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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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Becher ist mir suspekt. Ich sehe keinen Grund, warum außer Brot und Wein auch noch Krankheitskeime geteilt werden sollten.«
    Joseph Sutcliffe schmunzelte. »Wir Katholiken machen das normalerweise auch nicht. Bei uns trinkt der Pfarrer stellvertretend für die Gläubigen, nur das Brot wird geteilt. Aber hier an Bord hole ich die Leute da ab, wo sie stehen.«
    »Ist das nicht ein bisschen larifari für einen katholischen Priester?«, fragte James. »Was sagt denn die Obrigkeit dazu?«
    Der Pfarrer deutete spitzbübisch nach oben. »Wir sind hier auf einem Schiff, über uns ist nur der Himmel.«
    »Gestern waren wir noch in Rom.«
    Joseph Sutcliffe lachte gut gelaunt. »Wie wäre es, Mr Gerald, wenn ich Ihnen als Entschädigung einen Drink ausgebe?«
    »Gern«, stimmte James zu. In Joseph Sutcliffe hatte er einen Mann vor sich, der das Schiff wie seine Westentasche kannte. Dass James das Gesangbuch in die Hand genommen hatte, war eine spontane Entscheidung gewesen. Er hatte keine Lust gehabt, Jeremy wie ein braves Hündchen zu folgen, und außerdem wollte er in Ruhe nachdenken. Da kam ihm der Gottesdienst ganz gelegen. Aber wenn sich nun die Gelegenheit ergab, durch Joseph Sutcliffe an nützliche Informationen zu gelangen, sollte ihm das nur recht sein. »Bleiben wir hier im Pub?«
    Joseph Sutcliffe winkte ab. »Hier ist es zu ungemütlich, bis die Tische wieder zurechtgerückt sind. Ich schlage vor, wir gehen zum Pool. Sonnenschein und fröhlichen Menschen beim Baden zusehen, was will man mehr.«
    »Fröhlichen Menschen oder Bikinis tragenden Menschen?«, fragte James.
    Joseph Sutcliffe lächelte. »Das können Sie natürlich halten, wie Sie wollen, Mr Gerald. Warten Sie einen Augenblick, ich lege mein Messgewand ab.«
    Es herrschte reges Treiben am Pool, eine der Animateurinnen stand im Wasser, bewegte ihren Oberkörper rhythmisch zu ohrenbetäubender Musik und hielt dabei eine Schwimmnudel hoch über den Kopf. Die vorwiegend weiblichen Teilnehmer der Wassergymnastik standen ihr gegenüber und ahmten die Bewegung nach. In der ersten Reihe entdeckte James Sheila. Sie sah ihn nicht. Die Arme hochgereckt, war ihr Blick konzentriert auf die Vorturnerin gerichtet. NebenSheila stand Charles Walther, der gerade etwas zu ihr sagte. Unmutig beobachtete James, wie Sheilas Antwort ihn zum Lachen brachte. Der Pfarrer steuerte zwei Korbsessel in der dritten Reihe an. Er sagte etwas, doch James konnte ihn wegen der lauten Musik, die aus den Pool-Lautsprechern dröhnte, nicht verstehen. Fragend hielt er die Hand ans Ohr.
    Joseph Sutcliffe deutete auf die großen Lautsprecher, die an vier hohen Pfosten rund um den Pool angebracht waren. »ICH SAGTE, DIE MUSIK IST SCHRECKLICH LAUT!«, brüllte er und zeigte auf seine Armbanduhr. »ABER UM ELF IST SCHLUSS!« James nickte und winkte dem Kellner. Der Pfarrer bestellte einen Eistee und meinte zu James gewandt: »FÜR SIE EINEN WHISKY?« James nickte. Eigentlich hätte er so früh am Morgen und bei der Hitze lieber ein Tonic auf Eis gehabt, aber er hatte keine Lust, sich heiser zu schreien.
    Der Pfarrer hatte recht, wenige Minuten später war die Wassergymnastik beendet. Jetzt, da die alles überdröhnenden Lautsprecher stumm waren, war wieder ein ganzer Klangkosmos zu hören: Stimmen, spritzendes Wasser im Pool, Gläserklirren auf einem Servierwagen und das Möwengekreisch über ihnen, das an fröhliches Gelächter erinnerte. James beobachtete, wie Sheila und Charles Walther noch ein paar Runden schwammen, dann aus dem Wasser stiegen und zu einer Liege an der anderen Seite des Pools gingen, auf der sie ihre Sachen abgelegt hatten. Sheila ließ sich von dem Heilpraktiker in ihren weißen Frotteebademantel helfen und lachte dabei hell auf, offenbar als Reaktion auf etwas, das er ihr ins Ohr geflüstert hatte. Während Sheila ihre Haare mit der Kapuze des Bademantelstrocken rubbelte, gingen die beiden in Richtung der Aufzüge.
    »Ist sie das?«, fragte Joseph Sutcliffe.
    »Wie?«, fragte James, der Sheila nachblickte.
    »Die Frau, wegen der Sie diese Kreuzfahrt unternehmen. Ich nehme an, das ist sie?«
    Sheila war jetzt im Inneren des Schiffs verschwunden. James wandte sich dem Pfarrer zu. »Ihre Predigt hat mir übrigens ausgesprochen gut gefallen.«
    Das Gesicht des Pfarrers leuchtete auf. »Danke, das freut mich. Man bekommt in unserem Beruf nicht oft Komplimente.«
    »Das ging mir ähnlich.«
    »Darf ich fragen, was Sie beruflich gemacht haben?«
    »Ich war beim SIS.«
    Pfarrer

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