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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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1974, hatte Gonzalez an gelegentlichen Anti-Infiltrations-Übungen teilgenommen. Man hatte ihnen – sie waren zu sechst gewesen – gesagt, eine russische Sabotageeinheit sei in die Basis eingedrungen, und ihre Aufgabe sei es, den Gegner abzufangen. Es war nur ein Kriegsspiel gewesen, weiter nichts – Fear Base warzu diesem Zeitpunkt bereits seit zwanzig Jahren geschlossen gewesen. Doch es war ein gutes Training, insbesondere für diejenigen, die aus dem Ingenieurkorps in die reguläre Army versetzt worden waren. Und es war eine bleibende Erfahrung: Gonzalez erinnerte sich noch heute lebhaft an die geflüsterten Befehle, die schussbereiten Waffen, die mit plötzlicher Wucht aufgetretenen Türen.
    Das hier fühlte sich mehr oder weniger genauso an.
    Nachdem die Zugmaschine mitsamt dem Anhänger abgefahren war, hatte das Team seine Waffen bereit gemacht und sich – nach einem kurzen Briefing und ein paar warnenden Worten von Gonzalez – in den Südflügel begeben. Sie bewegten sich in nahezu völliger Stille. Gonzalez dirigierte sie mit einzelnen Worten oder Gesten. Sie hatten die Krankenstation passiert und näherten sich der Stelle, wo Private Fluke und Ashleigh Davis angegriffen worden waren. Es war das zweite Mal innerhalb einer Stunde, dass er durch diesen Gang kam. Beim letzten Mal war er nur Sekunden zu spät gekommen. Fluke war bereits tot, buchstäblich in Stücke gerissen, während Davis noch ein paar Minuten durchgehalten hatte. Es war kein schöner Anblick gewesen. Beide Leichen lagen jetzt im Untersuchungsraum der Krankenstation, eingewickelt in Plastikplanen wie schon zuvor der verschwundene Leichnam von Peters.
    «Okay», murmelte er. «Wir gehen vor dem Transformatorraum in Stellung. Phillips, Sie erkunden rasch die Lage.»
    Phillips, der an der Spitze ging, winkte mit erhobenem Daumen. Gonzalez blickte sich nach Marcelin um. Der Corporal nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    Insgeheim war Gonzalez erleichtert, dass sich Marcelin so gut hielt. Er war der Einzige, der einen Blick auf die Kreaturerhascht hatte, und es hatte ihm fast jeden Mumm geraubt. Doch entweder hatte er sich wieder gefangen, oder er schauspielerte gut. Ein Außenposten wie dieser hier, am hintersten Arsch der Welt, zog ganz allgemein nicht die Besten an. Trotzdem war Gonzalez mit seinem gegenwärtigen Team zufrieden. Zugegeben, es waren lahme Schnecken und Bastarde aus dem Ingenieurkorps ohne Kampferfahrung darunter. Aber sie waren keine Jammerlappen oder Primadonnen. Er hatte Männer gesehen, die von der Kälte, der Einsamkeit und der Monotonie in den Wahnsinn getrieben worden waren. Doch diese Bande hier war im Grunde in Ordnung. Diese Jungs hatten begriffen, dass ein Tag in Fear Base genauso wie der andere war.
    Bis zu diesem Tag, heißt das.
    Gonzalez blickte über Marcelin hinweg zu Creel, dem Vorarbeiter der Filmgesellschaft. Der stämmige Bursche grinste wie ein Idiot. Er hatte sich zwei Pistolen in den Hosenbund gerammt und schwang seinen mit einem M- 4-Granatwerfer ausgerüsteten Karabiner, als wäre er der gottverdammte John Rambo persönlich. Creel war ein unberechenbarer Faktor: Gonzalez war ein wenig skeptisch, was seine Behauptung anging, bei der Third Cav gewesen zu sein. Immerhin wusste der Mann, wie man eine Waffe hielt. Und obwohl drei Maschinenpistolen mehr als ausreichend schienen, war Sergeant Gonzalez ein konservativer Soldat. Ein zusätzlicher Finger am Abzug war immer eine gute Vorsichtsmaßnahme.
    Er hatte kurz überlegt, ob er den Vorfall melden und auf weitere Befehle warten sollte. Doch es hätte Stunden gedauert, bis eine Antwort die Befehlskette entlang zurückgekommen wäre, vielleicht noch länger, und Gonzalez war nicht in der Stimmung, zu warten. Abgesehen davon verspürte er keinegroße Lust zu erklären, womit genau sie es zu tun hatten. Es hatte bereits drei Tote auf seiner Basis gegeben, und er war hier, so weit weg von allen höheren Stellen, mit umfassender Befehlsgewalt ausgestattet. Sollte der von Kugeln durchsiebte Kadaver seine Erklärungen doch selbst abgeben.
    Der Transformatorraum lag jetzt direkt vor ihnen. Im schwachen Licht aus dem Korridor sah Gonzalez die Tür schräg in den verdrehten Angeln hängen. «Nicht vergessen, Corporal», sagte er zu Phillips. «Langsam und tief.»
    «Jawohl, Sir.» Phillips entsicherte sein M-16, schob sich zum Türrahmen vor und schlüpfte in den Raum dahinter. Zehn Sekunden später signalisierte er den anderen, dass die Luft rein

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