Nur ein Blick von dir
Frauen, die dir die Tür einschlagen wollen.«
»So ein Quatsch.« Silke starrte sie ärgerlich an. »Sie hat mich ja nicht bedroht, sie wollte nur –«
»Sie wollte nur mit aller Gewalt mit dem Kopf durch die Wand – oder in diesem Fall durch die Tür«, sagte Yvonne. »Das entscheidende Wort dabei ist Gewalt .«
»Marina ist nicht gewalttätig«, widersprach Silke. »Sie mag alles Mögliche sein, aber wenn sie gewalttätig wäre . . . ich meine, als ich nein gesagt habe, hätte sie sich mit Gewalt nehmen können, was sie wollte. Aber stattdessen ist sie gegangen.«
»Beim ersten Mal vielleicht.« Yvonne seufzte erneut. »Ich sehe das nächste blaue Auge schon.«
»Du bist wie Peter«, erwiderte Silke gereizt. »Ihr übertreibt beide. Er will mich unbedingt mit Marina zusammenbringen, und du willst das Gegenteil.«
»Peter will, dass du mit Marina zusammenkommst?«, fragte Yvonne erstaunt.
»Er mag sie irgendwie«, erklärte Silke unbestimmt. »Er findet, sie sieht interessant aus.«
»Das tut sie«, stimmte Yvonne zu. »Aber das heißt doch nichts. Sie ist groß und stark. Das macht mir viel mehr Sorge.«
»Sie tut mir nichts«, entgegnete Silke. »Und sowieso werde ich sie nicht wiedersehen.«
»Das beruhigt mich nicht besonders.« Yvonne stand auf. »Ich muss zurück. Und bitte . . . lass keine fremden Frauen in die Wohnung.«
Silke grinste. »Ja, Mama.«
»Ach du . . .« Yvonne winkte ab. »Dir ist doch nicht zu helfen.« Sie steckte den Zettel mit der Krankschreibung in ihre Tasche. »Wenn du dein Handy nicht wieder abstellst, rufe ich dich nachher noch mal an.«
Silke nickte. »Tu das. Ich langweile mich hier sowieso nur.«
»Ich gebe dir keinen Kuss zum Abschied«, sagte Yvonne. »Ich will mich nicht schon wieder anstecken. Aber fühl dich geküsst.«
»Du auch.« Silke schmunzelte. »Und sag dem Chef einen schönen Gruß. Ich kann es kaum erwarten, wieder zur Arbeit zu kommen.«
Yvonne lachte. »Wer’s glaubt!« Dann ging sie.
Silke stand noch einmal auf und holte sich ein Buch aus dem Wohnzimmer. Wenn sie schon im Bett liegen musste, hatte sie endlich einmal Zeit zu lesen. Aber als im Krimi gerade der zweite Mord geschehen sollte, fielen ihr plötzlich die Augen zu, und mit dem Buch auf der Brust schlief sie ein.
Diesmal hatte sie keinen Traum mit einem Eismann, der klingelte. Sie wachte einfach auf, weil das Handy ihre Lieblingsmelodie spielte. Verschlafen hob sie ab. »Ja, Yvonne?«
»Habe ich dich geweckt?«, fragte Marina. »Tut mir leid.«
Silke öffnete weit die Augen und war sofort wach. »Ich . . . ja . . .« Sie räusperte sich. »Ich bin beim Lesen eingeschlafen.«
»Du bist noch nicht wieder gesund«, stellte Marina fest.
»Nein. Ich habe mich für den Rest der Woche krankschreiben lassen.« Silke dachte, es war merkwürdig, wie Marinas Stimme klang. Aber sie konnte es nicht einordnen. »Yvonne hat den Zettel heute Mittag abgeholt. Mein Chef wird immer gleich hysterisch, wenn er die Krankmeldung nicht am dritten Tag hat.«
»Manche Chefs sind so«, erwiderte Marina.
Stille trat ein. Weder sie noch Silke sagten etwas.
Endlich räusperte Silke sich. »Hast du gerade Pause?«, fragte sie.
Marina lachte leicht. »In meinem Beruf hat man keine Pausen. Jedenfalls keine geregelten. Es ist eigentlich immer was los.«
»Und, was machst du gerade so?« Irgendetwas an Marinas Stimme hielt Silke fest. Sie dachte an Yvonnes Warnung. Nein, ich will nichts mit ihr anfangen! widersprach sie in Gedanken gereizt. Es ist nur –
»Das würde jetzt zu weit führen«, sagte Marina. »Ich muss auch gleich wieder Schluss machen.«
»Ja«, sagte Silke. »Tschüss dann.«
»Tschüss.« Marina legte auf.
Und warum hat sie jetzt angerufen? fragte Silke sich. Sie schüttelte den Kopf. Marina wurde ihr immer mehr zum Rätsel.
14.
A m Donnerstagabend hatte Silke gerade eine Xena-DVD eingelegt und wollte sich gemütlich vor den Fernseher setzen, als ein furchtbarer Krach sie aufschreckte. Es polterte, und auch noch andere undefinierbare Geräusche störten die Ruhe. Sie schaute auf die Uhr. Es war bereits spät. Wer machte da wohl so einen Lärm?
Sie lauschte. Vielleicht wollte ein Nachbar nur ein Bild aufhängen. Wenn auch zu einer etwas unpassenden Zeit.
Aber das war es nicht. Der Krach wurde sogar immer schlimmer. Sie stand auf und ging zur Tür. Als sie sie öffnete, wurde ihr klar, woher die Geräusche kamen.
Sie ging hinüber und klingelte. Erst nach mehrmaligem
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