Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
an der Seite ihres Mannes zusammen.
»Was ist los mit Mommy und Grandma?«, flüsterte Lissa.
Julie blickte auf Justins Sarg. Er war silbrig, klein, und es lag ein Strauß roter Nelken darauf. »Es ist, weil Justin tot ist«, erklärte sie. »Und jetzt muss er in dieser Kiste liegen und für immer im Boden bleiben und kann nie mehr mit uns nach Hause kommen.«
Lissa ergriff Julies Hand und drückte sie so fest, dass es weh tat. »Das ist eine Lüge!«, schrie sie. »Justin ist jetzt ein Engel, und Engel bleiben nicht im Boden liegen, sondern kommen in den Himmel und leben ewig weiter.«
Lissa warf Julie einen scharfen Blick zu. »Sag es. Justin ist nicht tot. Er lebt und ist ein Engel. Sag es!«
»Justin ist ein Engel«, erwiderte Julie.
»Engel sind genau wie Menschen.« Lissa weinte jetzt. »Sie brauchen ihre Familien, die sie lieb haben. Also werden wir Justin nie vergessen.Wir werden ihn immer lieb haben.«
»Wir werden ihn immer lieb haben«, flüsterte Julie. »Versprochen.«
Dann sprach der unbeteiligt wirkende Geistliche auf der anderen Seite des offenen Grabes das Vaterunser, schlug ein Kreuzzeichen und überantwortete Justins Seele an Gott.
Robert hob Caroline in seine Arme und trug sie zurück zum Wagen. Seine Mutter folgte ihnen. Sein Vater hob eine Nelke auf, die von Justins Sarg gefallen war. Keiner der Erwachsenen beachtete Julie, die Lissa folgte. Lissa trat geradewegs auf den Geistlichen zu.
»Das hier habe ich für meinen Bruder mitgebracht, damit er einen Freund hat.« Lissa zog einen kleinen Frosch aus der Tasche. »Wenn Justin in den Himmel kommt, können Sie Gott dann bitten, ihm den Frosch zu geben?«
Dann wandten sich die Mädchen um und liefen an der Grabstelle vorbei; sie hielten den Blick nach oben gerichtet, um nicht in die Dunkelheit von Justins offenem Grab schauen zu müssen. Die Beerdigung war vorüber.
Inzwischen waren Caroline, Robert und die Mädchen zurück in der Lima Street. Immer noch im Mantel, war Caroline nach oben ins Badezimmer gegangen. Sie stand neben dem Waschbecken und hielt ein Glas unter den geöffneten Hahn. Das Wasser lief außen am Glas herunter. Die Manschette ihres Mantelärmels war durchnässt; die Wolle hing schwer und kalt von ihrem Handgelenk.
Im Bad roch es nach Roberts Rasiercreme und nach der Haferschrotseife, die Lissa und Julie benutzt hatten, als sie früh am Morgen gebadet hatten. An einer Reihe gelber Porzellanhaken baumelten feuchte, unordentlich aufgehängte Handtücher. Caroline hob ihre freie Hand, um sie gerade zu hängen. Doch ihre Bewegung erstarb, als sie ein lautes, splitterndes Geräusch hörte. Sie hatte das überlaufende Glas aus der anderen Hand gleiten und ins Becken fallen lassen. Das Klirren schien einen Moment lang nachzuhallen, ehe die Stille zurückkehrte und Caroline ein Röllchen mit Valium aus dem Medizinschränkchen nahm und das Bad verließ.
Die Luft im Schlafzimmer war überhitzt und abgestanden, doch Caroline schien sich nicht erinnern zu können, wie man das Fenster öffnete. Sie ließ sich auf das ungemachte Bett fallen und blieb bäuchlings liegen.
In der Stickerei an der Kante der Decke hatten sich mehre von Roberts Haaren verfangen.Von ihrem Anblick wurde ihr schwindlig und übel. Sie rollte sich zur anderen Seite, schüttete mehrere Tabletten aus dem Glas und schluckte
sie trocken herunter. Dann fiel ihr Blick auf die geöffnete Schranktür.
Auf dem Boden vor der Rückwand bemerkte sie einen rundlichen Umriss zwischen den Schatten. Noch ehe sie vom Bett aufstand, lange bevor sie in den Schrank griff und ihre Hand darum schloss, wusste sie, was es war. Es war Bunny, Justins Lieblingsstofftier.
An dem Morgen, als Robert ihn fortgebracht hatte, hatte Justin mit den Mädchen Verstecken gespielt. Der Schrank war sein Lieblingsversteck. Genau dort hatte Robert ihn gefunden und aus dem Haus getragen, damit das vermeintliche erste Vater-Sohn-Abenteuer beginnen konnte.
Roberts Wut über Carolines Untreue war in den Tagen nach Justins Sturz außer Kontrolle geraten. Dann, ganz plötzlich - wie durch eine übermächtige Willensanstrengung -, war Robert zur Ruhe gekommen und hatte sich Caroline gegenüber voller Sorge gezeigt. Er hatte erklärt, dass er ihre Ehe nicht in die Brüche gehen lassen und dass er in Zukunft endlich Zeit zusammen mit Justin verbringen wolle. Er würde mit ihm Zelten fahren. Carolines Glücksgefühl war unbeschreiblich gewesen.
Sie hatte Tage damit verbracht,Vorräte und
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