Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
gelaunt.
54.
Ken Bernstein war über den Bericht seines Partners hoch zufrieden, obwohl er nicht große Neuigkeiten brachte, wohl aber die Bestätigung, dass der Di-Star-Etat sich nicht in den festen Händen der Smith, Henderson befand, sondern jederzeit von den Franzosen an eine andere Agentur übergeben werden konnte. Hatte nicht nur Pierre Chagrin versucht, sich den Etat zu angeln, sondern war Julien Villepin, wie schon vermutet, dabei, einen Kunden für seine neue Agentur zu finden? Der Gedanke passte nicht in das Puzzle nicht nur, weil Villepin nichts von Chips verstand.
Er sollte Julien Villepin noch heute aufsuchen. Zuvor wollte er jedoch sein Hemd wechseln, die Hitze des Tages hatte es ramponiert. Er war dabei zu duschen, als das Telefon klingelte. Tropfnass, mit einem Handtuch um die Hüften, lief er zum Telefon. Sein Partner war schon wieder am Apparat.
„Pack deine Koffer, du kannst schon heute nach New York zurückkehren“, sagte Robert Dane und fügte hinzu, „hoffentlich haben sie das Geld, uns bis zum heutigen Tag zu bezahlen.“
„Ich habe es geahnt“, sagte Ken Bernstein und stieß mit seinem Fuß wütend gegen einen Stuhl. „Und ich sage dir, es ist nicht nur eine Frage des Geldes. Sie haben etwas zu vertuschen. Harry und Paul zählen, wenn auch in sehr weitläufigem Sinne zu den Verdächtigen. Anne-Sophie Marrais ist noch nicht ausgeschieden und könnte ebenfalls das Nest beschmutzen.“
„Du vermutest da etwas sehr Richtiges. Soll doch die Polizei ihre Arbeit tun, hat Chuck Kaybody in den Hörer geschrieen. Sie wollten da kein Geld mehr hinterherwerfen“, berichtete Robert Dane. „Hast du schon eine Ahnung, wer den Angsthasen ermordet hat?“
„Ehrlich gesagt nein, ich weiß nur, wo ich weiter bohren muss. Ich wollte mir gerade den ausgeschiedenen Geschäftsführer national nochmals vorknöpfen, den Villepin.“
„Lass alles stehen und liegen und komm zurück“, riet der Partner.
„Josy bucht dir einen Nachtflug, wenn du willst.“
Ken Bernstein sah auf seine Uhr, es war früher Nachmittag. Irina Honig hatte sich für den Nachmittag frei genommen. Hoffentlich war sie zu Hause, dann könnte er sich wenigstens persönlich von ihr verabschieden.
Sie war zu Hause. Geduldig lauschte sie der Botschaft, die Ken Bernstein ihr überbrachte, natürlich war sie bereit, noch einen Drink im Martinez mit ihm zu nehmen, bevor er abflog.
Auf dem Weg zum Hotel kam ihr der Gedanke, den Fall alleine fortzuführen, schließlich hatte sie ihre Fälle früher auch ohne Ken Bernstein gelöst. Die Frage war nur, wie würde sie an die Leute herankommen ohne Ken Bernsteins Hilfe. Sie musste Zeit gewinnen und dabei sollte ihr Ken Bernstein helfen.
Auf der Terrasse des Martinez saßen um diese Zeit nicht all zu viele Menschen, sie waren am Strand oder machten Ausflüge. Ken Bernstein hatte einen abgelegenen Tisch gefunden.
Irina Honig bestellte einen Eistee, für ein Glas Rosé war es leider noch zu früh.
„Vom Treffen meines Partners mit David Jonathan mit dem ehemaligen Di-Star Europa-Manager haben ich Ihnen ja bereits alles erzählt.“
Irina Honig nickte. Dann nahm sie ihren Mut in beide Hände. „Wäre es möglich, dass ich den Fall alleine weiter führe? Ohne jegliche finanzielle Ansprüche, versteht sich.“
Ken Bernstein sah sie mit erstaunter Bewunderung an. Er überlegte, sagte aber dann. „Warum eigentlich nicht, nur es muss völlig klar sein, dass wir mit dem Fall nichts mehr zu tun haben. dass Sie keinerlei Aufträge von uns haben.“
„Das versteht sich von selbst“, Irina Honig lächelte zufrieden.
„Natürlich können Sie mich in New York anrufen, wenn Sie irgendwelche Fragen haben. Ich beantworte sie gern, falls ich das kann.“
„Was hätten Sie jetzt als Nächstes unternommen?“
„Ich hätte mich noch einmal ausführlich mit Julien Villepin unterhalten. Er weiß mehr, als das, was er uns verraten hat. Er hat sich noch mit Harry Miller getroffen und keinen plausiblen Grund dafür angegeben.“
Irina Honig sah auf die Uhr und nickte, es war noch nicht zu spät, Julien Villepin mit ihrem Besuch zu überraschen.
Ken Bernstein verabschiedete sich von Irina Honig auf französische Art, mit einem Küsschen rechts und einem Küsschen links auf die Wangen. Er musste sich ein wenig dabei strecken.
55.
Irina Honig freute sich, ein würdiges Gespräch über Hochfinanzen mit Julien Villepin zu führen, und das unter
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