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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Erlebnisse und Gefühle bewahrt hatte, die allen Familienangehörigen auf ewig lieb und teuer sein würden.
    „Wer ist denn das?“ erkundigte sich Cara und wies auf das Bild eines auffällig groß gewachsenen Mannes mit zerzaustem, hellblondem Haar. Er trug Khakishorts und hatte die Ärmel aufgekrempelt. Am faszinierendsten war sein breites, einnehmendes Lächeln. Auf dem Foto stand Lovie an seiner Seite, kerzengerade und adrett mit breitkrempigem Strohhut. Neben dem Paar war eine riesige Meeresschildkröte am Strand zu sehen. „Der schaut aber gut aus!“
    Eine kurze Pause entstand, während der Lovie unsicher das Foto anstarrte.
    „Ich kann mich nicht genau entsinnen“, erwiderte sie schließlich. „Wahrscheinlich ein Zoologe, der über Schildkröten forschte.“
    Anders als vorher, als Lovie Foto für Foto erläutert und mit einer passenden Anekdote bedacht hatte, schwieg sie diesmal und wirkte unangenehm berührt. Mittlerweile hatte Cara ein Gespür für die kaum merklichen Stimmungsschwankungen ihrer Mutter, und als sie ihr nun ins Gesicht guckte, zeigten die Wangen eine leichte Rötung; die Finger glitten über das Bild, als wollten sie es bedecken.
    „Irgendwie kommt er mir bekannt vor“, stellte Cara fest.
    „Eigentlich ging’s mir mehr um die Aufnahme von der Schildkröte.“ Lovie wollte die Seite umblättern.
    „Warte mal!“ Cara hielt sie davon ab. „Jetzt weiß ich’s wieder. Einen Sommer lang schaute er häufig bei uns vorbei, und dann war er plötzlich weg. Wir fanden es schade, Emmi und ich, als er sich im folgenden Sommer nicht mehr sehen ließ. Er war nämlich ein netter Kerl, der uns nicht so abfällig behandelte wie die meisten Erwachsenen.“ Mit den Fingern trommelte sie auf die Albumseite und dachte angestrengt nach. „Wie hieß er bloß noch? Irgendwas mit R … Robert? Randolph?“
    „Ich glaube, sein Name war Russell Soundso.“ Lovie warf ihrer Tochter einen kurzen, skeptischen Blick zu und blätterte dann entschlossen die Seite um. „Ist alles lange her.“
    „Wohl wahr. Doch wenn man diese Bilder betrachtet, dann ist einem, als wär’s erst gestern gewesen, nicht wahr?“
    Lovie klappte das Fotoalbum zu und fuhr melancholisch mit der Hand über das Leder. „Ja, allerdings.“
    Später am selben Morgen traf Julia ein, Linnea und Cooper im Schlepptau. Die beiden Kleinen sprangen aus dem Allradkombi und polterten mit wehendem Strandtuch und gegen die Fersen klatschenden Schwimmflossen die Treppenstufen zur Veranda hinauf.
    „Oma Lovie! Wir gehen zum Strand!“ rief Cooper und umarmte seine Großmutter.
    „Aber ja!“ meinte Lovie und erwiderte die zärtliche Geste, bevor auch Linnea auf ihre Großmutter zustürzte.
    „Nicht so stürmisch, ihr zwei“, ermahnte Julia ihre Sprösslinge, als sie nun ebenfalls eintrat. „Ihr werft sonst Oma Lovie noch um! Cooper, nun lass mal ihren Hals los! Linnea, lauf zum Auto und hol die Blumen, die du extra im Garten gepflückt hast!“ Sie schüttelte den Kopf und lachte leise vor lauter Mutterstolz. „Hallo, Mama Lovie“, sagte sie schwer atmend und gab ihrer Schwiegermutter einen Kuss. In den Händen hielt sie eine Kasserolle mit Deckel. „Wohin damit?“
    „Gib her, ich nehme dir das ab“, bot Cara an. „Wie geht’s, Julia? Du wirkst, als hättest du ’ne Partie Golf gespielt!“
    „Tennis“, verbesserte Julia und folgte Cara in die Küche. „Aber die beiden Schlingel halten mich ständig auf Trab! Sie konnten es kaum abwarten herzukommen. Ich musste sie fast die ganze Nacht anbinden. Schließlich habe ich Palmer eröffnet, ich sähe es überhaupt nicht ein, die Kinder auch noch zu all den anderen Partys mitzuschleppen, die heute ebenfalls stattfinden sollen. Heute ist Oma Lovies Fest, hab ich ihm mitgeteilt und versucht, ihn zum Mitkommen zu bewegen. Doch du kennst ihn ja: Aus geschäftlichen Gründen fühlt er sich verpflichtet, noch die eine oder andere Party abzuklappern. Er wird jedoch sicher bald eintrudeln.“
    „Dass er auf den Festen bloß nichts isst.“ Cara unterdrückte ihre Enttäuschung. Wie konnte Palmer ausgerechnet heute seine geschäftlichen Interessen über die seiner Mutter stellen? Eins war klar: Ihr Bruder würde mit Sicherheit erst ziemlich spät auftauchen. „Wir sind schon seit drei Tagen am Kochen!“
    „Mom!“ Cooper stand auf der Veranda und kreischte in höchsten Tönen. „Ich will endlich zum Strand!“
    „Dann hör mit dem Gejaule auf und schnapp dir deine Badehose!“
    Cara

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