Nur ein Blick von dir
nicht auf eine Konfrontation einlassen wollte.
»Freut mich zu hören«, sagte Marina, ließ Gabys Arm los, beobachtete sie aber weiter mit scharfem Blick.
»Das ist eine Familienangelegenheit«, behauptete Gaby. »Sah schlimmer aus, als es ist.« Sie versuchte einen Arm um Silke zu legen. »Stimmst du mir nicht zu, Schatz?«
»Nein.« Silke schüttelte Gabys Arm ab und ging zu Marina hinüber. »Das tue ich nicht.«
»Ach, so ist das.« Gaby grinste widerlich und betrachtete Silke und Marina, die nun nebeneinander standen. »Sie ist deine Neue.« Sie musterte Marina von oben bis unten. »Da hast du dich aber nicht verbessert.«
Silke wollte wütend auf sie losstürzen, aber Marina hielt sie auf. »Lass. Sie will dich nur provozieren.«
»Gegen dich ist alles eine Verbesserung!«, schrie Silke Gaby an. »Verschwinde! Lass mich in Ruhe!«
Gaby verzog verächtlich die Mundwinkel. »Und du meinst, sie wird dich besser behandeln als ich? Schau sie doch an. Sie ist stark wie ein Ochse. Da bleibt kein Gras stehen, wenn die zuschlägt. Du wirst dich noch nach mir zurücksehnen.«
»Ganz bestimmt nicht«, quetschte Silke zwischen den Zähnen hervor. »Hau ab. Und lass dich hier nie wieder sehen.«
»Dann pass mal ein bisschen besser auf, wem du die Tür öffnest«, warnte Gaby sie mit einem abschätzigen Lächeln. »So zarte Frauen wie du sollten nicht so unvorsichtig sein.« Als ob sie einen Sieg davongetragen hätte, stolzierte sie hinaus.
Silke brach zusammen und krallte ihre Finger in Marinas Jacke, während sie an ihrer Brust schluchzte. »Halt mich«, brach es aus ihr heraus. »Halt mich ganz fest!«
Marina legte ihre Arme um sie und streichelte beruhigend ihren Rücken. »Sch, sch . . . es ist alles gut. Nichts passiert. Sie ist weg. Sie kann dir nichts mehr tun.«
»Sie wird zurückkommen«, erwiderte Silke düster. »Das lässt sie nicht auf sich sitzen. Sie geht nie als Verlierer vom Platz.«
»Diesmal schon«, sagte Marina. »Und jedes andere Mal, wenn sie versucht, dir zu nahe zu kommen. Dafür werde ich schon sorgen.«
Silke löste sich von ihr und wischte sich über die Augen. »Du verachtest mich bestimmt jetzt. Eine Frau, die sich schlagen lässt und mit so jemand«, sie warf einen Blick zur Tür, »zusammen war.«
»Solche Dinge passieren«, sagte Marina. »Oft sieht man es erst, wenn man schon drinsteckt und nicht mehr rauskommt.«
»Ja.« Silke atmete tief durch. »Am Anfang war sie ganz nett.«
»Das kann ich mir nur schwer vorstellen.« Marina lächelte. »Aber ich würde sagen, jetzt haben wir uns tatsächlich eine Pizza verdient.« Sie schaute Silke forschend an. »Es sei denn, du willst nicht mehr.«
»Nein.« Silke richtete sich auf und straffte ihre Schultern. »Die Zeiten sind vorbei, wo ich mir von ihr habe vorschreiben lassen, was ich zu tun habe und was nicht.«
»Wie bist du an sie geraten?«, fragte Marina später beim Essen.
Silke schaute in die Luft. »Durch meinen Job. Sie war ein Versicherungsfall.«
»Das ist sie ganz bestimmt«, bemerkte Marina ironisch.
»Ich fürchte, die ganze Sache war getürkt«, sagte Silke. »Nur habe ich das nicht gemerkt. Sie war so überzeugend.«
»Offenbar nicht nur in dieser Beziehung«, vermutete Marina.
»Ja, leider.« Silke senkte den Blick. »Ich schäme mich so. Ich hätte es wissen müssen. Sie wollte immer – na ja, sie stand auf eine gewisse Art von . . . Rollenspielen.«
»Versteh schon«, sagte Marina.
Silke hob den Blick. »Du wirst mich nie mehr respektieren.«
Marina legte eine Hand auf Silkes. »Was man in seinem Schlafzimmer tut, geht niemand etwas an. Solange es beiden Spaß macht . . .«
»Das hat es nicht.« Silke schaute Marina nicht an. »Nur eine hatte Spaß.«
Marina beugte sich über den Tisch und griff unter Silkes Kinn, damit sie ihr in die Augen schauen konnte. »Hör auf dich zu schämen«, sagte sie eindringlich. »Das hat keinen Sinn. Was vorbei ist, ist vorbei.« Sie zögerte. »Es ist doch vorbei, oder?«
»Sah es so aus, als wäre es das nicht?« Auf einmal war Silke verärgert. Wie konnte Marina annehmen –?
»Schon gut«, sagte Marina. Sie lachte leicht. »Bring mich nicht gleich für die Frage um. Es ist leider so, dass in solchen Fällen –« Sie brach ab. »Lass uns lieber in Ruhe essen und über etwas anderes reden. Es gibt doch erfreulichere Themen.«
»Was für . . . Fälle?«, fragte Silke.
»Du weißt, ich bin Sozialpädagogin«, erklärte Marina. »Da komme ich
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