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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Ben setzte sich an seine Hausaufgaben, und ich hörte meinen Anrufbeantworter im Büro ab.
    Der Anruf der Baubehörde war um Viertel nach vier gekommen, kurz nachdem ich das Büro verlassen hatte. Ein gewisser Ian Wright hatte mir eine Nachricht hinterlassen, mit der Bitte um Rückruf wegen der Säuberungsarbeiten auf dem ehemaligen Fabrikgelände. Ich würde ihn gleich morgen anrufen, sobald ich im Büro war. Und anschließend würde ich dann wohl bei Russet Cleanup anrufen. Falls die Geschichten von Mr.   Wright und Russet Cleanup dem entsprachen, was Abe Starkman mir vorausgesagt hatte, würde ich zu Elliot gehen und mir die Erlaubnis holen, mich auf die Suche nach den Knochen zu machen.

KAPITEL 3
    Am Mittwoch regnete es, und ich kam triefend vor Nässe ins Büro, trotz Regenmantel, Gummistiefeln und Schirm, den ich nirgendwo aufspannen konnte, weil er sonst die gesamte Umgebung durchweicht hätte. In Ermangelung eines Schirmständers zweckentfremdete die weibliche Belegschaft an solchen Tagen ein Waschbecken in der Damentoilette als Schirmdepot. Ich warf meinen dazu, fuhr mir durch das von der Kapuze zerdrückte Haar, schüttelte die Regentropfen vom Mantel und setzte mich an meinen Schreibtisch.
    Wo mich Kaffee und Bagel erwarteten, genau wie am Vortag. Und diesmal wurde auch mir klar, was Courtney tags zuvor mit dem sorgfältigen Arrangement gemeint hatte. Die beiden Bagelhälften bildeten eine perfekte Diagonale, und eine der beiden «I LOVE NEW YORK»-Aufschriften des Bechers war genau mittig dazu ausgerichtet. Alles war genau so wie am Vortag – nur das dazugehörige Briefchen hatte einen anderen Text:
     
    Guten Morgen! Lassen Sie sich von dem Regen bloß nicht die Laune verhageln! Tja, heute wird’s wohl nichts mit einem weiteren Picknick. Joe
     
    Ich schaute zu Courtney hinüber, die vielsagend mit den Augen rollte, dabei aber unbeirrt mit rasender Geschwindigkeit weitertippte. Ich wusste, dass sie einen Abgabetermin hatte, und wollte sie deshalb nicht weiter stören. Ich warf meine Tasche auf den Boden und den Regenmantel über die Stuhllehne, dann beförderte ich das Frühstück mit einer energischen Handbewegung in den Abfalleimer. Anschließend suchte ich Joe Coffin im Online-Mitarbeiterverzeichnisund wählte die Nummer der Poststelle. Sein Chef holte ihn ans Telefon.
    «Guten Morgen!», rief er, als er meine Stimme hörte. «Sie müssen sich doch nicht bedanken, ich habe das wirklich gern gemacht.»
    «Ich will mich auch gar nicht bedanken, Joe. Ich will, dass Sie damit aufhören.»
    «Sie haben wohl schlechte Laune. Haben Sie nicht gut geschlafen? Ich wollte gestern Abend nicht mehr anrufen, weil ich   …»
    «Bitte rufen Sie mich nicht mehr zu Hause an. Und es besteht auch kein Anlass, mir Frühstück zu bringen. Das ist ja sehr nett von Ihnen, aber   …» Meine Entschlossenheit ließ nach. Ich brachte es einfach nicht über mich, ihm das zu sagen, was ich eigentlich sagen wollte:
Ihr Verhalten mir gegenüber ist mehr als nur unangenehm. Es macht mir Angst.
«Das ist wirklich nicht nötig. Ich versuche in letzter Zeit, häufiger zu Hause zu frühstücken. Es ist also reine Verschwendung.»
    «Na gut.» Das sagte er einfach so. Wie eine Barriere, die schon beim leisesten Luftzug in sich zusammenbricht.
    «Na gut. Also dann.»
    «Es tut mir leid, Darcy. Wahrscheinlich übertreibe ich ein bisschen. Aber ich habe einfach sonst keine Freunde in New York.»
    «Das kommt noch. So was braucht Zeit. Sie sind doch gerade erst hierhergezogen.» Jeder noch so banale Kommentar kam mir gelegen, solange er nur dazu beitrug, dass der Junge mich endlich in Ruhe ließ. Wenn möglich, ohne dass ich seine Gefühle verletzte.
    «Vielleicht können Sie mich ja mal ein bisschen herumführen. Ich ziehe nämlich demnächst nach Brooklyn.»
    Mir blieb fast das Herz stehen. Es waren doch erst zweiTage vergangen, seit er mir von diesen Plänen erzählt hatte. Hatte ich ihn gestern etwa tatsächlich in Park Slope gesehen?
    «Wohin denn?»
    «Nach Red Hook. Alles andere war viel zu teuer.»
    «Kann es sein, dass ich Sie gestern Abend in Park Slope gesehen habe?»
    «Nein, da war ich in Red Hook und habe mir meine neue Wohnung angeschaut.» Die Antwort kam viel zu schnell. Sie klang einstudiert. Aber warum sollte er lügen? Er hatte doch bereits zugegeben, dass er in Brooklyn gewesen war und dorthin ziehen würde. «Sie ist nicht besonders groß, aber sie wird Ihnen sicher gefallen. Ich dachte mir, wenn ich eingezogen

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