Nur aus Leidenschaft
dem Unfall verursacht hatte. Sie wollte es verbergen, doch er bemerkte an ihrem Blick, sobald er sie ansah, dass sie sich schuldig fühlte. Er spürte es sogar an ihren Berührungen, wenn sie über die Narbe strich. Sie tat es ungemein sanft und mit leicht zitternden Fingern, als wollte sie die Spuren der Verletzung auslöschen.
Doch er wollte nicht, dass sie sich schuldig fühlte. Er warf ihr nichts vor. Dass er unters Pferd gekommen war, lag allein an ihm - das Risiko bestand immer, ob er nun angetrunken oder nüchtern war.
In dem Bestreben, vielleicht doch noch eine Gelegenheit zu finden, ihr das Schuldgefühl zu nehmen, ging er zum Reitplatz hinüber, wo sie einen flachshaarigen Jungen mit einer dicken Brille unterrichtete. Am Zaun blieb er stehen und beobachtete die beiden unbemerkt.
„Her damit, Adam", sagte Carol streng und streckte die Hand aus. „Du bist noch nicht so weit für Sporen."
Maulend stieg der Junge vom Pferd und schnallte seine Sporen von den Stiefeln. „Aber ich möchte, dass Honey richtig rennt."
„Hab Geduld, Adam", gab Carol zurück. „Das will alles ge lernt sein. Du darfst die Sporen erst dann benutzen, wenn du Honey kontrollieren kannst."
„Aber das ist so langweilig", jammerte der Junge. Er setzte den Fuß in Carols verschränkte Hände und schwang sich in den Sattel. „Es ist doof, immer nur dumm im Kreis herumzureiten. Ich möchte, dass sie galoppiert, so schnell sie kann."
Pete verkniff sich ein Grinsen. Er kannte diese Ungeduld gut - den Wunsch nach Geschwindigkeit, obwohl langsames Üben erforderlich war, um Sicherheit auch im Umgang mit einem temperamentvollen Tier zu erlangen.
„Glaub mir", hörte er Carol sagen, „sie kann schnell rennen. Ich mache mir nur Sorgen, was mit dir passiert, wenn sie es tut."
Lächelnd schaute Pete nach dem Pferd, um das es ging - und war total verblüfft. Twister?
Nein, das kann nicht sein, sagte er sich, obgleich er die unregelmäßigen Flecken des Fells erkannte und das deutliche Brandzeichen am rechten Vorderlauf.
Mit Twister hatte er seinen ersten Nationalsieg errungen. Damals galt die Stute als eins der besten Rodeopferde, auch wenn sie nicht mehr die Jüngste gewesen war. Zwei Jahre später war sie in den Ruhestand getreten und hatte nur noch auf der Weide gestanden. Da er an dem Pferd hing, mit dem er seinen ersten großen Sieg gehabt hatte, hatte er es kaufen wollen. Doch der Viehzüchter hatte jedes seiner Angebote abgelehnt. Das war jetzt vier Jahre her.
Und nun war Twister bei Carol. Das war doch sehr merkwür dig.
Mit leicht zitternder Hand öffnete er das Gatter und betrat den Reitplatz. Ohne den Blick von dem Pferd zu lösen, ging er zu Carol.
„Du hast Twister gekauft", sagte er leise, noch immer ungläubig die Stute musternd.
Carol sah zu ihm hoch und schaute dann schnell weg. Unter dem Schirm ihrer Mütze wurde sie flammend rot. „Ja, das habe ich."
„Warum?" fragte er erstaunt und versuchte gar nicht erst, seine Neugier zu verbergen.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich brauchte Tiere für den Unterricht, und Twister stand zum Verkauf."
„Im Ernst?" gab er ungläubig zurück. „Ich habe im Lauf der Jahre zigmal Jacob bestürmt, mir diese Stute zu verkaufen, er wollte einfach nicht. Wie hast du das angestellt?"
Carol zog die Mütze tiefer in die Stirn und hob erneut die Achseln. „Keine Ahnung.
Vielleicht kam ich gerade zum richtigen Zeitpunkt."
Ein zärtliches Lächeln glitt über Petes Gesicht. Es kam von ganz innen, und ihm wurde bis in die Zehenspitzen warm. Carol hatte Twister gekauft - das Pferd, das er sich so sehr gewünscht hatte. Carol wusste, was ihm die Stute bedeutete, denn er hatte nie einen Hehl aus seiner gefühlsmäßigen Bindung gemacht. Er wusste zwar nicht, was sie Jacob geboten hatte, doch es rührte ihn ungemein, dass sie das Pferd hatte haben wollen. Ihn, Pete, hatte sie zwar von sich gewiesen, aber vergessen hatte sie ihn nicht. Der Kauf dieses Pferdes war der klare Beweis.
Er legte ihr den Arm um die Schultern. „Honey?" meinte er zweideutig und drückte sie an sich. „Warum hast du ihren Namen geändert? Twister passte doch prima."
Verlegen versuchte Carol, sich freizumachen. „Ich weiß es auch nicht", murmelte sie.
„Doch, du weißt es." Er drehte sie zu sich herum. „Weil ich sie so genannt habe - meine Honey, eine Glücksfee. Sie war mein Sprungbrett ins große Geschäft, mit ihr begann meine Karriere als Rodeocowboy."
Obwohl Carol sich gleichgültig geben
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