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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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fing der Abend jetzt gegen zehn Uhr erst richtig an. Aber nicht für uns: Richs Arbeitstag in der Schule hatte um halb neun begonnen, und meiner war seit neun in vollem Gange. Als wir in die ruhige, begrünte Bergen Street einbogen, in der ich wohnte, unterdrückten wir beide ein Gähnen. Die Bäume warfen Schattenmuster auf die Straße, die nachts wie der Rest der Stadt vom Licht der Umgebung erhellt wurde und daher nie richtig dunkel war. Bis auf einige wenige düstere Ecken und schmale Gassen, die man aber schnell zu meiden lernte. In den Straßen von Brooklyn, die von alten Reihenhäusern gesäumt waren, lauerte die einzige Gefahr in der Dunkelheit überdachter Eingänge. Vordächer wie an unserem Haus tauchten den Weg zur Haustür in tiefe, undurchsichtige Schatten.
    Als wir bei mir angekommen waren, öffnete ich das quietschende, schmiedeeiserne Gartentor und trat hinein in die Dunkelheit.
    «Separater Zugang», so hatte es in der Anzeige des Maklerbüros gestanden. «Doppelhaushälfte mit zwei Schlafzimmern, großem Bad und Gästetoilette, kompletter Küche, hohen Decken im ersten Stock, eigenem Gärtchen und separatem Zugang.» Die Anzeige hatte allerdings verschwiegen, dass die Zimmeranordnung nicht gerade günstig war, weil sich Küche, Wohn- und Essbereich unten befanden, wo die Decken sehr niedrig waren, während die Schlafräume oben in einer unterteilten Beletage lagen, die ein wunderschönes Wohnzimmer abgegeben hätte. Aber das war typisch für Brooklyn. Ich hatte mir das Haus überhaupt nur leisten können, ohne die Erlöse aus Hugos Lebensversicherung anzufassen, die Bens Studium und meine Rente finanzieren sollten, weil es schon vor längerem und bloß notdürftig renoviert worden war. Die erst kürzlich luxussanierten Häuser der Gegend waren nur für horrende Mietpreise zu haben. Für mich war es im Augenblick die beste Lösung, eine Doppelhaushälfte zur Miete zu bewohnen. Ich hatte mir keine Wohnung kaufen wollen – der Umzug nach New York war schließlich ein Experiment, das uns in die Nähe meiner Mutter brachte. Wir mussten dieses neue Leben erst einmal ausprobieren.
    Rich folgte mir bis zum Tor, anstatt auf dem Gehweg stehen zu bleiben und mir gute Nacht zu wünschen, wie ich das eigentlich gehofft hatte – gerade weil ich ihn liebend gern hereingebeten hätte.
    Ich drehte mich zu ihm um und stand nun mit dem Rücken zur Haustür. Richs Augen leuchteten in der Dunkelheit, sein Haar schimmerte kastanienbraun. Er sah mich unverwandt an, versuchte, den Mut dazu aufzubringen, mich zu küssen. Zumindest glaubte ich das. Dann streckte er die Hand aus, um mich am Arm zu fassen, und wieder spürte ich die angenehme Wärme, die von ihm ausging. Sie schien meinen ganzen Körper zu durchströmen. Ich konnte nicht anders: Ich machte einen Schritt auf ihn zu und hob ihm das Gesicht entgegen.
    Richs Lippen waren weicher, schmaler und nachgiebiger als Hugos, seine Zunge beweglicher. Anders eben. Ich fühlte mich ganz umhüllt von dem undefinierbaren Duft, der mir so gut gefiel. Er schlang den Arm um mich und zog mich noch näher zu sich heran, und ich erlaubte seiner Hand, weiter über den Rücken nach unten zu wandern. Unsere Zungen und Lippen, unsere Münder vereinten sich innig und selbstverständlich.
Nachtisch
, dachte ich. Rich war wundervoll. Ich war eine Frau. Und Hugo schon so lange fort. Musste ich da wirklich ein schlechtes Gewissen haben?
    Aber Rich war schließlich auch Bens Lehrer. Ich löste mich von ihm. «Ich finde, wir sollten den Abend hier beenden.»
    Sein Lächeln wirkte ein wenig gezwungen, aber doch versöhnlich und verständnisvoll. Er wollte es nicht, und ich wollte es im Grunde auch nicht – und doch würden wir uns jetzt verabschieden.
    «Ich warte noch, bis du drinnen bist», sagte er leise, fast flüsternd. «Dann gehe ich.»
    Wir atmeten beide schwer. Es war eine seltsame, fast schon peinliche Situation. Ich wandte mich von ihm ab, um die Haustür aufzuschließen.
    Da entdeckte ich die Plastiktüte, die am Türgriff hing.
    «Was ist denn das?» Die Tüte knisterte, als ich erstaunt danach griff. Erst dachte ich an Abe Starkman. Vielleicht war er ja inzwischen hier gewesen? Aber er hätte mir die vertraulichen Dokumente doch nicht einfach an die Tür gehängt. Dann fiel mir Joe ein. Der Inhalt der Tüte war flach und schwer, wie ein Buch. Ich trat aus dem Schatten ins schwache Licht. Es war ein Päckchen, in grün und golden gestreiftes Geschenkpapier verpackt.
    «Sag

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