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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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fragte Sully.
    «Er hat sich den Sno-Cat ausgeliehen.»
    «In einem Blizzard?», fragte Kari. «Wohin wollte er?»
    «Zur Siedlung der Tunit, im Norden.»
    «Warum?», fragte Sully.
    Logan blickte seine Inquisitoren der Reihe nach an. «Um Antworten zu erhalten. Hören Sie, suchen wir Faraday und reden wir. In Ihrem Labor.»
    Sully seufzte. «Also schön», sagte er kopfschüttelnd. «Sobald Gonzalez mit seinen stärkeren Waffen zurück ist.»
    «Und wenn er erst zurück ist, wird er wohl auch etwas zu Ihren Plänen zu sagen haben.» Wolff blickte sich um. «Was ist mit den anderen?»
    «Machen Sie Witze?» Das war Hulce, der Filmtechniker. «Ich bin raus hier.» Ringsum erhob sich zustimmendes Gemurmel.
    Wolff sah Conti an. «Emilio?»
    Conti antwortete nicht. Seit er nach der Kreatur gefragt hatte, war er stumm geblieben, den Blick in weite Ferne gerichtet.
    «Emilio?», fragte Wolff erneut.
    Man konnte zusehen, wie Conti langsam in die Gegenwart zurückkehrte. «Wie bitte?», fragte er.
    «Können Sie in einer halben Stunde fertig sein zur Abfahrt?»
    Conti blinzelte und runzelte die Stirn. «Ich fahre nirgendwohin.»
    «Haben Sie nicht gehört, was Gonzalez gesagt hat? Er hat unsere Evakuierung befohlen. Wir sollen mit Carradine nach Süden fahren.»
    Der Regisseur schüttelte entschieden den Kopf. «Ich muss eine Dokumentation abschließen.»
    Wolff kniff ungläubig die Augen zusammen. «Wie bitte? Es gibt keine Dokumentation mehr.»
    «Sehen Sie, und genau in diesem Punkt irren Sie sich.» Conti lächelte schwach wie über einen Witz, den nur er verstand.
    «Emilio, Ashleigh ist tot. Und in einer halben Stunde ist Ihr gesamter Stab unterwegs in Richtung Fairbanks.»
    «Ja», murmelte Conti. «Ich muss jetzt sehen, wie ich zurechtkomme.»
    Wolff hob ärgerlich den Arm. «Haben Sie nicht gehört? Sie haben
keine Crew mehr

    «Ich mache es allein. Auf die altbewährte, klassische Art. Wie Georges Méliès, Edwin Porter oder Alice Guy-Blaché. Fortnum fährt mit den anderen zurück, ich weiß, dass er fahren wird.» Er sah Kari an.
    Sie begriff die Bedeutung dieses Blickes, verstand, was er von ihr wollte. Trotz allem, was sie Marshall im Operationszentrum gesagt hatte, trotz ihrer kompromisslosen Loyalität gegenüber Conti und ihrem Ehrgeiz spürte sie, wie sie beim bloßen Gedanken daran, zu bleiben, von einer eisigen Klinge der Angst durchbohrt wurde. Und dennoch erwiderte sie seinen Blick, hielt ihm stand und nickte langsam.

36
    Der alte Schamane deutete auf einen Stapel Karibufelle auf der anderen Seite des Feuers. «Setz dich», sagte er.
    Marshall war sich schmerzlich bewusst, dass die Zeit ablief, doch er wusste auch, dass er in dieser Begegnung – was immer sie hervorbringen mochte – nicht drängeln durfte. Er setzte sich auf die Felle.
    «Woher wusstest du, dass ich kommen würde?», fragte er.
    «Auf die gleiche Weise, wie ich erfahren habe, dass ihr die Altvorderen ärgert. Mein Geistführer hat es mir verraten.»
    Der Schamane hob die vor ihm verstreuten Gegenstände auf und verstaute sie in einem kleinen Lederbeutel, dann zog er die Schnur zu.
    «Die anderen – wo sind sie hin?»
    Usuguk deutete mit der Hand nach Norden. «Zu unseren Brüdern am Wasser.»
    «Es gibt noch ein weiteres Lager der Tunit?», fragte Marshall.
    Usuguk schüttelte den Kopf. «Inuit. Wir sind die Letzten unserer Art.»
    «Du meinst, es gibt keine anderen Tunit mehr?»
    «Keine anderen Tunit.»
    Marshall blickte den alten Schamanen über das Feuer hinweg an.
Dann stimmt es also
, dachte er. «Wann werden sie zurückkehren?»
    «Vielleicht niemals. Das Leben ist einfacher am Meer. Es war schwierig, sie hier zu ernähren, seit ihre Väter und Mütter gestorben sind.»
    Marshall saß für einen Moment still da und sammelte seine Gedanken. Es fiel ihm schwer, zu glauben, dass dieses kleine Lager das letzte traurige Überbleibsel eines eingeborenenamerikanischen Volkes sein sollte. Besonders bitter war der Gedanke, dass die Ankunft der Wissenschaftler am Gletscher zumindest einen Teil dazu beigetragen hatte, dass dieser Stamm sich verstreut hatte, und sei es nur vorübergehend.
    «Diese Zeichen, die du bei der Basis gemacht hast», sagte er schließlich. «Wozu dienen sie?»
    «Ein Talisman des Schutzes. Es soll die
kurrshuq
bewegen, euch zu verschonen.» Der Schamane erwiderte Marshalls Blick. «Deine Anwesenheit hier verrät mir, dass das Zeichen nicht gewirkt hat.»
    Marshall zögerte erneut. Er war den ganzen Weg

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