Nullpunkt
Reden besorgen, Schätzchen, nicht ich, damit das klar ist.»
«Aber Sie sind auf meiner Seite?»
Sie nickte. «Selbstverständlich.»
«Okay.» Marshall hob die Hand, um anzuklopfen.
In diesem Moment wurde eine der Stimmen im Raum abrupt lauter. «Das hat
nicht das Geringste
mit Anstand zu tun! Ich verbiete es, und damit basta!»
Marshall klopfte an die Metalltür.
Auf der anderen Seite herrschte schlagartig erschrockene Stille. «Herein!», meldete sich Wolffs Stimme, diesmal beherrschter.
Marshall öffnete die Tür für Penny Barbour und folgte ihr in den Raum. Drei Personen standen dort: Conti, Wolff und Kari Ekberg. Marshall hielt inne und blickte die drei an. Conti war sehr blass, und Karis Augen waren rot und verquollen. Beide hatten die Köpfe gesenkt. Nur Wolff erwiderte Marshalls Blick. Sein schmales Gesicht verriet keine Regung.
Marshall holte tief Luft. «Mr. Conti, die Frist, die Sie mir gesetzt haben, läuft zwar noch eine Stunde, aber ich benötige keine weitere Bedenkzeit.»
Conti sah kurz zu ihm auf, dann wandte er den Blick ab.
«Ich habe mit meinen Kollegen gesprochen, und ich bin überzeugt, dass keiner von ihnen irgendetwas mit dem Verschwinden des Fossils zu tun hat.» Das stimmte größtenteils: Penny Barbour hatte ihm fast den Kopf abgebissen, als er sie gefragt hatte, ob sie vielleicht etwas über den Verbleib der Katze wüsste. Und falls Faraday etwas damit zu tun hatte, würde er jetzt nicht in seinem Labor sitzen und ihr Verschwindenanalysieren. Sully war noch immer verschwunden – der Klimatologe
hatte
sich in der Tat ein wenig seltsam verhalten, doch er konnte wohl kaum allein gehandelt haben.
Conti antwortete nicht, und Marshall fuhr fort. «Davon abgesehen, empfinde ich Ihre Einschüchterungstaktik als äußerst beleidigend. Ihr beharrlicher Verdacht, dass jemand Ihre Show sabotiert habe und dass es eine Verschwörung gebe mit dem Ziel, Sie zum Verlassen der Basis zu bewegen, grenzt an Paranoia. Nur zu, drehen Sie Ihre revidierte Version einer Dokumentation, wenn es Ihnen dabei hilft, Ihre Eitelkeit zu bezähmen. Doch falls Sie irgendetwas über mich oder einen meiner Kollegen sagen, andeuten oder behaupten, das
in irgendeiner Weise
von reinen, beweisbaren Tatsachen abweicht, können Sie und Terra Prime sich darauf einstellen, von einer großen und sehr wütenden Schar von Anwälten heimgesucht zu werden.»
«Schön», sagte Wolff. «Sie haben sich klar und deutlich ausgedrückt. Noch etwas?»
Marshall antwortete nicht. Er sah von Conti zu Wolff und wieder zu Conti. Ihm wurde bewusst, dass sein Herz wild klopfte und dass sein Atem schwer ging.
Wolff sah ihn unverwandt an. «Würden Sie uns nun bitte wieder verlassen, falls es sonst nichts mehr gibt?»
Marshall blickte zu Conti. Endlich hob der Regisseur den Kopf und nickte beinahe unmerklich. Marshall konnte nicht sagen, ob er auch nur ein Wort mitbekommen hatte.
Offenbar war alles gesagt. Marshall sah Penny Barbour an und deutete zur Tür.
«Wollen Sie es ihnen etwa nicht sagen?», fragte Kari Ekberg in diesem Moment leise.
Marshall sah sie an. Contis Field Producer blickte von Conti zu Wolff, einen gehetzten Ausdruck im Gesicht.
«Uns
was
nicht sagen?», fragte Marshall.
Wolff runzelte die Stirn und gab ihr mit einer Geste zu verstehen, dass sie schweigen sollte.
«Sie können das nicht vertuschen!», sagte Kari mit lauterer, entschiedenerer Stimme. «Wenn Sie es ihnen nicht sagen, tue ich es.»
«Uns was nicht sagen?», wiederholte Marshall seine Frage.
Eine kurze Pause entstand. Dann wandte sich Kari Ekberg an ihn. «Josh Peters. Einer unserer Produktionsassistenten. Er wurde vor zehn Minuten draußen vor dem Sicherheitszaun gefunden. Tot.»
Der Schock durchbohrte Marshall wie eine Lanze. «Erfroren?»
Bei diesen Worten gab sich Conti endlich einen Ruck. «Zerrissen», sagte er.
24
Das Krankenrevier der Fear Base, ein verwirrendes klaustrophobisches Labyrinth aus kleinen grauen Räumen, lag tief im südlichen Flügel, inmitten der Militärunterkünfte. Marshall war erst einmal dort gewesen, um sich einen Verband und eine Tetanusspritze geben zu lassen, nachdem er sich an einer rostigen Verkleidung den Arm aufgerissen hatte.
Wie die restliche Basis sah auch das Krankenrevier aus wie die Kulisse eines alten Films. An den Wänden hingen alte Impfpläne und Poster mit Warnungen vor Läusen und Pilzerkrankungen. In den Vitrinen standen alte Jodtinkturen undFlaschen mit medizinischem Alkohol, ein halbes
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