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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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zornig, dass er kaum sprechen konnte, und war blass unter seiner wohlgebräunten Haut. »Den kleinen Crosswell zu vögeln? Natürlich, warum auch nicht? Der Sohn des mächtigsten Mannes im nationalen Fernsehen wird krankenhausreif geschlagen, schnupft Koks und macht mit einer polnische Nutte herum! All das, als du dich um ihn kümmern solltest. Ich habe dir vertraut - und du und dein gottverdammter Freund, ihr habt es wirklich gründlich versaut.«
    Ich war am Boden zerstört und versuchte, ihm alles zu erklären. Aber was konnte ich letztlich schon sagen, um meine Lage zu verbessern? »Mein Freund ist Alkoholiker, und ich bin auf dem besten Weg dahin. Ich habe mit dem Praktikanten mit den guten Verbindungen geknutscht, weil er sagte, ich sei schön. Ich habe ihn geküsst, weil mein Freund mich nicht mehr anrührt. Und weil ich so verdammt einsam bin.«
    Charlie würde mich jetzt gleich hinauswerfen, dessen war ich mir ziemlich sicher. Dann aber schien er zu bemerken, dass ich völlig fertig war: Ich war betrunken zur Arbeit erschienen, mit einem Veilchen von Alex’ Fäusten und seinen Würgemalen am Hals. Und so gab Charlie mir eine Woche frei, damit ich mich »wiederherstellen« konnte, wie er das nannte.
    »Sieh zu, dass du das auf die Reihe kriegst, Maggie«, meinte er und befahl seiner Sekretärin, für mich einen Termin beim Betriebspsychologen zu vereinbaren, »bevor du einen richtigen Nervenzusammenbruch bekommst, mein Dummerchen«. An diesem Punkt war ich einfach nur dankbar, überhaupt noch einen Job zu haben. Dankbar, dass mein Boss Verständnis zeigte. Dankbar, dass mein Vater nicht herausgefunden hatte, dass Alex und ich verhaftet worden waren. Erst später ging mir auf, dass Charlie nur Angst hatte, von Crosswell verklagt zu werden oder Schwierigkeiten mit Lyons beziehungsweise der Presse zu bekommen.
    Ich überredete Alex, mit mir nach Cornwall zu fahren. Ich stellte ihn vor ein Ultimatum: Cornwall oder Schluss. Und Alex wusste, dass ich es ernst meinte. Am Abend, bevor wir losfuhren, kam Bel zu Besuch. Alex war gerade nicht da. Sie sagte mir, dass sie sich Sorgen um mich mache und dass ich wirklich auf mich aufpassen müsse. Dass ich viel zu viel trank, und zu rauchen habe ich auch wieder angefangen. Und warum ich so dünn sei, das sei doch nicht normal. Sie könne Alex gut leiden, aber wir beide würden uns noch gegenseitig umbringen. Ich aber verteidigte ihn und sagte, dass er mich vorher noch nie geschlagen habe. In Wirklichkeit aber wusste ich, dass wir uns längst im freien Fall befanden. Wir waren an einem Punkt angelangt, von dem aus es kein Zurück gab.
    Stur befahl ich Bel zu gehen, sie sei mir keine echte Freundin. Aber natürlich wusste ich tief in mir drin, dass sie es doch war, meine beste Freundin, die Einzige, die genug Mumm hatte, um mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen.
    Und obwohl ich Alex verteidigte, war mir klar, dass zwischen uns längst alles schieflief. Freilich hatte ich Sam geküsst, doch ich hätte das nie getan, wenn zwischen uns alles gestimmt hätte. Und obwohl Alex behauptete, es sei nur der Stress im Job gewesen, der ihn so weit gebracht habe, und dass er die Finger von Alkohol und Kokain lassen würde, ja, schon bald, war mein Vertrauen in ihn erschüttert. Er tat mir leid mit all seinen Sorgen und den Problemen mit Malcolm, aber immerhin lebten seine beiden Eltern noch und waren gesund und munter. Ich konnte nicht vergessen, was geschehen war. Wann immer ich in den Spiegel schaute, sah ich die Würgemale an meinem Hals. Ich schlug vor, dass wir eine Woche lang nichts trinken sollten, während wir unsere Probleme besprachen - doch das lehnte er rundweg ab.
    Im kalten Licht eines kornischen Sommermorgens wurde mir bewusst, dass ich die Gewalt, die er mir angetan hatte, nicht verzeihen konnte. Und auch sein ewiges Betrunkensein.
    Eines Abends, nachdem wir zu Bett gegangen waren, versuchte Alex, mich zu küssen, aber ich stieß ihn zurück. Ich hatte das Gefühl, diesen Mann nicht mehr zu kennen. Schlaflos lagen wir Seite an Seite. Am Abend darauf schlief er im Gästezimmer.
    Am letzten Nachmittag machten wir einen Ausflug. Wir fuhren von Pendarlin aus in ein kleines Dorf an der Küste namens Port Quin. Im Autoradio wurde Debussys Clair de Lune gespielt, das meiner Ansicht nach noch nie so traurig geklungen hatte. Ich warf ein Pfund in die Spendenbox am Gatter zur Landzunge, und dann gingen wir spazieren. Wir setzten uns hin, um zwischen grünem Farn und rosa geflammtem

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