Nur du weckst diese Sehnsucht
Glücksgefühl regte sich in ihr – ohne Zweifel war dies der schönste Moment ihres Lebens gewesen. Nicht einmal ihre Hochzeit hatte ihn übertreffen können, dafür war sie an ihrem großen Tag zu sehr von Zweifeln geplagt worden. Die sie allerdings als die sprichwörtlichen „kalten Füße in letzter Minute“ abgetan hatte.
„Ich habe von dem Foto schon gehört“, sagte sie.
„Und hast du auch die Kommentare gelesen?“
Kommentare? Längst bereute sie, die Idee mit der dämlichen Website im Organisationskomitee laut geäußert zu haben, denn anstatt alte Freunde im Vorfeld des Treffens wieder zusammenzuführen, nutzten es vor allem die Leute, die sich über ihre Scheidung das Maul zerreißen wollten.
„Worüber wird heute getratscht?“, wollte sie wissen.
„Wie ihr beide das mit dem Klassentreffen handhaben wollt.“
„Inwiefern?“ Sie klang irritiert.
„Dalton hat in einem Interview gesagt, dass er mit seiner Verlobten kommen wird.“
„Aber ich habe das doch mit ihm diskutiert! Er wollte nicht kommen.“
Brian runzelte die Stirn. „Sieht aus, als hätte er es sich anders überlegt.“
Memphis räusperte sich, bevor er sich einschaltete. „Das könnte ja glatt etwas unangenehm werden …“
„Ach nein?“, war Kates gereizte Reaktion.
Nachdem er ihr einen prüfenden Blick zugeworfen hatte, stand er auf, holte eine weitere Tasse aus dem Schrank und goss Kaffee hinein. „Sahne oder Zucker?“
„Einen Schuss Whisky“, antwortete sie und griff nach der Tasse. „Nein, besser zwei.“
Ein Lächeln zuckte um Memphis’ Mund. „Vielleicht bleibst du besser bei Sahne.“ Großzügig ließ er die weiße Creme in ihr Getränk fließen.
„Na gut“, seufzte Kate. „Und was schreiben die Leute?“
„Eine ganze Menge“, gab Brian zurück. „Aber im Wesentlichen geht es darum, wie du, Dalton und seine Neue euch bei dem Treffen am besten aus dem Weg geht.“
„Irgendwelche konstruktiven Vorschläge dabei?“
„Na ja, manche sind ernst gemeint, andere völlig absurd. Eine Frau schlägt vor, ihr solltet euch die beiden Abende aufteilen.“
„Klingt zivilisiert“, meinte Memphis und warf Kate einen vielsagenden Blick zu. „Genau Kates Ding.“
Kate verzog den Mund zu einem schmalen Strich, während Brian weiterlas. „Jemand anderes empfiehlt, den Saal in zwei Hälften zu teilen.“
„An deiner Stelle, Kate“, bemerkte Memphis mit gespieltem Ernst, „würde ich die Hälfte mit den Toiletten nehmen.“
„Sehr witzig.“
„Stellt sich natürlich die Frage nach dem Mindestabstand zwischen dir und deinem Ex im Allgemeinen“, gab Brian zu bedenken.
Memphis fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, ganz offensichtlich bemüht, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. „Deine Schwester und ich hatten da gestern auf der Party eine ganz ähnliche Diskussion.“ Sein Blick glühte förmlich, als er sie über die Kücheninsel hinweg ansah. Ob Kate wollte oder nicht, zog sich ihre Haut zu einer prickelnden Gänsehaut zusammen. „Allerdings ging es dabei um meine Hand und …“
„Genug jetzt“, unterbrach sie ihn und schloss den Deckel des Laptops mit einem deutlichen Klick. Wenn sich ihr Verlangen nach Memphis doch nur auch so einfach ausschalten ließe …
Nach der letzten Nacht sehnte sich ihr Körper nach mehr, auch wenn ihr Kopf überzeugt war, dass es ein Fehler gewesen war, mit Memphis zu schlafen. Der Konflikt zerrte und riss an ihr. Memphis’ Blicken nach zu urteilen, war er nur allzu bereit, jederzeit dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten, und das nächste Zimmer in Angriff zu nehmen. Wahrscheinlich hatte er die Küche im Sinn. Nur Brians Anwesenheit hielt ihn zurück.
„Brian, ich muss mal mit Memphis reden.“ Eindringlich sah sie ihren Bruder an. „Allein.“
7. KAPITEL
Kates Wir-müssen-reden-Blick gefiel Memphis gar nicht. Auf keinen Fall verhieß er etwas Gutes, auf jeden Fall aber machte er seine In-welchem-Zimmer-als-Nächstes-Fantasien zunichte.
Er folgte Kate und Brian in die Eingangshalle. Mit sanfter Entschlossenheit führte sie ihren irritiert dreinblickenden Bruder nach draußen, sagte ihm, dass sie ihn später anrufen werde, und schloss die Tür hinter ihm.
„Das war nicht sehr freundlich“, meinte Memphis mit verhaltenem Grinsen, als Kate auf ihn zukam.
„Als mein Bruder muss er das abkönnen. Er wird mir schon verzeihen.“
„Ich kann das auch ab.“ Seine Stimme wurde tiefer, sein Grinsen breiter. „Ich habe es gern, wenn du
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