Nur ein Blick von dir
sauste an ihrem Chef vorbei hinaus, der nur hilflos »Aber, Frau Engelbrecht . . .« stammeln konnte.
»Tut mir leid«, wiederholte Peter, schon im Gehen begriffen, »aber ich konnte sie nicht bremsen. Ich wollte ja eigentlich nur –«
»Schon gut.« Silke winkte ab. »Bis heute Abend.«
Silke hätte sich am liebsten gedrückt, aber dazu blieb ihr keine Chance. Sie kam nach Hause und wurde sofort von Peter und Yvonne vereinnahmt.
Obwohl Silke zuerst alles Yvonne überlassen wollte, wurde sie immer mehr in die Vorbereitungen hineingezogen und von ihren düsteren Gedanken abgelenkt, bis sie selbst einige der Aufgaben übernahm, ohne sich darüber zu wundern. Sie fühlte sich ausgetrickst, aber merkwürdigerweise störte es sie nicht.
Diesmal war es keine Konferenz, sondern ein privates Fest gemischt mit einem Firmenjubiläum. Peter war schon ganz aus dem Häuschen, weil er speziell für das Jubiläum eine Torte kreieren wollte. Dadurch fiel er fast für sämtliche anderen Aufgaben aus.
Nach ein paar Tagen, in denen Yvonne sie ständig auf Trab gehalten hatte, fühlte Silke sich tatsächlich besser. Sie wusste selbst, dass sie, wenn sie die ganze Zeit zu Hause gesessen hätte, jetzt wahrscheinlich wirklich selbstmordgefährdet gewesen wäre. Die dunklen Wolken waren noch immer nicht vertrieben, aber die Sonne schien zumindest teilweise schon wieder hindurch.
»Meinst du nicht, dass du mir endlich mal sagen könntest, was passiert ist?«, fragte Yvonne eines Abends, als sie bei Silke im Wohnzimmer saßen, um die letzten Feinheiten der Organisation zu besprechen.
Silkes Gesicht verschloss sich sofort.
Yvonne seufzte. »Ja, ich weiß, es tut weh. Aber ich bin deine beste Freundin, und ich kann dich nicht einmal richtig trösten, weil ich nicht weiß, um was es geht.«
»Es geht darum, dass du recht hattest«, erwiderte Silke widerstrebend, »und ich unrecht. Dass du es mir gleich gesagt hast und ich nicht gehört habe. Du hast es richtig gesehen und ich falsch. Das ist ziemlich peinlich für mich, und deshalb möchte ich nicht darüber reden.«
»Das ist doch nicht peinlich«, sagte Yvonne. »Du warst verliebt. Das ist nie peinlich.«
Silke lachte kurz und trocken auf. »Oh doch!« Sie schüttelte leicht den Kopf. »Es ist peinlich, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.«
»Sie war ein ziemlich großer Baum«, sagte Yvonne und schaute Silke teilnahmsvoll an. »Willst du mir nicht endlich etwas darüber erzählen? Im Krankenhaus war doch noch alles in Ordnung. Und ich hatte den Eindruck . . . Sie schien wirklich Interesse an dir zu haben.«
»Interesse. Oh ja!« Silke verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Interesse an einer ganz bestimmten Sache. Die sie auch bekommen hat. Und zum Schluss hieß es dann: So gut bist du im Bett auch wieder nicht .«
»Bitte?« Yvonne konnte es nicht glauben. »Das hat sie zu dir gesagt?«
»Wortwörtlich«, bestätigte Silke. Sie war froh, dass die Tränen schon lange versiegt waren, denn als sie sich gezwungenermaßen nun wieder an das letzte Gespräch mit Marina erinnerte, fühlte sie sich erneut zum Heulen elend. Deshalb hatte sie ja auch nicht darüber reden wollen.
»Es ging also nur um Sex?« Yvonne runzelte die Stirn.
»Das hast du doch von Anfang an vermutet«, sagte Silke. »Du hattest recht.«
»Und in Holland habt ihr nichts anderes gemacht?«
»Schon auf dem Weg nach Holland. Auf einem Rastplatz.« Silke stieß ein abschätziges Geräusch aus.
»Sie hatte also nichts anderes im Sinn.« Yvonne nickte. »Dann war es wohl besser, dass ihr euch getrennt habt.«
Silkes Blick kehrte sich nach innen. »Vermutlich ist sie jetzt wieder bei ihrer Ex. Linda.« Sie spuckte den Namen aus. »Die ist entgegenkommender als ich.«
»Noch entgegenkommender?« Yvonne hob erstaunt die Augenbrauen.
Silke schluckte. »Marina war nicht die ganze Zeit im Krankenhaus. An dem Abend, als du und ich uns eigentlich mit ihr treffen wollten, ist sie zu Linda gegangen. Und bei ihr geblieben. Tagelang. Sie sagte, Linda stellt keine Ansprüche an sie, tut alles, was sie will.« Sie schluckte erneut. »Sie macht keine . . . Zicken. Wie ich.«
»Was ist sie? Das Ich-tue-alles-was-du-willst-Modell aus dem Versandhauskatalog?«, fragte Yvonne aufgebracht. »So was gibt es doch gar nicht. Es sei denn, sie ist eine Nutte.«
»Vielleicht ist sie das.« Silke zuckte die Schultern. »Darüber weiß ich nichts.«
»Also ist alles wahr«, stellte Yvonne tief
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