Nur der Tod lebt ewig (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
Baustelle im Einzelnen sehen und mich mit einigen der Arbeiter unterhalten. Es ist wichtig, Kontakt zu seinen Angestellten zu halten, auch das musst du noch lernen.“
Charles verzog das Gesicht zu einer Grimasse und trottete hinter seinem Vater her. Marc schloss sich an.
„Dieser junge Fatzke ist während der Demonstration auch hier gewesen“, raunte Spenser in Marcs Ohr.
„Ja und?“
„Er war mitten im Getümmel der Prügelei.“
„Soll ich ihn deswegen jetzt für irgendwas beschuldigen?“
„Nein, er hat ja Angus nicht umgebracht. Aber einiges stimmt nicht mit ihm.“
„Und was wäre das?“
„Junge, ich bin ein Geist, kein Gedankenleser. Aber ich werde das schon noch herausbekommen.“
Die Kälte verschwand, Spenser hatte sich zurückgezogen. Der Architekt konzentrierte sich wieder auf seinen Chef. Lord Preston mochte seine Fehler haben, aber war durchaus in der Lage mit Menschen umzugehen. Das zeigte sich jetzt auch, als er jovial mit den Leuten sprach und sich scheinbar ernsthaft für die Arbeit interessierte. Marc musste widerwillig bewundern, wie geschickt er eine Atmosphäre von Vertrauen aufbaute.
Später saßen die drei Männer dann im Bauwagen und besprachen das weitere Vorgehen. Lord Preston war klug genug, den Fall vorauszusehen, dass es zu weiteren Verzögerungen kommen könnte. Auch dafür gab er seine Anweisungen. Danach fuhr er mit seinem Sohn wieder davon, und Marc atmete unwillkürlich auf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Lord mit keinem Wort darauf eingegangen war, dass der Architekt augenscheinlich unter Mordverdacht stand. Er glaubte also wohl auch nicht daran, denn sonst hätte er ihn sicher gleich gefeuert. Etwas beruhigt machte er mit seiner Arbeit weiter.
*
Sophie hatte der Versuchung nicht widerstehen können. Die Brosche war ganz sicher nicht geraubt, sie war ein Gegenstand, in dem die ganz große Liebe ausgedrückt wurde, und sie konnte daher mit Fug und Recht behaupten, es handele sich um ein Erbstück. Allein der Wert dieses Schmuckstücks überstieg die Kosten der Renovierung für die Lodge. Aber ganz bestimmt würde sie diese Brosche nicht verkaufen. Nicht nur, dass unendlich viele Erinnerungen an ihr hingen - es war ein sehr persönliches Stück, und Käpt’n Spenser würde zu recht böse sein, wenn sie den Schmuck aus der Hand gab. Stolz trug sie also die Brosche an ihrer Bluse, als sie jetzt in den Ort hineinging. Und sie fiel damit auf. Praktisch jeder starrte sie an, und einige Frauen bekamen regelrechte Stielaugen.
Im einzigen Laden von Clydesdale war es dann auch unvermeidlich, dass jemand sie darauf ansprach.
„Das ist ein sehr altes Stück, nicht wahr“ fragte Eileen, die nicht nur den Laden betrieb, sondern auch für die Post sorgte. Unverhohlen neugierig musterte sie die schöne junge Frau mit dem ungewöhnlichen Schmuckstück.
„Ja, sieht es nicht großartig aus? Ich fand es in den alten Sachen des Kapitäns, und ich weiß, dass es sich...“
„Jeder hier in Clydesdale kennt diese Branche“, unterbrach die ältere Frau. „Sie gehört gewissermaßen zur Geschichte des Ortes. Der Kapitän hat seinerzeit extra einen Goldschmied aus London hierher gebracht, damit er nach genauen Vorgaben das Schmuckstück anfertigen konnte. Ich bin übrigens weitläufig mit ihm verwandt.“
Wieder eine Neuigkeit, die Sophie bislang unbekannt war. Aber Eileen galt ohnehin als wandelnde Auskunftei und konnte ihr sicherlich noch mehr berichten. Allerdings war sie auch eine ziemliche Klatschtante und konnte eigentlich nichts für sich behalten. Erst jetzt, da es zu spät war, ging Sophie auf, dass sie vermutlich einen Fehler gemacht hatte. In Minutenschnelle würde jeder am Ort wissen, dass sie die offenbar legendäre Brosche von Käpt’n Spenser trug. Das öffnete allen Spekulationen über den vergrabenen Schatz Tür und Tor. Genausogut hätte sie jetzt gleich allen Leuten erzählen können, dass sie den Schatz gefunden hatte. Beschämt schimpfte sie auf sich selbst und sah ein, dass die menschliche Eitelkeit ihre eigenen Gesetze besaß. Die Folgen dieses Fehlers bekam sie dann auch am Abend in Spensers Lodge zu spüren.
*
Als Marc von der Arbeit zurückkehrte, zog er die geliebte Frau am Arm mit sich in ihr Büro.
„Sophie, kannst du irgendwie dafür sorgen, dass die Einwohner, die gegen den Bau sind, heute Abend um neun hierher kommen?“
„Das müsste sich machen lassen. Aber warum?“
„Lord Preston möchte mit ihnen reden.
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