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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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war. Ein Bier kostete immerhin ein paar Kronen. Jennifer wusste nicht, wo sie hingucken sollte, also begann sie in ihrer Handtasche nach dem Handy zu wühlen. Sie hatte es abgestellt, als Jocke angefangen hatte sie anzurufen und SMS zu schicken, doch jetzt schaltete sie es wieder ein, damit sie etwas hatte, mit dem sie ihre Hände beschäftigen konnte. Sobald das Telefon an war, signalisierte es, dass sie mehrere neue SMS erhalten hatte. Sie waren alle von Jocke, und an ihn wollte sie jetzt überhaupt nicht denken, sodass sie das Handy wieder abschaltete.
    Plötzlich überfiel sie der Gedanke, dass es jetzt vielleicht an der Zeit wäre für eine Geste der Dankbarkeit gegenüber diesem Mann, der sie immerhin zu einem Drink eingeladen hatte. Sie kramte also eine Schachtel Läkerol-Bonbons aus ihrer Handtasche und streckte sie ihm wortlos entgegen. Aber er schüttelte nur den Kopf und guckte immer noch ziemlich verbissen. Der Barkeeper kam mit den zwei Bier, und sie nahm sofort ein paar ordentliche Schlucke aus ihrem Glas, während der Mann mit einem zerknitterten Hunderter bezahlte, den er aus seiner Hosentasche zog.
    »Danke«, sagte Jennifer, aber dann fiel ihr auch nichts mehr ein, was sie sagen könnte, sodass sie stumm in ihr Glas starrte.
    »Du bist heute also schon wieder besoffen«, sagte er plötzlich.
    Wer war er bloß? Ungepflegt, aber nicht so sehr, dass er einer von Mamas Kumpanen sein konnte, die sie im Übrigen mittlerweile ganz gut kannte. Jennifer zögerte einen Moment, bevor sie antwortete.
    »Was heißt hier schon wieder? Ich bin doch nicht jeden Tag besoffen.«
    Genervt sah sie sich um, damit sie ihm nicht in die Augen schauen musste. Schließlich fiel ihr Blick auf die eigene Hand, die nervös am Bierglas herumfingerte. Hastig führte sie das Glas zum Mund und trank den Rest in einem Zug. Er legte eine Hand auf ihre Schulter, allerdings kaum, um sie zu beruhigen.
    »Gestern und heute«, sagte er nur.
    Jennifer versuchte sich seinem Griff zu entziehen, vergeblich. Sie schaute sich erneut um und bekam Augenkontakt zu einem Mann, der an einem der Tische schräg hinter ihnen saß. Die Hand des Mannes umklammerte ihre Schulter noch ein wenig fester. Also wandte sie sich ihm zu und schaute ihm direkt in die Augen.
    »Was laberst du denn für’n Scheiß?«, rief sie. »Ich saufe, wann und wo ich will!«
    Er verzog den Mund zu einem gemeinen Grinsen und fauchte:
    »Damit kommst du nicht durch, du kleines Flittchen!«
    Ihre Schulter tat jetzt richtig weh, und schließlich gelang es ihr, sich aus seinem Griff zu befreien.
    »Ich sitze hier friedlich an der Bar, und dann kommst du und machst mich blöd an. Und laberst jede Menge Scheiße! Was zum Teufel willst du von mir?«
    Sie spürte wieder eine Hand auf ihrer Schulter, aber dieses Mal gehörte sie zu jemand anderem. Sie drehte sich um und sah, dass es der Mann vom Tisch hinter ihnen war.
    »Kommst du jetzt endlich?«, fragte er freundlich, aber nachdrücklich, als würde sie zu ihm gehören und wäre nur eine Weile fortgegangen.
    Jennifer schaltete schnell und rutschte von dem hohen Hocker. Dabei griff sie nach ihrer Handtasche, die sie auf die Theke geworfen hatte.
    »Ich muss jetzt gehen. Danke fürs Bier«, sagte sie mit einem verächtlichen Lächeln.
    *
    Wo konnte sie nur geblieben sein? Wenn sie bei irgendwelchen Fremden in der Kabine war, hatte es gar keinen Sinn, nach ihr zu suchen. Wenn sie sich auf einem der oberen Decks befand, mussten sie auf einer der zahlreichen Treppen und Flure aneinander vorbeigelaufen sein. Aber was hatte sie eigentlich vorgehabt? Alles hatte sich doch eben noch so richtig angefühlt, als sie sich in seinen Schoß geschmiegt und mit den anderen gefeiert hatte. Warum war sie einfach abgehauen ohne den leisesten Hinweis darauf, wo sie hinwollte? Sie hatte ihn noch geküsst, verdammt noch mal! Außerdem hatte sie angedeutet, dass sie noch einen langen Abend vor sich hatten – gemeinsam. Schon wieder beschlich ihn das Gefühl, dass sie ihn nicht wollte, dass sie in Wirklichkeit auf etwas anderes aus war. Aber was? Von den anderen Jungs in ihrer Truppe schien sie nichts zu wollen, auch wenn die sich durchaus für sie interessierten.
    Jocke hatte keine Ahnung, wie Jennifer tickte. Sie kannten sich eigentlich nur von ihren gelegentlichen Verabredungen, die lange nicht so zahlreich waren, wie er es sich gewünscht hätte. Er wusste nichts über ihr Zuhause, über ihre Familie. Darüber redete sie nicht. Er hatte auch keine

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