Nur ein Blick von dir
immer zu den unmöglichsten Zeiten. Was er jetzt wohl wieder wollte? Am Freitagabend um . . . sie schaute auf die Uhr . . . zehn? Sie musste doch schon eingeschlafen gewesen sein, denn die letzte Uhrzeit, an die sie sich erinnerte, war so was gegen acht.
Ächzend erhob sie sich vom Sofa. »Moment, Peter!«, rief sie zur Tür. »Ich komme schon!«
Ein großer Blumenstrauß verdeckte ihr die Sicht, als sie die Tür öffnete. Sie lachte. »Peter! Was ist denn jetzt wieder los?«
Die Blumen senkten sich. »Wer ist Peter?«, fragte eine erotisch tiefe Stimme.
Silke schluckte. »Marina«, brachte sie gerade so hervor.
»Soll ich wieder gehen?«, fragte Marina. »Sonst ist Peter vielleicht böse, wenn er mich hier vorfindet.« Der Schalk blitzte in ihren Augen. Sie meinte es offensichtlich nicht ernst.
»Peter ist mein Nachbar«, erklärte Silke und wies auf die Tür, die ihrer Wohnungstür gegenüber lag. »Er wohnt da drüben. Ich dachte, er braucht ein Ei oder so was.«
»Hättest du denn welche dagehabt?«, fragte Marina. »Eier, meine ich.«
»Ja.« Silke nickte verstört. Die überraschende Begegnung mit Marina brachte ihr Herz dazu, unregelmäßig zu schlagen. »Ich habe gestern eingekauft.«
»Na, dann kann er ja kommen«, sagte Marina. Ihre Mundwinkel zuckten. »Darf ich vielleicht auch . . .?« Sie wies mit dem Kopf hinter Silke in die Wohnung.
»Sicher. Komm rein.« Silke trat zur Seite.
Marina machte nur einen Schritt und reichte Silke dann die Blumen. »Die sind für dich«, sagte sie.
Silke runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob ich noch so eine große Vase habe. In der einen stehen ja schon deine Blumen von gestern.«
»Ich werde das nächste Mal daran denken, eine Vase mitzubringen.« Marina lächelte.
Silke sah, dass Marinas Augen mitlächelten, sie strahlten Silke mit einem blaugraugrünen Schimmer, bei dem die Farbe ständig wechselte, an, so dass Silke nicht sagen konnte, was die wirkliche Augenfarbe war. Wie glitzernde Edelsteine, die abhängig von den Lichtverhältnissen immer anders aussahen. Wunderschöne Augen und ein Blick, der Silke bis ins tiefste Innere drang.
Ihre Knie wurden weich. »Ich werde sie in die Spüle legen«, sagte sie. »Da halten sie sich auf jeden Fall bis morgen.« Sie ging in die Küche.
Dort stützte sie sich schweratmend auf der Spüle ab, nachdem sie die Blumen hineingelegt und ihnen etwas Wasser gegönnt hatte. Ihre Knie zitterten, ihr Herz schlug schnell, ihr Blick verschleierte sich, als stände sie kurz vor einem Kollaps. Sie hat mich noch nicht einmal angefasst. Das kann doch nicht wahr sein!
»Kann ich dir helfen?« Marina stand in der Tür und blickte sie besorgt an. »Bist du krank?«
»Nein.« Silke schloss kurz die Augen und atmete tief durch. »Nein, ich bin nicht krank.« Sie schaute Marina an. »Danke für die Blumen. Ich glaube, ich habe mich noch nicht einmal für die von gestern bedankt.«
»Das musst du nicht.« Marina trat auf sie zu und lächelte erneut. »Aber wenn du dich bedanken willst, wüsste ich da schon was.« Sie legte eine Hand an Silkes Wange und schaute auf sie hinunter. Dann beugte sie sich zu ihr und hauchte einen zarten Kuss auf ihre Lippen.
Silke lächelte leicht. »Das war ja höchstens für ein Blütenblatt.«
»Wenn du meinst«, schmunzelte Marina. »Was bekomme ich denn für eine ganze Blüte?«
Silke betrachtete Marinas Gesicht, dann legte sie ihr die Arme um den Hals und küsste sie zärtlich. »Das«, sagte sie.
»Hmm«, machte Marina. »Ich wusste gar nicht, dass es solche süßen Blüten gibt.«
Silke trat zurück. Sie hatte das Gefühl, sie müsste sich dringend erholen. Marinas Gegenwart machte sie ganz schwach, und eigentlich hatte sie ihr sagen wollen, dass das hier eine Übergangslösung war, so wie sie es Yvonne gesagt hatte. Und sie hatte es genauso gemeint.
Wenn Marina hier einfach so auftauchte, war ihr das vielleicht nicht so ganz klar. Vielleicht hatte sie ja darüber nachgedacht, dass sie mehr von Silke wollte.
Silke räusperte sich. »Magst du ein Glas Wein?«
»Gern.« Marina nickte, ließ Silke dabei aber nicht aus den Augen.
Silke nahm ein Glas aus dem Schrank und wies zur Tür. »Ich sitze im Wohnzimmer. Die Flasche steht schon dort.«
»Dann hoffe ich, dass es Rotwein ist«, lachte Marina. »Weißwein ist bei Zimmertemperatur ungenießbar.«
»Es ist Rotwein«, bestätigte Silke, ging schnell an Marina vorbei und ins Zimmer. Dort goss sie Wein für Marina ein und setzte
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