Nur ein Blick von dir
weiß, aber ich will unseren Abend nun wirklich nicht kaputtmachen, nur weil ich mich in Keifereien verwickeln lasse. Denn das passiert dann, und das weißt du auch.«
Grace schob die Lippen vor und dachte nach. »Das verstehe ich, aber du musst trotzdem etwas gegen Rob unternehmen. Und zwar bald.« Sie sah sich im Pub um. »Wo ist denn Josh hin? Bist du sicher, dass er herkommen wollte?«
»Ja, schau, da drüben sitzt er doch.« In der entgegengesetzten Ecke der Kneipe gab es einen etwas abgesonderten Bereich, wo Josh alleine saß und gerade den Rest von seinem Bier trank. »Komm, wir gehen hin und gucken mal, was los ist.«
Als wir uns durch den Raum bis fast zu ihm durchgeschlängelt hatten, blickte er erst auf seine Uhr und dann in Richtung Damentoilette. Auf dem Tisch stand ein weiteres Glas, das noch halbvoll war. »Oh je«, meinte ich lächelnd, als wir bei ihm waren. »Stören wir jetzt doch? Aber du hast doch gesagt, wir sollen rüberkommen.«
»Es ist alles irgendwie komisch. Ihr könnt euch ruhig setzen. Ich glaube, sie ist sowieso gegangen.«
»Cliona? Ohne sich zu verabschieden?«
»Ja, also, das ist es ja. Sie war nicht Cliona. Würdest du mir jetzt endlich sagen, was da läuft?«
Mir sträubten sich die Nackenhaare. »Was meinst du damit? Was hat das mit mir zu tun?«
»Das musst DU mir erzählen. Sie hat gesagt, es wäre ein Scherz, den du verstehen würdest. Hast du mich mit einer deiner Freundinnen verkuppeln wollen, um deinen Spaß zu haben?«
»Was? Natürlich nicht! Das würde ich niemals machen, nicht einmal bei dir. Wer war es denn, wenn es nicht Cliona war?«
»Ich hab keine Ahnung, aber sie war echt schräg, wahrscheinlich zu schräg, um eine von deinen Freundinnen zu sein. Weißt du, ich fühlte mich schon ganz schön geschmeichelt. Sie ist absolut umwerfend, und sie hat sich ganz schön Mühe gemacht, um das alles auf die Beine zu stellen, aber nach einer Weile ist es dann ein wenig zu unheimlich geworden. Ich meine, auch eine umwerfende Stalkerin ist trotzdem immer noch eine Stalkerin.«
Es war gar nicht so einfach, ganz ruhig zu bleiben. »Also komm schon, Beschreibung? Wie sah sie aus?«
»Mittelgroß, langes dunkelblondes Haar, erstaunlich grüne Augen. Solche Augen hab ich noch nie gesehen. Wahrscheinlich hat sie irgendwelche verrückten Kontaktlinsen getragen. Und sie war sexy.«
Ich spürte, wie mir alles Blut aus dem Gesicht wich. »Wo ist sie jetzt? Wann ist sie gegangen?«
»Vor rund fünf Minuten – eigentlich gleich nachdem ihr reingekommen seid – ist sie aufs Klo gegangen. Entweder ist da eine sehr lange Schlange, oder sie hat euch gesehen und ist abgehauen.«
Während er sprach, hatte ich mich in der Kneipe umgesehen, doch da war niemand zu sehen, auf den seine Beschreibung passte. »Ihr beiden wartet hier einen Moment. Ich schau nur mal schnell auf dem Klo nach.« Ich stand ein bisschen zu schnell auf, und mein Stuhl knallte scheppernd auf den Boden, was mich zusammenzucken und die Gespräche um uns herum verstummen ließ. Ich stellte ihn wieder hin und bewegte mich schnell in Richtung Damenklo. Was sollte ich sagen, wenn es tatsächlich Catherine war? Um was in aller Welt ging es hier überhaupt?
Als ich zur Toilettentür kam, stürmte gerade eine große Schar lachender Mädchen heraus. Catherine war nicht dabei. Ich holte tief Luft und ging mit flatterndem Herzen hinein. Der Raum war leer. Ich schaute in jede Kabine, aber da versteckte sich niemand. Fast schon enttäuscht, ging ich zurück zum Flur und wollte wieder in die Kneipe, als ich einen unerwarteten Luftzug spürte. Am anderen Ende des Gangs stand der Notausgang offen. Leise schlich ich darauf zu und streckte vorsichtig den Kopf aus der Tür, um nach draußen zu sehen, doch in der Gasse war es sehr dunkel. Um mehr sehen zu können, ging ich nach draußen, aber auch da war niemand. Seufzend drehte ich mich um und wollte wieder zu den beiden anderen gehen, als plötzlich eine Stimme wie ein Messer durch die Dunkelheit schnitt.
»So, das ist also dein Leben«, höhnte sie. »Echt, ganz schön erbärmlich.«
Ich wirbelte herum. Catherine tauchte aus der Dunkelheit auf. Sie lächelte, aber das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. Mit ihren langen Haaren, die ihr in Strähnen über die Schultern fielen, und den in die schmalen Hüften gestemmten Fäusten sah sie in natura sogar noch atemberaubender aus als im Spiegel. Doch noch viel verblüffender war, dass sie tatsächlich hier stand, dass sie
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