Nur der Tod lebt ewig (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
und mir selbst auch.“
Das war nun wirklich eine Überraschung, was der Pirat den beiden auch ansehen konnte.
„Ich sehe schon, ihr habt eine ganz falsche Vorstellung von mir und meinem Leben. Sophie, Mädchen, du bist schon eine ganze Weile hier. Ist dir nie in den Sinn gekommen, auch mal in den alten Büchern zu stöbern, die drüben in dem kleinen Büro liegen? Du hättest eine Menge Wissenslücken schließen können.“
„Ich war leider die ganze Zeit damit beschäftigt irgendwelche Reparaturen vorzunehmen und Geld aufzutreiben“, erwiderte sie spitz.
„Ich habe dir Geld angeboten. Mehr als du jemals brauchen kannst.“
„Wie soll ich das verstehen?“, wandte Marc ein.
„Das kann sie dir selbst erzählen“, knurrte Spenser. „Also, ich gründete Clydesdale und fand sogar ein paar ehrbare Bürger, die dafür sorgten, dass der Ort nicht in einen schlechten Ruf geriet. Mein Anlegerplatz war meist drüben auf der Landzunge, die du jetzt in ein modernes Hotel verbauen sollst. Und ich habe stets darauf geachtet, dass niemand die Piratenflagge zu sehen bekam, wir sind stets als normales Kauffahrtschiff eingelaufen. Sicher haben die meisten Leute die Wahrheit vermutet, aber solange unser Treiben nicht offensichtlich war, störte sich niemand daran. So konnte ich nicht nur einen beachtlichen Schatz anhäufen, durch Spensers Lodge hatte ich auch stets einen guten Grund Clydesdale regelmäßig anzulaufen. Ich fand hier eine Frau, die nicht nur die Lodge führte, sondern auch die Meine wurde - obwohl ich ihrer wahrscheinlich gar nicht würdig war. Es handelte sich um die Tochter eines verarmten Grafen, den man von seinem Land vertrieben hatte. Melissa war nicht nur klug und schön, sie besaß auch einen guten Geschäftssinn und ein Herz aus Gold. Sie hielt immer zu mir, obwohl sie wusste, was ich war, und sie brachte zwei prächtige Söhne zur Welt.“
„Ich bin erstaunt, für was Sie alles Zeit gefunden haben“, warf Sophie anzüglich ein.
„Also bitte, Mädchen, für die Liebe muss immer etwas Zeit sein. Und Melissa gehört zu dem wenigen, was ich nicht zu bereuen habe. Nach meinem Tod habe ich beobachten können, dass sie die Jungen zu ordentlichen gottesfürchtigen Menschen erzogen hat. Nun gut, soweit war ich aber noch nicht. Ich hatte also eine Familie, einen sicheren Schlupfwinkel, Gold im Überfluss und eine gute verschworene Mannschaft. Dieses gute Leben wurde empfindlich gestört, als man die Esmeralda aufbrachte, das Schiff eines anderen Piraten. Die Obrigkeit machte zu jener Zeit kurzen Prozess mit Freibeutern. Doch es gab so manch einen, der glaubte, sein Leben zu retten, indem er andere verriet. Auf der Esmeralda dienten die sieben Seeleute, die ich damals ausgesetzt hatte. Zwei von ihnen gaben meinen Namen und mein Schiff preis. Hier in Clydesdale ging plötzlich der Teufel um. Man verhaftete willkürlich Leute und folterte sie, um herauszubekommen, wo ich mich befand und wann ich hier wieder einlaufen würde.
Auch Melissa und meine Kinder entgingen dem nicht. Doch meine Frau besaß noch immer gute Beziehungen und kam schnell wieder frei. Die Nachricht von diesen Vorfällen erreichte mich in einem offenen Hafen, und ich segelte Hals über Kopf los, weil ich glaubte, sie retten zu müssen. Ich wäre den Häschern vermutlich fröhlich in die offenen Arme gesegelt, aber für meine Melissa hätte ich das gern getan. Die Meldung von ihrer Entlassung erreichte mich dann aber durch einen befreundeten Kapitän, mitten auf hoher See. Nun hegte ich nur noch den Wunsch, mich an den Verrätern zu rächen. Die beiden hatten zunächst im Gefängnis gesessen, waren dann aber geflohen und hatten auf einem Kauffahrer angeheuert. Ich ging ein unvertretbares Risiko ein, als ich das Schiff innerhalb eines lang gezogenen Konvois angriff. Zunächst hatten wir leichtes Spiel und konnten uns mittels einer Täuschung in unmittelbare Nähe des gesuchten Schiffes bringen. Doch als wir es geentert hatten, wurden die anderen aufmerksam. Ich nahm mir gerade genug Zeit, um die Verräter gebührend büßen zu lassen, dann flohen wir mit geblähten Segeln und versteckten uns eine Weile.“
Sophie konnte nicht verhindern, dass vor ihrem geistigen Auge ein stolzes Segelschiff auftauchte, vor dessen Bug eine weiße Schaumkrone durch die Wellen pflügte. Unwillkürlich bekamen ihre Blicke einen sehnsüchtigen Ausdruck. Spenser bemerkte das und wollte ihr wohlwollend auf die Schulter schlagen, doch seine Hand glitt durch
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