas überhaupt zugetraut hast. Dass für dich zweifelsfrei feststand, ich könnte dich so verletzen. Ich dachte, du würdest mich besser kennen, du würdest mir mehr
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