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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Auf keinen Fall würde ich ihm erzählen, woher ich ihn hatte.
    «Ich hab Hunger.»
    Also aßen wir und machten beim Mittagessen Pläne für den Rest des Tages. Ben würde den Nachmittag mit Hausaufgaben verbringen, während ich ein bisschen weiter ausräumte. Im Wohnzimmer und in meinem Zimmer standen immer noch unausgepackte Umzugskisten herum. Danach würden wir zu Abend essen und anschließend ins Kino gehen.
    Auspacken ist wahrhaftig kein Vergnügen, vor allem nicht, wenn man versucht, zusätzliche Dinge in ein bestehendes Chaos einzufügen, deshalb zwang ich mich, gleichzeitigauch ein bisschen auszumisten und Ordnung zu schaffen. Obwohl ich nach der schlaflosen Nacht furchtbar müde war, fühlte ich mich glücklich, so glücklich, wie ich es seit Hugos Tod nicht mehr gewesen war, und hatte sogar Spaß an der Auspackerei. Vielleicht war glücklich nicht ganz das richtige Wort. Doch zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren fühlte ich mich wieder lebendig.
    Das restliche Wochenende verging ereignislos: keine Kontaktversuche von Joe, aber auch keine von Abe Starkman. Langsam fing ich an, mir Sorgen zu machen, dass die Knochen-Story im Sande verlaufen würde, weil die entscheidenden Informationen fehlten, die nur Abe uns liefern konnte. Ich hoffte sehr, dass er sein Versprechen halten würde. Doch da ich ohnehin nichts tun konnte, versuchte ich, nicht weiter darüber nachzudenken. Es war Wochenende, ich war mit meinem Sohn zu Hause, und ich hatte einen Liebhaber. Es gab beim besten Willen keinen Grund, mir Gedanken über die Arbeit zu machen.
    Am späten Sonntagvormittag rief mich Rich auf dem Handy an. Ich lag auf dem Sofa, blätterte im Unterhaltungsteil der Zeitung und musste hoch in mein Zimmer stürmen, um das Mobiltelefon noch rechtzeitig aus der Handtasche zu fischen.
    «Ich wusste nicht, ob ich anrufen kann», sagte Rich. «Ich dachte, nachher erscheint mein Name auf dem Display, und Ben sieht es, und   … na ja, du weißt schon. Ist wohl eine Alterserscheinung, dass mir das Handy erst so spät eingefallen ist.» Wahrscheinlich lag es eher an seinem Job. Als Lehrer und Künstler konzentrierte er sich auf seine Arbeit und konnte es sich kaum leisten, ständig für alle Welt erreichbar zu sein. Mir wäre das Handy sofort eingefallen. Aber egal: Er schien sich mindestens ebenso zu freuen, meine Stimme zu hören, wie ich mich über seinen Anruf freute.
    «Wie war dein Wochenende denn bisher?», fragte ich.
    «Gut. Großartig. Ich habe viel gemalt. Und du?»
    «Ich habe viel Zeit mit Ben verbracht. Ein paar Kisten ausgepackt. Und gestern Abend haben wir einen richtig tollen Film gesehen.» Ich erzählte ihm davon, und wir beschlossen, oder hofften vielmehr, bald einmal gemeinsam ins Kino zu gehen. «Weißt du was? Ben muss am Mittwoch sehr früh zur Probe, er bricht schon gegen sieben Uhr auf. Wollen wir da zusammen frühstücken?»
    «Sehr gern. Ich muss um Viertel nach acht in der Schule sein, es wird also kein sehr ausgedehntes Frühstück, aber wir sollten das unbedingt machen. Wo denn?»
    Ich zögerte keine Sekunde: «Hier bei mir.»
    Er lachte. Schließlich wussten wir beide, was es dann zum Frühstück geben würde. Und das war mit Sicherheit nichts Essbares.
    «Und?», fragte er dann. «Neuigkeiten vom Gruseltypen?»
    «Du meinst Joe.»
    «Ich weiß durchaus, wie er heißt, ich habe nur keine Lust, seinen Namen auszusprechen.»
    «Nein. Er scheint sich ein paar Tage Urlaub zu gönnen. Vielleicht ist es doch nur eine harmlose Schwärmerei.»
    «Darcy   …»
    «Ja, zugegeben, es ist schon ein bisschen heftig. Aber seit dem Foto habe ich keinen Ton mehr von ihm gehört. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.»
    «Ich mache mir aber Sorgen, deshalb habe ich auch angerufen. Unter anderem. Hast du nochmal darüber nachgedacht, zur Polizei zu gehen?»
    «Sicher. Aber ich finde es immer noch verfrüht, und ich möchte meinen Job nicht aufs Spiel setzen.»
    «Das verstehe ich ja. Aber behalt den Gedanken im Kopf, ja?»
    «Das mache ich. Wenn es schlimmer wird, gehe ich ganz bestimmt zur Polizei.»
    Wir plauderten noch ein wenig weiter und verabschiedeten uns dann. Es war ein seltsames Gefühl, plötzlich einen neuen Freund zu haben. Ich hatte so viel Zeit mit meinem geliebten Mann verbracht und immer geglaubt, mich niemals von ihm trennen zu müssen. Jetzt erfuhr ich am eigenen Leib, wie es nach einer schrecklichen Katastrophe trotz allem weitergehen konnte. Ich hatte mich immer gefragt, wie es meinen

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