Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
hat mich zum Lachen gebracht«, wagte ich den Versuch einer Antwort.
»Und?«
»Und was?« Ich suchte nach weiteren Gründen. »Alex ist sehr intelligent. Und ich mochte seine Liebe zum Leben. Er packte alles mit Begeisterung und Leidenschaft an.« Ich korrigierte mich. »Er packt alles mit Begeisterung an.« Schließlich war er ja nicht tot.
»Ist das alles, was Sie an ihm angezogen hat?«
»Nein«, sagte ich langsam. »Wohl nicht.«
»Also?«
»Also.« Ich atmete durch. »Er brauchte mich.«
Da war eine lange Pause. »Und Sie wollten gebraucht werden?«
Ja. Ich wollte gebraucht werden.
Der Mann mit der Knubbelnase sagte nichts, aber wir beide wussten, dass darin die Antwort lag.
Anders als Ihre Mutter, die Sie nicht brauchte.
»Anders als meine Mutter«, flüsterte ich.
Einen Tag danach holte mein Vater den Hund von Alex und brachte uns beide nach Greenwich Park. »Weißt du, Maggie«, meinte er ruhig und warf dem kleinen Terrier ein Stöckchen. »Deine Mutter liebte dich mehr als alles andere auf der Welt.«
Wir standen nebeneinander auf einem Hügel, von dem aus man die Themse überblicken konnte, die in der frühen Morgensonne glitzerte. Unter uns lag das Queens House und schimmerte weiß auf dem grünen Rasen. Der Kirchturm von Our Lady Star of the Sea ragte in den strahlenden Herbsthimmel. Das erinnerte mich an den ersten Witz, den ich je erzählt hatte.
»Mama, weißt du, warum der Himmel lacht?«
»Nein, mein Liebes.«
»Weil die Bäume seinen Bauch kitzeln.«
Dann schob ich meine kleine Hand stolz in die meiner Mutter, weil ich sie zum Lachen gebracht hatte. Sie lachte, wie der Himmel lachen würde, wenn man ihm dabei zusehen könnte. Und ich dachte, dass sie auf ewig mit mir so lachen würde.
»Ich weiß, dass sie sich umgebracht hat …« Die Stimme meines Vaters wurde dunkler wie immer, wenn er diese bitteren Worte aussprach. Er bückte sich, hob das Stöckchen auf und warf es noch einmal für Digby. »Sie schaffte es einfach nicht, aus diesem Loch herauszukommen. Sie sah einfach keinen Ausweg mehr für sich. Du warst ihr Leben - ganz und gar. Das weißt du doch, oder?«
Dieses Mal war er es, der wortlos seine Hand in meine schob.
Kurz darauf beschloss ich, die Therapie zu beenden.
Ich zitterte auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Auch war ich nicht mehr der Mensch, den Bel jeden Abend besucht hatte. Der Mensch, der so viel Glück hatte, eine Freundin zu haben, die nie die Geduld verlor, die immer zuhörte, wenn ich sie ängstlich fragte, ob ich den Verstand verloren hätte und mit ihm alles andere.
»Mich nicht«, antwortete Bel da. »So einfach wirst du mich nicht los.« Dann holte sie den Nagellack heraus und malte mir die Zehennägel scharlachrot an, mit einem blauen Streifen. Sie brachte mir Bilder mit, die Hannah gemalt hatte - wir drei an einem strahlend gelben Strand, auf den eine Sonne mit Hut fröhlich herunterblickte.
Nein. Der Mensch war ich auch nicht mehr. Ich war stärker als dieses zerbrochene Menschenkind. Ich stand auf dem trostlosen Seitenstreifen der M 4 , den Mantel eng um mich gezogen. Es war nun an der Zeit, einen Schritt vorwärts zu tun. Meinen Frieden mit meinem alten Leben zu schließen und voller Würde etwas Neues zu suchen. Ich konnte nicht an diesem Punkt stehen bleiben, an dem ich mein Leben gleichsam begraben hatte. Ich musste akzeptieren, dass es zwischen Alex und mir schon lange vorbei gewesen war. Dass mein Bein, obwohl es immer noch schmerzte, langsam heilte und dass die Narbe bald nicht mehr zu sehen sein würde. Dass Seb ein netter, attraktiver Mann war, den ich noch nicht so recht ergründen konnte, der aber vielleicht in Zukunft eine gewisse Rolle in meinem Leben spielte, auch wenn die Dinge zwischen uns im Moment anders lagen. Weil ich im Augenblick nämlich einzig und allein für mich selbst denken musste. Und ich dachte daran, dass ich immer noch meinen Vater und Jenny und Gar und Digby hatte. Und Bel, obwohl sie so weit weg war.
Ich war der Mensch, der vor wenigen Stunden noch seinen Wagen am Sloane Square geparkt hatte. Ich hatte Seb in Battersea gelassen und war am Sloane Square in ein Café gegangen, das den Namen eines Vogels trug. Ich hatte Kaffee und Mineralwasser bestellt und hatte mich wartend auf die Terrasse gesetzt.
Als sie in Erwartung eines freundschaftlichen Zusammentreffens fröhlich auf den Tisch zutrippelte, war ich der Mensch, der sie aufmerksam ansah und fragte: »Also, Fay. Worum geht es Ihnen bei der ganzen
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