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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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sich Julia irgendwo zwischen Wachsein und Schlaf befand. Die Thetawellen standen im Zusammenhang mit Kreativität, Träumen und Phantasien.
    Thetawellen waren bei wachen Erwachsenen nur in seltenen Fällen vorherrschend, bei wachen Kindern aber waren sie bis zum dreizehnten Lebensjahr ganz normal. Die Wissenschaft wusste noch nicht, ob die starken Thetawellen bei Kindern eine Folge oder eine Ursache ihrer ausgeprägten Phantasie waren, aber man wusste, dass Kinder, zumindest biochemisch gesehen, normalerweise viel kreativer waren als Erwachsene.
    Tversky ließ seine Gedanken weiter schweifen, während er zusah, wie Julias Thetawellen an Intensität zunahmen. Ihre Lider begannen zu zucken, weil die Augen darunter sich blitzschnell bewegten. Er zog noch einen weiteren Kubikzentimeter auf und spritzte ihn ihr. Dannwartete er ein paar Minuten lang ab, bis das Medikament seine volle Wirkung entfaltete.
    Nach einer Weile nahmen Frequenz und Amplitude der Thetawellen ab, und sie überließen das Feld den Deltawellen. Diese Wellen schwangen viel langsamer als die anderen – mit lediglich zwei Hz   –, waren aber auch viel stärker. Julia war nun in einen tiefen, traumlosen Schlaf versunken, und ihr Unterbewusstsein hatte die Herrschaft übernommen. Die Deltawellen waren es, die Tversky am meisten interessierten, denn sie standen mit der Fähigkeit in Verbindung, die Tversky ergründen wollte – der reinen Intuition.
    Als Julias Deltawellen dann am stärksten waren, verabreichte Tversky ihr eine weitere, letzte Injektion, diesmal jedoch in die Schädelbasis. Und anders als zuvor handelte es sich dabei um kein Beruhigungsmittel; es war ein neues Präparat, das Tversky entwickelt hatte. Vierjährige Forschungen waren nötig gewesen, ehe er die Grundsubstanz hatte synthetisieren können, die bei Rhesusaffen die gewünschte Wirkung zeigte, und weitere zwei Jahre, um das Serum für Versuche am Menschen zu perfektionieren.
    Die ersten armen Schweine hatte er in Epilepsiekliniken im ganzen Land aufgetrieben. Sie hofften auf ein Wundermittel. Vor lauter Verzweiflung waren sie zu allem bereit. Wenn sie durchschaut hätten, worum es Tversky in Wirklichkeit ging, wären sie vermutlich nicht so vertrauensselig gewesen. Es wäre gelogen zu behaupten, dass er sich schuldig an ihrem Schicksal fühlte. Ja, er bedauerte, was dabei herausgekommen war, aber eher der Wissenschaft als der Testpersonen wegen.
    Als er dann schließlich alle Mängel beseitigt hatte und sich des Erfolgs sicher war, war er dazu übergegangen, mitJulia zu experimentieren. Wenn es ihm gelang, sein Ziel zu erreichen, wollte er schließlich jemanden haben, den er kontrollieren konnte, und wer wäre dazu besser geeignet als eine liebeskranke Doktorandin? Er sah hinunter zu seiner Geliebten und streichelte ihr zärtlich den Kopf, wobei er sich vorsah, keine Elektrode zu lockern. Was für ein süßes kleines Versuchskaninchen.
    Mit einem Mal begann das EK G-Gerät hektisch zu piepen. Ihr Puls hatte sich fast verdoppelt, betrug nun 120.   Tversky spürte, wie ihm ebenfalls das Herz in der Brust pochte, so als wollte es sich ihrem Rhythmus angleichen. Julias Beta-, Alpha- und Theta-Wellen waren nun fast ebenso stark wie ihre Deltawellen. Tversky verschlug es den Atem. Wenn er mit seinen Theorien Recht hatte, war sie nun in der Lage, Informationen zu verarbeiten und gleichzeitig auf ihr Unterbewusstsein zuzugreifen.
    Er war so nervös, dass ihm die Hände zitterten. Er zwang sich, tief einzuatmen, die Luft eine Weile in der Lunge zu halten und dann langsam wieder auszuatmen. Ein schneller Blick zur Videokamera bestätigte ihm, dass alles aufgezeichnet wurde. Er verspürte das abwegige Verlangen, in einem Spiegel den Sitz seiner Frisur zu überprüfen – denn schließlich war es ja, wenn er Recht hatte, ein historischer Moment   –, verwarf den Gedanken aber schnell wieder.
Sorge dich um das Jetzt, nicht um die Zukunft
. Er nickte und wiederholte den Satz immer wieder im Geiste.
    Sorge dich um das Jetzt. Sorge dich um das Jetzt.
    Als er sich sicher war, dass seine Stimme nicht versagen oder zittern würde, beugte er sich vor, bis er nur noch eine Handbreit von Julias Gesicht entfernt war, und stellte ihr die Frage, die ihn seit Jahren umtrieb.
    «Julia», sagte er mit rauer Stimme, «was siehst du?»
    Ohne die Augen aufzuschlagen, wandte ihm Julia das Gesicht zu.
    «Ich sehe   … Unendlichkeit.»
     
    Caine starrte hinab auf die längliche gelbe Kapsel und fragte sich,

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