Nur ein Blick von dir
grinste. »Ich probiere gerade ein neues Gericht aus, und ich brauche noch ein Versuchskaninchen. Aber wenn du zu müde bist . . .«
Von selbst hätte Silke wahrscheinlich nicht an Essen gedacht, aber da Peter es nun erwähnte, merkte sie, dass ihr Magen ziemlich leer war. Schon am Wochenende hatte sie keinen Appetit gehabt, und heute hatte sie außer ein paar Bissen beim Mittagessen mit Yvonne auch noch nichts gegessen. »Das ist natürlich ein verführerisches Angebot«, erwiderte sie etwas müde lächelnd. »Zumal ich weiß, wie gut du kochst.«
»Und?« Peter sah aus wie ein neugieriger Vogel. Er streckte etwas den Hals vor und blickte Silke erwartungsvoll an.
»Eigentlich . . .«, setzte Silke an, aber Peters bittender Blick ließ sie gleich wieder verstummen. Warum nicht? dachte sie. Schaden kann es nicht. »Also gut«, sagte sie. »Lass mich nur etwas Bequemeres anziehen.«
Peter strahlte über das ganze Gesicht. »Es ist schon fast alles fertig. Dauert nur noch zehn Minuten«, erklärte er. »Also lass dir nicht zu lange Zeit mit dem Umziehen.«
Silke nickte und ging in ihre Wohnung. Sie bereute es schon, Peter zugesagt zu haben, aber andererseits war es vielleicht ganz gut, wenn sie endlich etwas aß. Ihre Müdigkeit drückte sie jedoch fast zu Boden.
Sie zog ihr Kostüm und die Schuhe aus und einen Jogginganzug an. Es war ja nur Peter. Für ihn musste sie sich nicht feinmachen. Sie waren schon lange Nachbarn und verstanden sich gut. Heimlich hatte sie die Vermutung, dass Peter schwul war, denn er brachte nie eine Frau mit nach Hause, aber sie hatte ihn noch nie gefragt. Er sagte auch nichts, obwohl er wusste, dass bei Silke fast ausschließlich Frauen ein und aus gingen und warum. Silke machte kein Geheimnis daraus.
Aber sie wollte nicht in ihn dringen, wenn er das Thema nicht von selbst ansprach. Sie schlüpfte in ein paar bequeme Hausschuhe, steckte den Schlüssel in die Jackentasche und ging zu Peter hinüber.
Die Tür war nur angelehnt. Silke stieß sie auf, und sofort wehte ihr ein köstlicher Geruch entgegen. Sie schloss die Tür hinter sich und ging in die Küche. »Was gibt es denn Leckeres?«
Wie immer in letzter Zeit, wenn Peter sie um ihre Dienste als Versuchskaninchen gebeten hatte, war der Tisch ansprechend gedeckt. Sich einfach an den ungedeckten Tisch zu setzen, ohne Tischdecke, schönes Besteck und schöne Teller, ging Peter gegen den Strich. Er hielt auf Stil.
»Setz dich«, forderte Peter sie auf. »Du kannst ja vielleicht schon mal den Wein einschenken.«
Silke nickte und tat, wie ihr geheißen.
Peter richtete das Essen dekorativ auf den Tellern an und stellte dann einen davon mit einer leichten Verbeugung vor Silke hin. »Lass es dir munden.«
»Es riecht phantastisch.« Silke lächelte. »Und sieht noch besser aus. Du bist wirklich ein Künstler, Peter.« Sie wusste, dass Peter malte und so ein Kompliment immer gern hörte.
»Och.« Peter zuckte bescheiden die Schultern. »Man tut halt, was man kann.« Er setzte sich ihr gegenüber und hob sein Glas. »Zum Wohl.«
Silke prostete ihm ebenfalls zu, stellte das Glas dann aber erst einmal wieder ab. »Ich habe den ganzen Tag so gut wie nichts gegessen. Ich glaube, ich fange lieber mit dem Essen als mit Alkohol an.«
»Du musst den Wein unbedingt probieren«, sagte Peter. »Ich habe ihn extra passend zum Essen ausgesucht, und das Auswählen hat eine Weile gedauert.«
»Ich werde ihn bestimmt nicht vergessen«, versicherte Silke ihm lächelnd. Sie schnitt ein kleines Stück des butterzarten Fleisches ab und probierte. »Hmm, Peter, das ist großartig.« Sie hatte schon oft erlebt, wie gut Peter kochen konnte, aber es begeisterte sie immer wieder. Ihre eigenen Kochkünste kamen daran bei weitem nicht heran, obwohl sie sich einbildete, gar nicht so schlecht zu sein.
»Chateaubriand à la Peter«, grinste ihr Gegenüber. »Ich habe es etwas variiert. Das Gemüse ist zwar wie üblich zart in Butter gedünstet, aber statt Pommes Frites gibt es Kartoffelgratin.«
»Wundervoll«, sagte Silke, die sowohl eine ausnehmend zarte Möhre als auch eine halbe Gabel Kartoffelgratin während Peters Erklärung probiert hatte. »Du kochst einfach sagenhaft. Du solltest das beruflich machen.« Sie lachte.
Peter zögerte. »Eigentlich ist das mein Beruf«, sagte er dann.
Silke legte ihre Gabel überrascht auf den Teller zurück. »Was? Ich denke, du bist Maler?«
»Auch«, sagte Peter, »aber nach der Schule habe ich Koch gelernt und
Weitere Kostenlose Bücher