Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
›Mommy‹, mach schnell und leiste uns Gesellschaft!«, hörte sie Robert rufen. »Ich habe Geburtstag, und ich will mit meiner Frau tanzen!«
»Deine Frau ist auf dem Weg«, rief Caroline. Sie hob den Kuchen hoch und ging damit zur Tür, die in den Keller führte. Die Tür war ein wenig verzogen, so dass Caroline ein- oder zweimal dagegendrücken musste, um sie zu öffnen. Als es ihr gelang, drang ein Schwall kalter Luft aus der Dunkelheit der unteren Räume mit ihren Wänden aus Erde herauf.
Am oberen Ende der steilen Kellertreppe befanden sich ein schmaler Absatz und eine Wand mit mehreren Regalen.
»Wenn du nicht hier draußen bist, ehe ich bis drei gezählt habe, komme ich zu dir rein!«, drängte Robert wieder.
Schnell schloss Caroline die Kellertür und verließ die Küche.
Im Wohnzimmer tanzte Robert mit den Kindern. Inzwischen lief »The Surfer Girl«. Als er Caroline sah, streckte er die Hand nach ihr aus und zog sie an sich. Julie und Lissa beschäftigten sich derweil mit der Frage, wer von ihnen beiden ein perfektes Rad schlagen konnte.
Justin hingegen konzentrierte sich auf das andere Ende des Flurs.
Dort stand der Hund und lehnte sein beträchtliches Gewicht gegen die Kellertür, um sie zu öffnen.
Was dann passierte, dauerte nur wenige Sekunden.
Justin trat zwischen die Tür und den Hund genau in dem
Augenblick, als die Tür nachgab. Sie öffnete sich mit einem Schwung. In die kalte Luft, die herausdrang, mischte sich der Duft der Torte.
Der Hund machte einen Satz nach vorn.
Den Bruchteil einer Sekunde später hörte man einen kleinen Körper über die Stufen poltern. Und dem Zementboden entgegenstürzen.
»Mr. Fisher …?«
Robert blickte auf und sah eine sehr junge Krankenschwester am Eingang des Wartezimmers im Krankenhaus. Sie hielt ein Klemmbrett in der Hand.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Aber ich muss noch einmal die Informationen durchgehen, die ich von Ihrer Frau bekommen habe.«
Vor knapp einer Stunde war Justin in die Notaufnahme eingeliefert worden. Caroline fuhr im Krankenwagen mit. Robert folgte, beinahe unmittelbar, im Wagen, nachdem er Mrs. Marston angerufen und sie gebeten hatte, herüberzukommen und bei den Mädchen zu bleiben. Caroline hatte sich um den gesamten Papierkram gekümmert. Dann war sie ins Untersuchungszimmer gelaufen, um an Justins Seite zu sein. Dort befand sie sich noch immer.
Die Schwester nahm gegenüber von Robert Platz. Sie bewegte sich zögernd und verlegen. »Mr. Fisher, ich muss Ihnen einige …«
»Was auch immer es ist, kann es jetzt nicht warten?« Robert bekam das Bild von Justin nicht aus dem Kopf, wie er bewegungslos auf dem Rücken lag, den Blick scheinbar auf den Treppenabsatz über ihm gerichtet - und auf den Hund, der dort wie verrückt herumsprang und bellte.
Robert hatte nicht bemerkt, wie Justin das Zimmer verlassen hatte. Er hatte den Schrei nicht gehört, den Justin ausgestoßen haben musste, ehe er auf den Betonboden aufgekommen war. Alles, woran Robert jetzt denken konnte, war, warum er so blind und taub gewesen war. Der Gedanke machte ihn krank, dass die mangelnde Verbindung zu seinem Sohn irgendwie zu diesem schrecklichen Vorfall beigetragen hatte.
Unzählige Male hatte er versucht, seine Probleme mit Justin irgendwie zu rechtfertigen. Doch es war ihm nie gelungen. An einem bestimmten Punkt hatte er beschlossen, eine Verbindung zu dem Jungen herzustellen, indem er ihn zu einem besonderen Vater-und-Sohn-Ausflug mitnehmen würde. Jedes Mal, wenn er über diese Idee sprach, hatte er die Freude bemerkt, die Caroline daran hatte - und jedes Mal, wenn seine mangelnden Gefühle für Justin ihn davon abgehalten hatten, seinen Plan in die Realität umzusetzen, sah er, wie sehr es sie verletzte.
Wieder und wieder schwor Robert ihr, dass die Dinge sich ändern würden. Er verspürte ein geradezu verzweifeltes Bedürfnis, Caroline glücklich zu machen. Sie war die Landkarte, nach der Robert sein Leben ausrichtete.
Von dem Moment an, als er sie zum ersten Mal in seinen Armen hielt, hatten Staunen, Besessenheit und Angst von ihm Besitz ergriffen. Und nach all den Jahren ihrer Ehe hatte sich daran nichts geändert: er war besessen davon, sie zu halten, und hatte Angst, dass ihre Liebe zu ihm etwas war, das sich einfach in Luft auflösen konnte, sobald jemand mit der Art von Stil und Selbstvertrauen auftauchte, die er selbst niemals besitzen würde.
Obwohl Justin derjenige war, der auf den Betonboden gefallen war, hatte Roberts
Weitere Kostenlose Bücher