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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Wall
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neununddreißig Grad. Kein Wunder, dass sie das Gefühl hatte, ihr Blut kochte.
    Leider gab ihr Medizinschränkchen nicht viel her. Sie war selten krank, und wenn, dann waren es höchstens Kopfschmerzen. Vielleicht hatte Peter ja was. Er war ein ziemlicher Hypochonder. Sie wollte ihn anrufen, aber dann fiel ihr ein, dass sie ja gar nicht sprechen konnte, jedenfalls wohl nicht verständlich. Also zog sie einen Bademantel über und wankte an der Wand entlang zur Tür. Sie schaffte es kaum, den Flur zu Peters Wohnungstür zu überqueren. Aber als sie klingelte, machte niemand auf. Sie versuchte es noch einmal, aber keine Reaktion. Peter war wohl wegen seiner neuen Geschäftsidee unterwegs.
    Mühsam begab sie sich in ihre Wohnung zurück und fiel auf die Couch. Sie hatte das Gefühl, sie könnte nie wieder aufstehen.
    Aber sie musste. Und sie musste sich krankmelden. Reden war nicht, also schrieb sie Yvonne eine SMS, dass sie ihrem Chef Bescheid sagen sollte. Danach schaltete sie das Handy ab. Es hatte ja sowieso keinen Sinn.
    So schlecht es ihr auch ging, sie musste sich zu irgendetwas aufrappeln. Sie hatte starke Zweifel, ob sie Tabletten schlucken konnte, aber vielleicht Zäpfchen . . . Sie verzog angewidert das Gesicht, aber was sein musste, musste sein.
    Sie bewegte sich wie in Zeitlupe zum Wasserkocher und schaltete ihn an. Ein Tee würde ihren rauen Hals vielleicht etwas besänftigen. Aber sie hatte keine Wahl. Sie musste zur Apotheke.
    Es dauerte alles unheimlich lange, aber endlich hatte sie es geschafft, sich anzuziehen und das Haus zu verlassen. Glücklicherweise war die nächste Apotheke nicht weit, nur zwei Querstraßen. Aber heute kam ihr das wie eine Himalayabesteigung vor.
    Als die Apothekerin sie sah, wusste sie schon Bescheid. »Halsschmerzen?«, fragte sie. »Kopfschmerzen? Fieber?«
    »Ja«, krächzte Silke, und es tat rasend weh.
    »Können Sie Tabletten schlucken?«
    Silke schüttelte nur den Kopf, was ihr vorkam, als würde ihn jemand an die Wand schlagen.
    »Also Zäpfchen.« Die Apothekerin griff in ein Regal und legte eine Schachtel vor Silke hin. »Eins alle zwei Stunden. Aber Autofahren oder so etwas können Sie damit nicht. Das wäre gefährlich.«
    Keine Angst, dachte Silke. Heute fahre ich bestimmt kein Formel-1-Rennen mehr. »Danke«, brachte sie mühsam hervor. Ihre Stimme war kaum als solche zu bezeichnen. Sie klang eher wie ein Reibeisen.
    Sie bezahlte die Zäpfchen und steckte sie in ihre Tasche. Jetzt noch mal den Himalaya zurück. Und dann würde sie ihre Wohnung nicht mehr verlassen.
    »Hallo Silke.«
    Die Stimme kam ihr irgendwie bekannt vor, aber durch das Rauschen in ihren Ohren klang sie fast wie verzerrter Radioempfang. Sie versuchte sich umzudrehen, aber das ging alles nur sehr langsam.
    »Du siehst blass aus. Geht’s dir nicht gut?«
    Ja klar. Ich wanke hier in der Apotheke rum wie ein Zombie, weil’s mir so gut geht. Sie wies mit einem Finger auf ihren Kehlkopf und schüttelte dann den Kopf.
    »So schlimm?« Marina sah richtig anteilnehmend aus.
    Das hat sie nötig. Aber Silke fühlte sich zu schwach, um Marina selbst in Gedanken Vorwürfe zu machen. »Muss nach Hause«, krächzte sie unverständlich.
    Marina runzelte die Stirn, aber dann schien sie zu verstehen. »Soll ich dich nach Hause bringen?«
    Nein, bloß das nicht! Das hat mir gerade noch gefehlt! Silke schüttelte wieder den Kopf. »Geht schon.« Aber auch das war mehr ein kratzendes Geräusch als klar ausgesprochene Worte.
    »Du bist weiß wie die Wand«, sagte Marina.
    Und kaum hatte sie das gesagt, fiel Silke um.
    Als sie erwachte, lag sie in ihrem Bett, ohne zu wissen, wie sie da hingekommen war. Sie trug immer noch ihren Jogginganzug, mit dem sie in die Apotheke gegangen war, aber keine Schuhe. Und sie lag unter der Decke und schwitzte.
    Mühsam schob sie die Decke von sich.
    »Besser nicht«, sagte Marinas Stimme. Sie kam ins Schlafzimmer und stellte einen dampfenden Becher auf Silkes Nachttisch. »Wenn du den Tee trinken kannst, trink ihn.« Sie wies auf den Becher.
    »Was –?« Silke merkte, dass niemand verstehen konnte, was sie sagte. Sie versuchte etwas im Bett hochzurutschen und griff nach dem Becher. Vorsichtig nahm sie einen Schluck und verbrannte sich fast. Sie zuckte zurück und verzog das Gesicht.
    »Heiß«, bemerkte Marina etwas schmunzelnd.
    Was du nicht sagst. Silke starrte Marina nur an.
    »Oh, ich werde dich nicht länger belästigen«, erklärte Marina sofort. »Ich habe dich nur

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