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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Gruppe, zu der wir kommen, interessiert mich – uns beide. John und ich haben das Material, das Sie uns gestern Abend gegeben haben, komplett durchgearbeitet. Die Sache mit den Genen, die mit den Energieniveaus des Körpers zusammenhängen.«
    John fragte: »Sie sind also in der Lage, die Effizienz des Sauerstoffaustauschs zu erhöhen und den Verdauungsvorgang zu modifizieren? Wenn ich es richtig verstehe, würde das doch bedeuten, dass unser Sohn in der Lage wäre, mehr Energie aus der Nahrung aufzunehmen als normale Menschen und mit der gleichen Nahrungsmenge länger auszukommen als andere?«
    »Im Grunde ja«, antwortete Dettore. »Es bedeutet bessere Verwertung der Nährstoffe, effizientere Aufspaltung von Kohlenhydraten, Zucker und Proteinen, bessere Speicher- und Abbaumechanismen, elegantere Insulinkontrolle.«
    Naomi nickte. »Das klingt alles sehr gut – damit kann ich mich viel eher abfinden als mit einer Modifizierung seiner Schlafrhythmen.«
    John lehnte sich nach vorn und schenkte sich Kaffee aus der Metallkanne auf dem Tisch nach. Grinsend erwiderte er: »Du schläfst jedenfalls zu viel, Schatz.«
    »Unsinn! Ich brauche meinen Schlaf.«
    »Meine Rede. Wenn du nicht geweckt wirst, kannst du mit Leichtigkeit neun, sogar zehn Stunden schlafen. In einer Hinsicht hat Dr. Dettore recht – du vergeudest einen großen Teil deiner Lebenszeit.«
    »Ich schlafe gern!«
    »Und wenn deine Gene so programmiert wären, dass du nur zwei Stunden bräuchtest, würdest du deine zwei Stunden genauso sehr genießen.«
    »Das glaube ich nicht.« Sie wandte den Blick ab und schaute aus dem Fenster. In der Ferne fuhr ein Containerschiff vorbei, weit weg am Horizont. Es schien in der Luft zu schweben, so hoch, als wäre es auf einem Sockel montiert. »Ich möchte, dass Sie verstehen, welche Motive meiner Entscheidung zugrunde liegen, Dr. – äh – Leo. Ich will nur ausschließen, dass mein Kind an dem Leiden erkrankt, das unseren Sohn getötet hat. Dass Sie auch die anderen Krankheitsgene eliminieren können, die John und ich in uns tragen – Prostatakrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Depressionen, Diabetes –, ist ganz wunderbar. Natürlich möchte ich meinem Sohn Vorteile im Leben verschaffen, welche Eltern möchten das nicht, aber ich will nicht, dass er sich zu sehr von anderen menschlichen Wesen unterscheidet. Verstehen Sie? Ich will nicht, dass er ein abnormer Außenseiter wird.«
    Dettore setzte sich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und wiegte sich ein paarmal vor und zurück wie ein großes Kind. »Wenn ich Sie recht verstehe, Naomi, wollen Sie, dass Ihr Kind einfach ein normaler Typ mit Ansätzen von Talent und gewissen lichten Momenten wird, stimmt’s?«
    »Äh – ja, ich denke schon. Ganz genau.«
    »Ich wäre einverstanden, muss Sie aber bitten, vorher noch etwas in Betracht zu ziehen. Bitte vergleichen Sie einmal die Welt, wie sie heute ist, mit der Welt von morgen, wenn Ihr Sohn ein erwachsener Mann ist. Sie sind achtundzwanzig, und seitdem Sie ein kleines Mädchen waren, hat sich die Welt nicht grundlegend verändert. Aber wie wird sie nach weiteren achtundzwanzig Jahren aussehen?« Er breitete die Arme aus. »Ich sage es Ihnen: In achtundzwanzig Jahren wird diese Welt eine grundlegend andere sein. Es wird eine genetisch unterprivilegierte Klasse geben und dadurch werden soziale Unterschiede entstehen, die Sie sich heute nicht im Traum vorstellen können. Vergleichen Sie einmal Ihr heutiges Wissen, Ihre Fähigkeiten und Vorteile mit denen einer armen jungen Frau Ihres Alters, die in der Dritten Welt aufgewachsen ist, die auf einem Reisfeld in China oder im Busch in Angola arbeitet.«
    Dettore stand auf, ging zu seinem Tisch und gab etwas auf seiner Computertastatur ein. Eine Weltkarte erschien auf dem großen Wandbildschirm vor ihnen. Sie zeigte einige rosafarbene Flecken, doch die meisten Länder waren weiß.
    »Es gibt an die sieben Milliarden Menschen auf der Welt. Wissen Sie, wie viele von ihnen lesen und schreiben können?« Er sah John an, dann Naomi.
    »Nein«, gab Naomi zu. »Das weiß ich nicht.«
    »Wenn ich Ihnen erzähle, dass dreiundzwanzig Prozent aller Erwachsenen in den Vereinigten Staaten, der technisch fortschrittlichsten Nation der Welt, Analphabeten sind, gibt Ihnen das einen Anhaltspunkt? Vierundvierzig Millionen Menschen, die nicht lesen können, allein in den Vereinigten Staaten, Menschenskind! Auf der ganzen Welt sind es weniger als eine Milliarde, die es können.

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