Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
Mühe gab, liebenswürdig zu sein. Doch die Worte hatten Caroline verletzt wie die rotierenden Klingen einer Kettensäge.Verwirrt schaute sie Julie ins Gesicht. »Wie kann dir dieses Haus gleichgültig sein? Es ist der Ort, an dem du geboren wurdest … wo du aufgewachsen bist.«
»Und es war ein schöner Ort zum Aufwachsen. Aber darum geht es doch: Man ist ein Kind und wird erwachsen. Man wird älter. Man entwickelt sich weiter.«
Caroline begriff immer noch nicht, was Julie ihr sagen wollte. »Entwickelt sich weiter wohin?«, fragte sie. »Du bist beinahe 40. Du solltest langsam daran denken, sesshaft zu werden.«
Julie reagierte explosiv. »Jetzt lass es gut sein!« Sie sah den irritierten Ausdruck in Carolines Augen und senkte ihre Stimme. »Mom, ich brauche kein Haus. Ich habe eine Eigentumswohnung. Ich bin PR-Chefin eines großen Filmstudios. Ich habe ein verdammt großartiges Leben, das ich liebe. Ich habe überhaupt kein Interesse daran, zu heiraten und sesshaft zu werden. Ich bin nicht du. Ich bin nicht Lissa.
Ich werde mich niemals nach einem Garten für die Kinder sehnen oder nach viel Platz für ihre alten abgeliebten Teddybären und Fingerfarben-Bilder und Briefe von der Zahnfee. So ein Leben würde mich scheißverrückt machen.« Bevor Caroline etwas erwidern konnte, fügte Julie hinzu: »Tut mir leid. Ich würde einfach durchdrehen, o.k.?«
»Was ist mit deiner Absicherung?«, fragte Caroline. »Wenn du nicht heiraten willst, was ist mit deiner Absicherung? Für später, wenn du älter bist?«
»Ich kann selbst für mich sorgen. Ist dir der Gedanke noch nie gekommen?« Julie griff wieder nach ihrer Tasche. Es war nicht zu übersehen, dass sie ungeduldig war; sie wollte gehen. »Und jetzt möchte ich die ganze Diskussion bitte für eine Weile ruhen lassen.Wir müssen heute Abend nicht über die Zukunft des Hauses entscheiden.«
»Doch das müssen wir! Wir müssen es jetzt klären.« In Carolines Aussage lag eine Entschlossenheit, die keinen Widerspruch duldete. Das Haus in der Lima Street war der kostbarste Besitz, über den sie je verfügt hatte. Es war ihr Zuhause. Das Zuhause, das zu finden und ihren Kindern zu bieten die wichtigste Antriebskraft in ihrem Leben gewesen war. Es war ihr Triumph und ihr Vermächtnis. Sie hatte darum gekämpft und Opfer dafür gebracht. Und es bedeutete ihr unendlich viel, zu wissen, dass es am Ende eine Bedeutung haben würde. »Wenn du das Haus nicht nimmst«, sagte sie. »Was soll dann daraus werden?«
»Wahrscheinlich würden Lissa und ich es verkaufen. Wenn du und Dad nicht mehr da seid.«
»Und was ist mit den Erinnerungen, die an diesem Haus hängen?«
Julie zuckte die Achseln. »Die Erinnerungen haben wir doch trotzdem.«
Caroline fühlte sich angesichts Julies lockerer Einstellung regelrecht betäubt.
Sie stand auf, ging zur Küchentür und schaute hinaus in den dunklen Garten. Zuerst erkannte sie nichts. Dann sah sie in der Zeit, die ein Herzschlag benötigt - in den Schatten schimmernd -, die Jahreszeiten ihres Lebens. Sie sah Robert mit 22, an einem Sommertag, wie er an einem frisch geshapten Surfbrett arbeitete. Er drehte sich zum Haus um, zu ihr, die hier an der Hintertür stand. Er strahlte vor Glück. Sie sah sich selbst in einer Mondnacht in einem Oktober Jahre später allein im feuchten, frisch gemähten Gras sitzen und darüber nachdenken, wie das perfekt geschnittene cremefarbene Kleid, das ganz hinten in ihrem Schrank hing, aussehen würde, wenn sie damit die Lobby eines eleganten Hotels beträte. Sie sah alle drei Kinder, im Frühling, wie sie an der offenen Tür vorbeiliefen, umgeben von einer Wolke sanft treibender, in den Farben des Regenbogens schillernder Seifenblasen - Justin auf seinen wackligen Kleinkindbeinen, seine Schwestern im Schlepptau. Sie sah Barton, in einer Zeit, als Justin schon nicht mehr da war, wie er mit Robert und den Mädchen Fangen spielte; und sie hörte Julie sagen: »Mommy spielt überhaupt nicht mehr mit uns.« Sie sah den Garten, leer, und so wie Mitch ihn gesehen haben musste, als er oben neben ihrem Bett saß und darauf wartete, dass sie aufwachte und zurück in ihr Leben fand. Und wieder sah sie Barton. In einer Zeit, als die Mädchen schon erwachsen waren. Er trug Priesterkleidung und traute Lissa und Harrison. Caroline bedankte sich bei ihm, dass er den ganzen Weg von NewYork gekommen war, um die Trauung zu vollziehen, und er entgegnete sanft: »Caroline, wie hätte ich denn nicht kommen können? Ich
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