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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Stelle auf!»
    «Das wage ich kaum zu hoffen. Aber du hast schon recht. Ich werde ihn einfach nicht mehr beachten und alles andere seinem schlechten Gewissen überlassen.»
    «Soll ich in der Zwischenzeit mal hier auf der Insel ein paar Erkundigungen einholen? Ich könnte im Kopierladen vorbeischauen und fragen, was die so über ihn wissen.»
    «Ja, warum nicht?»
    «Gut, dann mach ich das. Ich halte dich auf dem Laufenden. Lass dich in der Zwischenzeit nicht aus der Ruhe bringen. Und jetzt machen wir Schluss, es ist nämlich schon längst Schlafenszeit.»
    Und so schlief ich an diesem Abend ganz beruhigt ein, nachdem ich mit meiner besten Freundin beratschlagt hatte. Ich war froh, dass wir diese Lösung beide für das Beste hielten.
    Am nächsten Morgen beschloss ich, Ben nichts davon zu erzählen, dass mir Joe tags zuvor gefolgt war. Ich wollte meinem Sohn jegliche Sorgen ersparen. Nach einem raschen gemeinsamen Frühstück begannen wir beide unseren jeweiligenTag. Er machte sich auf den Weg zur Schule – er fuhr immer mit dem Bus nach Park Slope – und ich mich auf den Weg ins Büro.
    Dort konnte ich der Versuchung dann doch nicht widerstehen, Courtney von Joe zu erzählen. Wir trafen uns auf der Toilette, wo sie gerade aus einer Kabine kam, während ich mir noch vor dem Spiegel die Lippen nachzog, in meinem gewohnten hellen, fast unsichtbaren Ton. Wir sprachen zu unseren Spiegelbildern, die nebeneinander in ihren rechteckigen Rahmen an der Wand hingen.
    «Das ist eindeutig nicht mehr süß», erklärte Courtney, nachdem sie die letzten Neuigkeiten gehört hatte.
    «Für mich ist er schon seit dem Mittagessen am Montag nicht mehr süß. Und so richtig süß fand ich ihn auch vorher nicht. Eher rührend. Du weißt schon, der ernsthafte junge Mann.»
    «Und keine vier Tage später ist er gar nicht mehr rührend, sondern widerwärtig.»
    «Ja, widerwärtig», wiederholte ich ihr letztes Wort.
    «Ich denke, es ist keine schlechte Idee, ihn nicht mehr zu beachten. Tu einfach so, als ob du ihn gar nicht siehst. Ruf nicht zurück, wenn er anruft. Reagier gar nicht drauf, wenn er dir wieder irgendwelche Bagels bringt. Kein Wort. Nada. Finito.» Sie fuhr sich mit einem perfekt manikürten Finger quer über den Hals. «Dann wird er’s schon irgendwann kapieren.»
    «Hoffen wir’s. Ich bin hier noch in der Probezeit, ich will auf keinen Fall Beschwerde bei der Personalabteilung einlegen müssen, solange ich nicht offiziell angestellt bin. Verstehst du das?»
    «Absolut. Und weißt du, der Personalchef, Paul Arschie   …»
    «Was?!»
    «Okay, eigentlich heißt er Ardsley. Ich kann ihn nur einfach nicht leiden. Bei der letzten Weihnachtsfeier hat er mich dermaßen angebaggert   …»
    Ihr Spiegelgesicht riss in neuerlicher Entrüstung die Augen auf. Ich musterte sie einen Moment, dann sagte ich: «Ich dachte eigentlich, du legst es auf solche Reaktionen an, weil sie dir Macht geben.»
    «Aber doch nicht beim Chef unserer Personalabteilung! Das ist einfach unmoralisch, verstehst du? Es gibt Grenzen.»
    Natürlich verstand ich. Zwischengeschlechtliche Beziehungen am Arbeitsplatz waren immer schwierig, manchmal sogar gefährlich, und nach Möglichkeit vermied man sie ganz.
    «Dann glaubst du also, Paul Ardsley könnte Joes Verhalten nicht weiter problematisch finden?»
    «Ich bin mir nicht sicher, aber an Weihnachten hatte ich doch stark das Gefühl, dass er eine eher zupackende Arbeitspolitik befürwortet.»
    «Vielleicht sollte ich Elliot davon erzählen.»
    Courtney dachte einen Augenblick nach. «Nein, jetzt noch nicht. Warte ein bisschen, vielleicht hilft Ignorieren ja schon. Ich finde wirklich, wir sollten versuchen, solche Dinge erst allein zu klären, bevor wir bei den Vorgesetzten meckern.»
    Meckern. Da lag das eigentliche Problem. Als Frau machte man irgendwann zwangsläufig die Erfahrung, dass Männer glaubten, man sei nicht ganz normal, wenn man ihnen nicht die gewünschte Form von Zuneigung entgegenbrachte. Forderte man sie auf, sich zurückzuhalten, meckerte man gleich. Beharrte man darauf, übertrieb man. Und wurde man laut, war man hysterisch. Die Tatsache, dass mir die seltsamen Begegnungen mit Joe Coffin Probleme machten, konnte mir leicht auch als Überspanntheitausgelegt werden. Oder schlimmer noch: als Beweis, dass ich verklemmt war oder spießig. Hinzu kam, dass Elliot mich noch nicht allzu lange kannte.
    «Ja, du hast recht», sagte ich. «Danke. Das hat mir sehr geholfen.»
    «Jederzeit,

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