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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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unternehmen? Ich meine – ich weiß, dass Sie verhindern können, dass sie an mein Kind weitergegeben werden, aber können Sie auch bewirken, dass sie mir nicht schaden? Können Sie sie aus meinem Genom entfernen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Bisher noch nicht. Wir arbeiten daran – die gesamte Biotechnische Industrie arbeitet daran. Vielleicht wird es in einigen Jahren möglich sein, einige von ihnen zu eliminieren, aber bei anderen wird es noch viele Jahrzehnte dauern. Ich befürchte, Sie können sich nur bei Ihren Eltern dafür bedanken. Doch für Ihr Kind können Sie etwas Großartiges tun: Sie können ihm ermöglichen, ohne diese Gene geboren zu werden.«
    Naomi schwieg eine Weile lang. Die Situation erschien ihr so absolut bizarr, sie drei auf diesem Sofa, irgendwo draußen auf dem Atlantik, kurz davor, Reihen von Kästchen abzuhaken, als machten sie einen der typischen Psychotests der einschlägigen Frauenzeitschriften oder beantworteten einen Fragebogen zur Kundenzufriedenheit.
    Pro Seite gab es achtzig Kästchen; bei fünfunddreißig Seiten ergab das insgesamt fast dreitausend Fragen – oder besser: Wahlmöglichkeiten.
    Die Worte verschwammen, die kleinen Kästchen verschwammen.
    »Mrs. Klaesson«, sagte Dettore sanft, »es ist sehr wichtig, dass Sie sich der Tragweite all dessen wirklich bewusst sind. Was Sie und John hier auf diesem Schiff entscheiden, wird nicht nur Sie, ja nicht einmal nur Ihr Kind beeinflussen. Sie haben die Möglichkeit, ein Kind zu erschaffen, von dem die meisten Eltern nur träumen können, ein Kind, das nicht von lebensbedrohlichen oder psychischen Krankheiten bedroht ist. Je nachdem, wie Sie sich entscheiden, besitzt Ihr Kind eine genetische Disposition, die ihm jeden erdenklichen Vorteil im Leben bieten wird.« Er hielt inne und ließ den beiden Zeit, seine Worte zu verarbeiten.
    Naomi schluckte und nickte.
    »Doch nichts von dem, was Sie tun, wird eine Rolle spielen, wenn Sie Ihr Kind nicht lieben. Und wenn Sie nicht mit allen Ihren Entscheidungen im Reinen sind, könnten später große Belastungen auf Sie zukommen, weil Sie mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen leben müssen. Ich habe zahlreiche Eltern abgelehnt – ja, ihnen manchmal in letzter Minute ihr Geld zurückerstattet –, wenn ich erkannt habe, dass sie entweder nicht in der Lage waren, ihrem Kind die nötigen Voraussetzungen zu bieten, oder sie aus den falschen Motiven heraus gehandelt haben.«
    Naomi wand ihre Hand aus Johns Griff, stand auf und trat mit unsicheren Schritten an ein Fenster.
    »Schatz, Dr. Dettore hat recht. Lass uns eine Pause machen«, schlug John vor.
    »Mir geht’s gut.« Sie lächelte ihn an. »Mir geht’s gleich wieder besser, wirklich. Ich versuche nur, einen klaren Gedanken zu fassen.«
    Sie hatte in den vergangenen Monaten jedes Wort über die Dettore-Klinik gelesen, Hunderte von Seiten, dazu die Website studiert – und jede andere Website über das Thema, die sie finden konnte –, und sich durch mehrere von Dettores Veröffentlichungen geackert, obwohl die Artikel, ebenso wie Johns, so komplex waren, dass sie nur sehr wenig davon verstanden hatte. Doch jetzt fiel es ihr durch ihre Übelkeit schwer, sich zu konzentrieren.
    Die Krankenschwester, Yvonne, hatte ihr geraten, bei Übelkeit einen bestimmten Punkt zu fixieren. Also starrte sie jetzt geradeaus und dann für einen Moment hinauf zu einer Möwe, die über ihnen durch die Luft zu treiben schien.
    »Dr. Dettore …«
    »Leo«, korrigierte er. »Bitte nennen Sie mich Leo.«
    »Danke. Leo.« Sie zögerte einen Moment und nahm dann all ihre Gedanken und ihren Mut zusammen. »Leo – warum sind Sie bei der Presse und bei so vielen Ihrer Wissenschaftlerkollegen so unbeliebt? Der Artikel neulich im
Time Magazine
war ja ziemlich rüde.«
    »Kennen Sie die Lehren von Chuang Tze, Naomi?«
    »Nein, warum?«
    »Chuang Tze hat geschrieben:
Was die Raupe das Ende der Welt nennt, nennt der Meister einen Schmetterling.
«
    »Wir betrachten die Metamorphose einer Raupe zu einem Schmetterling als eine Verwandlung in etwas sehr Schönes, Liebling«, sagte John. »Aber für die Raupe ist es eine traumatische Erfahrung – sie glaubt, sie stirbt.«
    Dettore lächelte. »Mit ein paar Hetzartikeln in der Presse kann ich umgehen. Früher hätte ich die Inquisition am Hals gehabt. Doch ich muss Ihnen auch eine Frage stellen: Warum tun Sie das hier? Ich könnte einfach die Gensequenz für die Dreyens-Schlemmer-Krankheit entfernen und

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