Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
zu wirken. »Was denn für ein Rätsel? Hat es etwa mit dem Mord in dem Hotel zu tun?« Sie war ganz begeistert.
»Das erkläre ich dir alles morgen«, wiegelte ich ab. »Es ist ziemlich kompliziert und ich habe selber keinen Durchblick mehr. Aber die ganze Sache macht mir Angst, weil es irgendwie mit mir zu tun hat.«
»Du hast was mit dem Mord zu tun?«
»Nein, habe ich nicht. Aber der Mörder hat anscheinend ein Problem mit mir oder mit Daniel oder mit uns beiden.«
Corinne klang ungeduldig, ich hörte es rascheln, offenbar packte sie ihre Sachen zusammen, während wir telefonierten. »Dann seid ihr also immer noch zusammen? Hat er dich noch mal geschlagen?«
Ich seufzte. Natürlich hatte meine Schwester sich das gemerkt und sah dies als vordringlicher an, als die Tatsache, dass ich möglicherweise vom einem Mörder verfolgt wurde.
»Also ja«, erklang es aus dem Telefon als ich nicht gleich antwortete. »Schwesterchen, wir müssen dringend reden. Ich muss jetzt leider los, aber ich freue mich schon auf morgen.«
Wir verabschiedeten uns und sie versprach, mich vom Flughafen abzuholen.
Mittwoch, 20. Juni 2012
New York war eine ganz andere Welt als Boston, obwohl beide Städte so dicht beieinander lagen und Boston auch nicht gerade eine Kleinstadt war. Aber hier mitten von Lower Manhatten pulsierte das Leben, die Straßen waren angefüllt mit eilenden Menschen, hupenden Taxis und Lieferwagen und über allem erklangen die Sirenen der Polizeiwagen, die in mörderischem Tempo durch die Häuserschluchten sausten. Die Fußgänger schienen alle von ihren unbekannten Zielen magnetisch angezogen, niemand blieb stehen und sah sich staunend um, niemand hatte Zeit, die intensive Atmosphäre der Stadt auf sich wirken zu lassen. Selbst Touristen, die Fotos machen wollten, verweilten fast ausschließlich an Häuserecken oder fotografierten gleich im Gehen. Wären sie auf der Straße stehengeblieben, hätten die New Yorker sie vermutlich innerhalb von Minuten in den Erdboden gestampft. Alles war ständig in Bewegung, niemand hatte Zeit.
Ich liebte das Stadtleben, denn hier konnte man in die Anonymität abtauchen, konnte den ganzen Tag ohne ein einziges gesprochenes Wort zurechtkommen oder auch jeden Tag hundert neue Freundschaften knüpfen. Man konnte den ganzen Tag in einem Spa entspannen oder mitten in der Nacht ins Museum gehen. Mir gefiel es einfach, die Wahl zu haben.
Corinne ging es blendend. Sie hatte mir immer sehr ähnlich gesehen, doch nun trug sie ihre dunkelbraunen Haare kurz und glatt, sah damit so modern und chic aus, dass ich mir daneben wie ein kleines Mädchen vorkam. Als ich ihr sagte, wie sehr ich sie bewunderte, lachte sie mich aus. »Juliet, du warst schon immer eine Träumerin. Ein Haarschnitt verändert vielleicht dein Aussehen, aber nicht deinen Charakter. Und du siehst übrigens auch nicht schlecht aus, richtig sexy, Schwesterherz.« Sie runzelte die Stirn und fügte dann hinzu: »Wenn man einmal von dem blauen Auge absieht.«
Ich bewunderte sie für das, was sie sich in dieser fremden Stadt selbst aufgebaut hatte. Sie war immer ein Energiebündel gewesen, hatte nie lange gezögert, etwas Neues zu beginnen. Nun erzählte sie mir, dass sie neben den Auftritten am Broadway auch noch als Tanzlehrerin Privatstunden und Kurse gab. »Das könntest du in Boston auch probieren, da bekommst du dein ganzes Training und wirst auch noch gut bezahlt.«
Ich war am späten Nachmittag gelandet, nachdem ich einen kurzen Streit mit Daniel darüber hatte, dass er die Sicherheitsmaßnahmen für mich verschärfen wollte. Ich hatte mich kategorisch verweigert, ihm weitere Zugeständnisse zu machen oder gar mit dem Firmenjet die kurze Strecke nach Boston zu fliegen. Er war überhaupt nicht glücklich, dass ich weder sein Upgrade in die erste Klasse annehmen wollte, noch dem Vorschlag zustimmte, zusammen mit seinen Männern in einem Hotel zu übernachten. Und Mr. Burtons plötzlicher Urlaub hob seine Stimmung auch nicht gerade.
»Daniel, Corinne ist meine Schwester und ich habe sie schon seit Monaten nicht gesehen. Ich will so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen, sonst lohnt sich der Ausflug doch gar nicht. Und wer weiß, wann wir uns wiedersehen. Sie hat sich extra Zeit genommen, da kann ich sie jetzt nicht enttäuschen.«
Er war schlecht gelaunt und fuhr mich wütend an: »Du denkst immer nur daran, wir du es anderen recht machen kannst. Willst du vielleicht ein einziges Mal auch an deine eigene
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