Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
Weg gewählt, um an Geld zu kommen.«
»Wissen Sie überhaupt, was Sie da sagen?« Mrs Whites Stimme zitterte. »Sie ist mein einziges Kind. Wir sind eine große Familie in Eaglehurst. Einer steht für den anderen ein.«
»Lieber Himmel«, unterbrach James sie. »Fragen Sie Ihre Tochter doch mal, wie sie dieses Eaglehurst-Familiengetue findet.«
»Sie mag schwierig sein, aber das sind die Kinder doch alle in ihrem Alter«, sagte Mrs White heftig. Was Sie mir da an den Kopf werfen, ist ungeheuerlich, und das lasse ich mir nicht gefallen. Meine Tochter ist weder drogensüchtig, noch würdesie je auf den Gedanken kommen, mir zu schaden. Jetzt sind Sie endgültig übergeschnappt, Mr Gerald. Gute Nacht.«
»Nur eines noch«, sagte James. Mrs White blieb widerwillig stehen. »Was?«
»Sie hatten recht«, sagte James. »An dem Abend, als Sie Ihre Tochter bewusstlos in meinem Zimmer gefunden haben …«
»Sie ist über ihre eigenen Füße gestolpert«, unterbrach Mrs White ihn ungehalten. »Wie oft soll ich das noch sagen. Es gab niemanden, der sie niedergeschlagen hat.«
»Eben«, sagte James. »Genau das meine ich. Es stimmt. Es gab niemanden, der Ihre Tochter niedergeschlagen hat. Aber sie ist auch nicht über ihre eigenen Füße gestolpert, sondern es war eine schauspielerische Glanzleistung von Katie. Und wir sind alle darauf hereingefallen. Auch Sie, Mrs White. Denn natürlich haben Sie geglaubt, dass Katie niedergeschlagen wurde. Ich habe es doch selbst gesehen, Sie waren außer sich. Und wissen Sie was? Genau das war Katies Absicht. Sie wusste, dass Sie Verdacht geschöpft hatten und Mr Maddisons Tod mit der Erpressung in Verbindung brachten. Sie waren verunsichert und spielten mit dem Gedanken, sich an die Polizei zu wenden. Erpressung war eine Sache, aber jetzt wurde es wirklich bedrohlich. So war es doch, nicht wahr? Aber dann wurde Katie, wie sie glaubten, niedergeschlagen, und Sie haben diese Botschaft genau so verstanden, wie sie gemeint war: als Drohung. Wenn Sie sich an die Polizei wendeten, dann würde es Ihrer Tochter an den Kragen gehen. Was Sie allerdings nicht ahnten, war, dass es Ihre eigene Tochter war, die Sie hereingelegt hatte. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als sich ohnmächtig zu stellen und von Ihnen oder von einer beliebigen anderen Person finden zu lassen. Simpel, aber ziemlich ausgefuchst.«
»Das ist totaler Schwachsinn«, sagte Mrs White. »Das brauche ich mir nicht weiter anzuhören. Gute Nacht zusammen.«
Sie schlug den Kragen ihres Mantels hoch und eilte zurück nach Eaglehurst.
»Eine überzeugende Vorstellung«, sagte Sheila.
»Nicht wahr? Jetzt tut sie mir übrigens doch leid. Verschlossen wie eine Auster. Sie muss große Angst haben.«
»Oder sie glaubt, was sie sagt.«
»Denken Sie das etwa?«
Sheila schüttelte nachdenklich den Kopf. »Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Teenager imstande ist, die eigene Mutter so hereinzulegen.«
»Vergessen Sie nicht die Morde an Maddison und William.«
Sheila sah ihn entsetzt an. »Nein, das ist unmöglich. Sie ist erst fünfzehn!«
»Eben. Sie hätte eine Mutter gebraucht, die nicht nur um sich selbst und ihr Altenheim kreist.«
»Meinen Sie etwa, Mrs White ist selbst schuld, dass Ihre Tochter drogensüchtig geworden ist und sich zu einem Monster entwickelt hat?«
James winkte ab. »Ich bin kein Experte, was Kinder betrifft. Ich will nur sagen, dass Menschen, die große Ziele haben, oft ihre direkte Umgebung vernachlässigen. Und dass Menschen, die unter großem Druck stehen, zu allem Möglichen fähig sind.«
Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her.
»Deprimierend«, sagte Sheila. »Ein fünfzehnjähriges Mädchen, das seine Mutter erpresst und kaltblütig zwei Männer vergiftet.«
»Wäre es kein junges Mädchen, sondern ein alter Mann, es wäre genauso traurig, nicht wahr?«
»Ehrlich gesagt: nein. Und tun Sie nicht so, als ob Ihnen das nichts ausmacht, James. Dieses Mädchen ist noch ein Kind.«
Der Angriff kam plötzlich und ohne Vorwarnung. James nahm einen Luftzug schräg hinter seinem Rücken wahr und ducktesich instinktiv zur Seite. Das war sein Glück, denn so zerschmetterte der Baseballschläger nicht an seinem Kopf, sondern streifte ihn nur. Trotzdem raubte der Schlag ihm fast das Bewusstsein, und sein Kopf begann zu dröhnen. Halt suchend umkrampfte er die Griffe seines Rollators, doch die vermummte Gestalt kickte blitzschnell dagegen. Scheppernd fiel die Gehhilfe um. Er
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