Nur ein Blick von dir
»Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee.«
Er verabschiedete sich, ließ trotz Silkes Protest den Kuchen da und ging zurück in seine Wohnung.
Silke zog sich aus und legte sich ins Bett. Sie war so erschöpft, dass sie ohne Übergang in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
32.
S chon am nächsten Tag zeigte sich, dass Peter nur aus einem einzigen Grund Yvonnes Nummer hatte haben wollen: um sich mit ihr wegen Silke abzusprechen. Kurz vor der Mittagspause starteten beide eine konzertierte Aktion.
»Frau Engelbrecht«, sagte Silkes Chef erstaunt, als Yvonne mit Peter im Schlepptau zur Tür hereinstürmte. »Doch schon wieder da?«
»Nein«, entgegnete Yvonne im Vorbeilaufen. »Leider bin ich wieder nicht zum Arbeiten gekommen, nur zu Besuch.«
»Wenn Sie so fit sind –«, setzte ihr Chef an, wurde aber gleich von Yvonne unterbrochen.
»Ich bin nicht fit«, sagte sie. »Das sieht nur so aus. In Wirklichkeit breche ich gleich zusammen. Ich muss nur einen Augenblick mit Frau Sander sprechen.« Sie ließ ihren Chef stehen und ging auf Silke zu. Den Gipsfuß hatte sie schon ganz gut im Griff. »Peter braucht deine Hilfe, und du lehnst ab?«, fauchte sie Silke an.
Silke wich aufgeschreckt von Yvonnes überbordender Energie zurück und warf einen Blick auf Peter, der etwas bedripst dastand, als ob ihm das alles furchtbar peinlich wäre. »Ähm . . . Yvonne . . . du könntest ihm doch helfen.«
»Kann ich nicht. Ich bin schwer behindert«, sagte Yvonne und machte einen sehr wenig behinderten Schlenker um Silkes Schreibtisch herum. »Ich kann nicht laufen und das Catering überwachen. Das sollte jemand mit gesunden Beinen tun.«
»Ich kann nicht, Yvonne.« Silke verzog das Gesicht. »Versteh doch.« Erneut warf sie einen tadelnden Blick auf Peter.
»Ich verstehe, dass diese Frau dir unsagbare Dinge angetan hat«, bemerkte Yvonne angriffslustig, »aber ich wäre nicht deine beste Freundin, wenn ich zuließe, dass du dich deswegen umbringst.«
»Ich bringe mich doch nicht um.« Aber jetzt, wo Yvonne es erwähnte, fand Silke es plötzlich gar keine so schlechte Idee.
»Du siehst aber so aus«, sagte Yvonne. »Und ich will nicht, dass das passiert. Nicht wegen so einer Frau.«
Silke fand diese Aussage irritierend. »Wegen einer anderen schon?«
»Na, dir scheint es ja schon besser zu gehen. Das beruhigt mich.« Yvonne schaute sie nun weitaus freundlicher an. »Mensch, Süße, weißt du, was ich mir für Sorgen mache?«
»Du musst dir keine Sorgen machen.« Silke schüttelte den Kopf. »Es geht mir gut.«
»Das sehe ich.« Yvonne maß sie mit einem fast mütterlichen Blick. »Dir geht es so gut, dass die dunklen Ringe unter deinen Augen schon fast dein ganzes Gesicht ausmachen. Schläfst du überhaupt?«
»Wie eine Tote«, sagte Silke, und gleich darauf fiel ihr ein, wie zutreffend das war. Und wie sehr es Yvonnes Verdacht bestätigte.
»Also, pass auf«, fuhr Yvonne fort. »Du brauchst Abwechslung. Ganz dringend. Wenn du zu Hause hockst, verkriechst du dich nur immer mehr in dich selbst. Deshalb haben Peter und ich gedacht –«
»Peter und du? Seit wann seid ihr ein Team?« Silke fühlte sich ziemlich in die Ecke gedrängt von diesen geballten Freundschaftsbekundungen. Ihre Blicke wanderten zwischen Peter und Yvonne hin und her.
»Seit jetzt.« Yvonne ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Also ich werde Peter helfen, aber das kann ich nicht allein. Du kennst dich auf dem Gebiet aus, ich nicht.«
»Ich habe Peter schon gesagt –«
»Ich weiß, was du Peter gesagt hast«, unterbrach Yvonne sie, »aber das gilt nicht mehr, weil ich das Kind nicht allein schaukeln kann. Peter braucht deine Hilfe, und ich brauche sie auch.«
»Tut mir leid«, murmelte Peter im Hintergrund.
Da habe ich mir ja was Schönes eingebrockt. Hätte sie Peter nur nicht Yvonnes Nummer gegeben. »Ihr nutzt meine Hilfsbereitschaft aus«, sagte sie. »Ihr wisst beide, dass ich da schlecht nein sagen kann.«
»Ja, genau.« Yvonne grinste. »Peter wusste sich keinen Rat mehr, er wollte dich nicht bedrängen, aber ich habe kein Problem damit.«
»Das weiß ich nur zu gut.« Silke seufzte. »Ich bin bestimmt keine große Hilfe«, warnte sie, »aber wenn ihr unbedingt wollt . . .«
»Jippi!«, machte Yvonne und warf einen triumphierenden Blick auf Peter, der ganz klar Hab ich’s dir nicht gesagt? ausdrückte. »Heute Abend treffen wir uns bei Peter und besprechen die Einzelheiten. Komm nicht zu spät.«
Sie
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