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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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sie bei der Arbeit gesagt oder getan hatte. Ich nehme an, sie bekleidete einen ziemlich hohen Posten, wenn er sich mit ihr abgab, aber ich habe nie nach Einzelheiten gefragt.
    Sie brachte mir eine CD und teures Make-up mit. Sie stand auf der Veranda und hielt mir die Sachen hin. Ich besaß nicht mal einen CD -Player, nur einen iPod. Sie war blond und hatte unglaublich hellblaue Augen. Es kam mir so vor, als sei durch die Augen hindurch der Himmel hinter ihr zu sehen.
    »Ich hoffe, wir können Freunde werden, Amybärchen«, sagte sie.
    Ich mochte es nicht, dass sie meinen Namen so verdrehte. Ich nahm nicht einmal die Geschenke an, bis Dad mich knuffte und mir nichts anderes übrig blieb. Eine CD ! Was für ein Witz. Anscheinend dachte sie, so könnten wir die besten Freundinnen werden. Ihre Vorstellungen von Jugendlichen bezog sie vermutlich aus einer Zeitschrift.
    Beim Dinner redete sie die ganze Zeit über Bands, das Fernsehen, Schauspieler und so weiter. Wahrscheinlich wollte sie ein Einvernehmen mit mir herstellen. Für mich war es Folter. Und wie sie immer wieder Dad die Hand auf den Arm legte und ihn anlächelte, wenn er einen Scherz gemacht hatte. Als hätte ich nicht kapiert, was da lief. Sie kam in unser Haus, das schon fast ein Anwesen war, und schob den Fuß zwischen die Tür.
    In den folgenden Wochen ließ Dad ein paar Fotos von Mom verschwinden.
    Dann kam der Tag mit dem Polospiel.
    Da waren sie noch nicht verheiratet, also war sie noch nicht die Stiefmutter. Sie war einfach nur Dads Freundin Sarah. Sie war, ich weiß auch nicht, höchstens dreißig. Eines Sonnabends rief sie an und fragte Dad, ob er wisse, dass es beim Ham Polo Club am nächsten Tag ein Spiel gebe, und ob er überhaupt schon mal eins gesehen habe.
    Nein, hatten wir nicht.
    Also erschien sie am Sonntag mit einem blauen Hut mit breiter Krempe und einer Quaste, als wolle sie nach Ascot. Wir gingen den Weg hinunter, der von der Allmende zum Polofeld führte. Ich wollte nicht hin – ich konnte mir kaum etwas Schlimmeres vorstellen –, aber Dad zwang mich. Um es ihm heimzuzahlen, zog ich ein verschlissenes altes Kleid und die Stiefel von Doc Martens an.
    Auch wenn ich es nicht gern zugebe, am Anfang war es gar nicht so übel. Es war ein sonniger Tag Ende April, die Mohnblumen und Gänseblümchen blühten am Straßenrand. Wir setzten uns auf einer alten Decke ins Gras, weit entfernt von der Tribüne, weil Sarah sagte, so sei es eher ein Picknick. Ich hatte keine Ahnung, worum es bei Polo überhaupt ging, aber es war aufregend, die Pferde auf und ab galoppieren zu sehen. Um den Ball zu erwischen, beugten sich die Männer beim Reiten weit hinunter, bis sie fast von den Pferden fielen. Wir hatten einen Korb mit den unglaublichsten Delikatessen, die Dad im Feinkostladen bestellt hatte, und sogar Champagner. Sarah bestand darauf, mir ein Glas einzuschenken, obwohl Dad Einwände erhob. Das erinnerte mich an Mom, aber auf eine gute Art und Weise.
    In diesem Moment mochte ich sie beinahe.
    Dann stürzte eins der Pferde. Es gehörte zu dem Team, das Orange und Schwarz trug, was auch immer das zu bedeuten hatte. Einen besonderen Grund gab es nicht – es wendete nur und brach dabei zusammen. Ich erkannte sofort, dass es schwer verletzt war. Der Kopf geriet irgendwie unter den Rumpf und bekam das volle Körpergewicht ab, als das Tier stürzte. Ich weiß nicht, aber ich glaube, ich hörte sogar ein Knacken. Der Spieler konnte im letzten Moment abspringen, doch auch er prallte hart auf den Boden und überschlug sich.
    Die Zuschauer waren mucksmäuschenstill.
    Zwei Minuten lang schien es, als wolle sich das Pferd wieder aufrappeln. Dad saß angespannt neben mir. Sarah hielt ihr Champagnerglas so fest umklammert, dass die Knöchel weiß anliefen. Ich dachte, sie werde es gleich zerquetschen. Aber das Pferd kam nicht mehr hoch.
    Warum gingen wir nich t ? Ich weiß es nicht. Wir waren wie hypnotisiert und mussten unbedingt sehen, was weiter geschah. Es dauerte sehr lange, bis einer von uns wieder etwas sagte.
    Dad ergriff als Erster das Wort.
    »Ich glaube, es hat sich den Hals gebrochen.«
    »Warum holen sie keinen Tierarz t ?«, fragte ich.
    Niemand antwortete mir.
    Das Pferd zuckte nur noch. Es war schrecklich, einer der schlimmsten Anblicke meines Lebens. Der Polospieler kniete inzwischen neben dem Tier und flüsterte ihm etwas zu. Dann, wie mir schien, nach sehr langer Zeit kamen mehrere offiziell aussehende Männer mit einem Sichtschutz, einem Zelt mit

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