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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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steif und ging den Flur hinunter, um besser zu hören.
    »Geht es dir jetzt gut?«
    »Danke, sehr gut.«
    »Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.«
    »Nein, mir geht es prima.«
    »Gut. Ich habe nämlich nicht viel Zeit. Wir proben jetzt den letzten Akt.«
    »Ich verstehe. Dann legst du wohl besser auf.«
    »Maggie, hör mal. Ich wollte nur sagen … wenn die Einladung noch gilt, dann würde ich mich freuen, heute Abend mit dir wegzufahren. Wenn du deine Meinung nicht geändert hast.«
    »Ach«, sagte ich dümmlich. Ganz langsam hob sich die dunkle Wolke, die über der Welt lag. »Nein, natürlich nicht. Aber wir fahren gleich.«
    »Ich dachte, ich könnte den Heathrow Express von Paddington aus nehmen, wenn dir das recht ist. Und dich am Flughafen treffen. Wäre das in Ordnung?«
    »Ja«, lächelte ich. »Das ist eine gute Idee.«
    »Halleluja«, sagte Bel, als sie mit Cagney und Lacey auf mich zukam. »Du grinst wie ein Honigkuchenpferd.« Sie sah mich prüfend an. »Hat man dich etwa gerade frisch glasiert?«
     
    Auf der M4 ging es zu wie jeden Freitagabend, und mich beschlichen düstere Ahnungen. Schließlich nahm ich diese Straße zum ersten Mal seit dem Unfall, was in mir allerlei Erinnerungen weckte. Wir fädelten uns langsam zwischen den doppelkinnbewehrten Station-Wagon-Fahrern im Streifenhemd durch, die ihren Zweitwohnsitz aufsuchten, bis ein Lastwagen vor uns seine Ladung verlor und wir in dem Gänsedaunenwirbel zum Stehen kamen. Als wir am Flughafen eintrafen, war Bel fast schon zu spät dran.
    »Himmel noch mal«, zischte sie, als zwei Wachmänner in fluoreszierenden Jacken uns weiterwinkten, kaum wollten wir stehen bleiben. »Die nehmen es wirklich ernst mit den Kontrollen. Sehen wir denn aus wie Terroristen?«
    Als ich endlich anhalten durfte, stürzte Johnno aus dem Wagen und türmte Taschen und Koffer auf einen Gepäckwagen. Sobald er sich umdrehte, nahm Bel eine weitere Valium. »Wenn ich jetzt noch eine nehme, muss ich mir den Magen auspumpen lassen«, murmelte sie.
    Hannah presste ihren Barbie-Rucksack an sich, eine kleine Bel im kalten Licht der Flughafenhalle. »Kommst du denn nicht mit, Tante Maggie?« Ihre altklugen Augen schienen riesig groß.
    »Nein, Liebes. Jetzt noch nicht.« Ich lächelte sie liebevoll an, in Wirklichkeit aber war mir zum Heulen zumute.
    »Wieso nicht?« Ihre Unterlippe zitterte.
    »Ich komme bestimmt bald und besuche dich, Schatz. Ich verspreche es. Außerdem habe ich da noch etwas für dich.« Ich durchsuchte meine Tasche nach dem Buch, das ich für Hannah gekauft hatte. Aufgeregt riss sie das Geschenkpapier weg.
    »Rothäppchen«, buchstabierte sie langsam. »Und andere Geschichten. Hatte Rothäppchen denn einen Schwanz?«
    »Rotkäppchen.« Ich hob sie hoch und drückte sie noch einmal fest an mich. »Nein, Rotkäppchen hatte keinen Schwanz. Aber der Wolf.«
    Hannah sah besorgt drein. »Es gibt doch keine Wölfe in Austernland?«
    »Australien, mein Spatz. Nein, natürlich nicht.« Ich drückte ihr einen Kuss auf die weiche Wange. Es fiel mir so schwer, sie gehen zu lassen. »Nur viele, viele Koalabären.«
    »Du hingegen solltest dich vor bösen Wölfen hüten, jetzt, wo ich nicht mehr da bin«, witzelte Bel gekünstelt. Sie sah sich im Seitenfenster an und strich sich das Haar glatt. »Lass dich auf nichts Blödes ein, nur weil du enttäuscht bist, okay? Irgendetwas wollte ich dir noch sagen, aber es fällt mir gerade beim besten Willen …«
    »Bel!« Johnnos Ton war scharf. Er stand neben dem hoch beladenen Gepäckwagen. »Ich weiß, dass das hier nicht leicht ist, Liebling, und natürlich ist deine Frisur auch wichtig, aber wir sollten uns jetzt besser auf den Weg machen. Hast du die Pässe?«
    Bel klopfte geistesabwesend ihre Tasche ab. »Die sind hier irgendwo. Lieber Gott, ich habe mich nicht mal geschminkt.«
    Ich drückte Hannah noch einmal. »Könnt ihr sie nicht einfach hier bei mir lassen?«, flüsterte ich Bel übers Hannahs Goldköpfchen zu. »Ich bringe sie in ein paar Monaten nach, ganz bestimmt.«
    Bel nahm Hannah und setzte sie auf den Boden. »Du bist genauso unmöglich wie sie mit ihren Meerschweinchen«, schimpfte sie, doch in ihren Augen standen Tränen, als sie mich umarmte.
    »Lieber Himmel, Bel, was fange ich nur ohne dich an?«, brummte ich.
    »Komm mit uns«, sagte sie. Jetzt weinten wir beide. »Ich meine es ernst. Warum kommst du nicht einfach mit?«
    »Ich kann nicht. Was mache ich mit Gar? Und Dad?« Dann dachte ich an Jenny. Und

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