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Nur ein Augenblick des Gluecks Roman

Titel: Nur ein Augenblick des Gluecks Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dianne Dixon
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Aufmerksamkeit in jenem Moment
Caroline gegolten. Er dachte an ein Abendessen zu Thanksgiving vor vier Jahren und erinnerte sich, wie sie damals gestrahlt hatte.
    Er hatte während dieses rituellen Familientreffens nicht wissen können, dass Caroline weniger als einen Monat später eine riesige Veränderung in sein Leben bringen würde; etwas, das ihn fassungslos und mit einem brennenden Gefühl des Betrogenseins zurücklassen würde.
    Während sie alle zusammen saßen und zusahen, wie Roberts Vater den Truthahn tranchierte, lachte und scherzte Caroline mit Roberts Bruder Tom. Bernsteinfarbenes Licht fiel durch die Fenster auf der anderen Seite des Zimmers und verlieh allen eine strahlende und tugendhafte Aura.
    Es war eine wunderschöne Szene, doch Robert war zu unruhig, um an ihr teilzuhaben. Leise schob er seinen Stuhl zurück und verließ den Tisch. Er wäre jetzt lieber anderswo gewesen. Er hatte das Leben im Haus an der Lima Street satt. Er war buchstäblich in dem Haus geboren worden - hatte sich aus dem Mutterleib ins Leben hinausgewunden, während seine Mutter auf dem Küchenfußboden lag und nur von einer jungen Nachbarin namens Mary Marston unterstützt wurde.
    Schon an jenem Tag seiner Geburt, so schien es Robert, hatte das Haus Ansprüche auf ihn erhoben und ihn als seinen Gefangenen auserkoren. Er tat sein Bestes, ihm zu entkommen, doch es war ihm nicht gelungen.
    In seiner Zeit als Teenager hatte er immer wieder Reisen unternommen, die ihn weg von der Lima Street geführt hatten. Zu den Stränden in Südkalifornien. Nach Huntington, Trancas und zum Rincon. Er hatte von einem Leben geträumt, in dem er selbst Surfbretter nach Maß und auf Bestellung herstellen würde. Von einer Existenz, die ihn niemals
zwingen würde, eine Krawatte oder eine Aktentasche zu tragen oder hübsche gedruckte Visitenkarten zu besitzen. In seinen frühen Zwanzigern allerdings hatte das Haus abrupt wieder seinen Anspruch auf ihn erhoben, und Robert war mit Caroline an seiner Seite in die Lima Street zurückgekehrt. Er hatte sich eine Krawatte umgebunden, eine Aktentasche unter den Arm geklemmt - und in seiner Jackentasche das Gewicht der frisch gedruckten Visitenkarten gespürt, die seinen Namen trugen.
    Als Robert in die Küche trat, rief Caroline aus dem Wohnzimmer nach ihm: »Ich habe gerade allen erzählt, dass du in diesem Jahr die Größe der Agentur verdoppelt hast.«
    Er griff nach der Flasche Scotch im Schränkchen über dem Kühlschrank und hörte seinen Bruder rufen: »Hey, Glückwunsch, Mann!«
    »Ja«, rief Robert zurück. »Geboren, um Versicherungen zu verkaufen. Das bin ich.« Er schüttete sich einen Drink ein, und binnen Sekunden stand seine Mutter im Raum und schenkte ihm ein feines, gezwungenes Lächeln.
    Ihre Stimme klang zittrig vor selbstauferlegter Zurückhaltung: »Wenn es mir bloß gelänge, mich nicht so furchtbar aufzuregen, sobald ich einen Mann, den ich liebe, mit Alkohol in der Hand antreffe.«
    Wieder lächelte sie, diesmal mit einem koketten Funkeln in den Augen. »Ich sollte versuchen, ein tapfereres Mädchen zu sein, stimmt’s? Weniger empfindlich, mehr wie Caroline. Aber ich kann nichts daran ändern.« Sie nahm Robert das Glas aus der Hand und schüttete den Scotch ins Spülbecken.
    Robert wusste, was nun kommen würde. Er hörte es sich seit 30 Jahren an.
    »Als ich ein kleines Mädchen war«, begann seine Mutter, »fand ich es so furchtbar, hier hereinzukommen und zu
sehen, dass mein Vater trank. Denn weißt du, nur wenn er trank, war er gemein zu meiner Mutter und mir. Nur dann.«
    Sie hielt inne und setzte wieder ihr »Niedliches-Mädchen-Lächeln« auf. »Wenn er nicht trank, war er sehr liebenswürdig. Ich sehe die gleiche Liebenswürdigkeit in dir, Robert. Auch wenn sie inzwischen natürlich überwiegend auf Caroline gerichtet ist. Aber ich habe sie schon in dem Moment gesehen, als du geboren wurdest. Schon damals wusste ich, dass du immer Gottes kostbarstes Geschenk für mich sein würdest.«
    Sie streckte ihm die Arme entgegen, und er wusste, dass er ein weiteres Mal zum Gefangenen ihres behutsamen Despotismus werden würde. Und das verübelte er ihr im tiefsten Inneren.
    Sein Groll hatte begonnen, als die Aufnahmebestätigung von der Universität gekommen war, die ganz oben auf seiner Wunschliste stand und die auch sein Bruder Tom besuchte, die Universität von Hawaii. Seine Mutter hatte am Küchentisch gesessen. »Oh«, hatte sie gesagt. »Hawaii. Dann wirst du so weit weg sein.

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