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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Wall
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gegangen«, zählte Silke auf. »Also hat es wohl nichts mit der Person zu tun, wenn du Sex hast. Es muss einfach nur eine Frau sein.« Sie warf einen zweifelnden Blick auf Marina. »Wahrscheinlich.«
    »Ganz sicher«, sagte Marina. »Es muss eine Frau sein.« Sie machte einen großen Schritt an Silke vorbei und hielt sie auf, indem sie vor ihr stehenblieb. »Eine ganz bestimmte Frau.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Silke. »Ich denke, Frau reicht.«
    Marinas Augen, die im Licht der Straßenlaterne merkwürdig leuchteten, wanderten forschend über Silkes Gesicht. »Wovor läufst du weg?«, fragte sie. »Was macht dir solche Angst?«
    »Gar nichts«, sagte Silke, machte einen Schlenker und ging an Marina vorbei. »Ich will einfach nur nach Hause und allein sein.«
    »Du hast dich mit mir zum Essen verabredet, um allein zu sein?«, fragte Marina. »Merkwürdige Vorgehensweise.«
    »Ja, mein Gott, dann bin ich eben merkwürdig!« Silke warf ärgerliche Blicke zu Marina hinüber. »Du bist nicht die Erste, die mir das sagt.«
    »Cinderella.«
    Silke stoppte mitten in der Bewegung.
    Marina trat zu ihr und wiederholte weich: »Cinderella.«
    Silke verzog das Gesicht. »Willst du jetzt meinen Schuh?«
    »Den hatte ich doch schon«, sagte Marina. »Und ich habe auch den passenden Fuß dazu gefunden.«
    »Warum bist du davon so überzeugt?«, fragte Silke.
    »Ich bin es eben.« Marina strich mit einem Finger sanft über ihr Gesicht. »Ist das nicht genug?«
    »Nein, ist es nicht.« Silke riss sich von der magnetischen Anziehungskraft, die Marina auf sie ausübte, los und näherte sich schnell der Haustür, von der sie nur noch wenige Meter entfernt waren.
    »Warum ist es das nicht?«, fragte Marina. Sie legte eine Hand auf Silkes Schulter.
    Silke fühlte die Berührung wie einen Stromschlag. »Fass mich nicht an, bitte . . .«, flüsterte sie schwach.
    Marina zog ihre Hand zurück. »Warum?«, fragte sie. »Ich tue dir nichts.«
    »Warum, warum, warum!« Silke explodierte fast. »Darum eben! Kannst du das nicht akzeptieren? Muss es denn für alles eine Erklärung geben?«
    »Es gibt eine«, sagte Marina. »Es gibt immer eine.«
    »Ich bin ein Rätsel«, sagte Silke. »Dann nimm das eben als Erklärung.« Sie suchte in ihrer Tasche nach dem Hausschlüssel.
    Marina trat hinter sie und legte ihre Arme locker um Silkes Taille. »Cinderella«, flüsterte sie in ihr Ohr. »Ich weiß, du bist ein Rätsel. Aber ich möchte dieses Rätsel gern lösen. Hilfst du mir dabei?«
    Silkes Hand lag auf dem Schlüssel in der Tasche. Sie konnte sich nicht rühren. »Bitte, tu das nicht . . .«, hauchte sie fast unverständlich.
    »Ich tue nichts«, flüsterte Marina zurück, so nah an ihrem Ohr, dass Silke ihren Atem spüren konnte.
    »Doch, du – Verdammt, Marina!« Silke drehte sich wütend um. »Du kommst mir zu nah! Das ist es. Jetzt weißt du’s eben. Danke und tschüss.« Sie steckte den Schlüssel ins Schloss.
    »Du erträgst es nicht, wenn jemand nett zu dir ist«, sagte Marina, als würde sie eine feststehende Tatsache verkünden. »Deshalb hast du geweint.«
    »Ich habe nicht geweint«, widersprach Silke.
    »Doch, hast du«, sagte Marina.
    »Ambivalente Reaktionen«, wiederholte Silke. »Merkst du es nicht? Du hast recht – und das macht alles kaputt.«
    »Nur, wenn du es zulässt«, sagte Marina leise und beugte sich über sie. »Wenn du die Angst deine Reaktionen diktieren lässt. Wenn du nicht selbst entscheidest.«
    Silke schluckte. »Ich kann es wirklich nicht«, sagte sie dann leise. »Sobald jemand nett zu mir ist, fange ich an zu weinen und laufe weg. Das ist schon immer so gewesen.«
    »Deshalb suchst du dir Frauen, die nicht nett zu dir sind«, erwiderte Marina. »Dann erledigt sich das Problem von selbst. Die Netten lässt du gar nicht erst an dich heran.«
    »Ich dachte, du wärst nicht nett«, schluckte Silke, »deshalb –«
    »Deshalb fandst du mich anziehend.« Marina lachte leicht. »Kein Kompliment für mich, aber nun gut.«
    »Ich kann damit nicht umgehen«, sagte Silke. »Ich weiß, dass ich es nicht kann. Sobald jemand etwas Nettes zu mir sagt, mich verteidigt oder anderen gegenüber meine Position einnimmt, fange ich an zu heulen.«
    »Und all das habe ich getan«, sagte Marina. »Schrecklich.« Aber sie lächelte.
    »Es ist einfach nur peinlich«, stellte Silke fest. »Und ich will das nicht.«
    »Darum schmeißt du dann mit Blumen.« Marina trat näher an Silke heran. »Damit die Nettigkeit nicht

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