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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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fühlte sich an eine Reihe bunter Zirkuswagen erinnert, als alle im Gänsemarsch über den Pfad Richtung Strand spazierten. Lovie lief vorneweg wie ein graziler Tambourmajor. Sie trug ein rotes Sommerkleid und einen breitkrempigen Strohhut, an dem rotweißblaue Bänder flatterten. Danach kam Cooper, ein umwerfend komischer Clown mit übergroßer Kunststoffsonnenbrille, einem orangefarbenen Schwimmreifen um den Leib. Hinter ihm ging Linnea, die sich das Strandtuch kess um die Hüften gewunden und den Walkman übergestülpt hatte und nun krampfhaft auf erwachsen machte. Im Gegensatz zu ihr wirkte Toy mit ihrem fröhlichen Schritt geradezu wie ein kleines Mädchen. Schließlich war dies seit ihrer Ankunft das erste Mal, dass sie dem Meer einen Besuch abstattete. Nachdem festgestanden hatte, dass Emmis Söhne das Surfen einem Familienfest vorgezogen hatten, schaute sie auch nicht mehr so düster und nervös drein, sondern schien sich sichtlich zu amüsieren und hatte sogar ihren neuen Umstandsbadeanzug angezogen. Julia und Cara fungierten als Packesel und schleppten Sonnenschirme, Kühlbox, zusätzliche Handtücher, Liegestühle und haufenweise Buddelzeug mit.
    Für Cara war es der klassische Familienstrandausflug schlechthin, fast so, als wäre man selbst wieder Kind. In einem fort buhlten Linnea und Cooper um Tante Carettas Aufmerksamkeit.
Tante Cara, guck mal! Tante Cara, kannst du das? Tante Cara, komm mal!
Zu dritt tollten sie durchs Wasser, bis Finger und Lippen blau anliefen, bauten mächtige Burgen aus Sand und sammelten Muscheln. Julia nutzte die Anwesenheit eines kostenlosen Babysitters, legte sich zusammen mit Toy und Lovie unter den Sonnenschirm und vertiefte sich in den Roman, den Cara mitgebracht hatte.
    Doch nach nur einer Stunde wurde Lovie plötzlich von einem Hustenanfall geschüttelt, was die kleine Gesellschaft aus der Ferienstimmung in die Wirklichkeit zurückholte. Lovie wehrte allerdings alle besorgten Fragen ab und erhob sich. „Entschuldigt mich, Kinder, aber das Beste wird sein, ich kehre zum Strandhaus zurück und ruhe mich vor dem Dinner ein wenig aus.“
    „Ich begleite Sie!“ Toy stemmte sich bereits aus dem Liegestuhl hoch.
    „Untersteh dich! Ich kann sehr gut allein zum Cottage gehen. Hab ich oft genug gemacht. Du setzt dich jetzt schön wieder hin und genießt die Sonne! Was willst du im Haus herumhocken, wenn ich sowieso schlafe?“
    „Ganz sicher?“
    „Aber ja! Sag Cara Bescheid, damit sie nicht nach mir sucht. Es muss ohnehin jemand im Haus sein, für den Fall, dass Palmer auftaucht!“
    Diese Möglichkeit tat Julia allerdings mit einer Handbewegung ab. „Gib dich nur keinen Illusionen hin, Mama Lovie! Wenn der so zeitig mit dem Feiern anfängt – weiß der Himmel, wann er dann hier eintrudelt!“
    Im Cottage angekommen, genoss Lovie ganz bewusst das Alleinsein. Zwar hatte sie die Familie sehr gern um sich, brauchte indes ihre Ruhephasen mehr denn je, um bei Kräften zu bleiben. In letzter Zeit betete sie auch häufig, nicht so sehr für sich selbst als vielmehr für ihre Kinder, die sie glücklich und zufrieden zurücklassen wollte, wenn sie diese Welt verließ.
    Sie trat hinaus auf die neue Veranda, deren Bau von Cara so energisch vorangetrieben worden war. Die Hand auf das in frischem Weiß erstrahlende Geländer gestützt, betrachtete sie die gerade gepflanzten Rosensträucher und Palmen. Erstaunlich, wie sich alles verändert hatte! Wenn sie sich so umblickte, war es fast, als reise sie in die Vergangenheit zurück. Noch mehr freute sie sich jedoch über die Veränderung, die sich im abgelaufenen Monat im Leben ihrer Tochter ergeben hatte.
    Bei Caras Ankunft war ihre innere Leere deutlich spürbar gewesen. Lovie hatte es an den Augen erkannt. Zwar suchte ihre Tochter nach wie vor Erfüllung und vergeudete ihre Energie mit zahllosen Aufgaben, statt sich still auf sich selbst zu besinnen, doch die Schildkröten, so hoffte Lovie insgeheim, würden ihr den Weg weisen. Sie lächelte zufrieden. Die morgendliche Strandpatrouille, das Aufspüren der Gelege im Sand, die Nachtwachen am Nest – all das würde sie auf den rechten Kurs führen.
    Palmer hingegen …
    Gedankenverloren strich sie die Tischdecke glatt und rückte die Blumenvase zurecht. Ja, Palmer … Im Grunde war sie so zeitig zum Haus zurückgekehrt, um ihren Sohn noch unter vier Augen sprechen zu können. Das, was sie ihm zu sagen hatte, würde ihm kaum gefallen. Kraftlos sank sie in ihren Schaukelstuhl und ließ den

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