Nur ein einziger Kuss, Mylord?
kannst.“
Die Pferde wurden langsamer.
„Was zum Teufel meinst du damit?“ Nun klang er wütend.
Sie suchte nach den richtigen Worten. „Als Harry auf dieser enormen Zahlung bestand …“
„Die Summe war angemessen. Genau der Betrag, den ich dir auch ohne sein Eingreifen hätte anweisen lassen“, informierte er sie. „Und wie kommst du darauf, dass ich mir dich nicht leisten kann?“
„Ich bringe nichts mit in die Ehe“, antwortete sie. „Keine Mitgift, aus der sich meine und die Versorgung meiner Kinder bestreiten ließe. Das Geld, das du mir ausgesetzt hast, war eigentlich für deine Geschwister vorgesehen, nicht wahr? Und für landwirtschaftliche Neuerungen auf deinem Besitz.“
Sein Schweigen verriet ihr, dass sie mit ihrer Vermutung richtiggelegen hatte. Sie riskierte einen kurzen Seitenblick auf ihn. Er war dabei, ein langsames Ochsenfuhrwerk zu überholen.
Als er den Curricle sicher daran vorbeigelenkt hatte, sagte er: „All das ist nicht wichtig. Ich habe nicht gesagt, dass ich unsere Heirat bereue.“
Nein. Dazu war er viel zu höflich. Aber sie war sicher, dass er es tat. Seinen Ausführungen hatte sie entnommen, dass der Rest von Serenas Mitgift für Lissy, Emma und die beiden Jungen ausreichen würde. Aber wovon sollte der Unterhalt ihrer Kinder finanziert werden? Die Ausbildung ihrer Söhne? Die Mitgift ihrer Töchter? Um den Familienbesitz in seinem jet zigen Umfang an die nachfolgenden Generationen weitergeben zu können, hätte Julian eine Frau mit Vermögen heiraten müssen. Stattdessen war er an sie gefesselt. Die mittellose, illegitime Christiana Daventry.
„Wie könntest du nicht?“, wisperte sie. Sie musste verrückt gewesen sein zu glauben, dass das, was sie miteinander geteilt hatten, mehr war als körperliche Befriedigung. Und sie musste erst recht verrückt gewesen sein, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebte.
Er lenkte die Pferde an den Straßenrand, brachte sie zum Stehen und wandte sich ihr zu. „Verdammt, Christy, wie kannst du glauben, dass ich unsere Heirat bereue?“ Er nahm die Zügel in eine Hand und zog seine junge Gemahlin mit dem freien Arm an sich. „Nach allem, was gestern Nachmittag geschehen ist! Und vergangene Nacht!“
Sie zwang sich, ihn anzusehen. „Du hast gehört, was ich gestern Nacht zu dir sagte, nicht wahr?“
Er presste die Lippen zusammen. „Ja. Es macht nichts, Christy. Du bist unerfahren und nicht vertraut mit … Begehren und Leidenschaft. Ich verstehe, dass du es gesagt hast, aber es ist nicht nötig.“
Nicht erwünscht. Schlimmer, rundheraus abgelehnt .
„Dann ist es lediglich … lediglich körperliches Vergnügen, und nicht …“ Sie brach ab und schluckte den Kloß in ihrer Kehle. „Und du könntest das Gleiche auch mit jeder anderen Frau finden.“ Mühsam Atem holend setzte sie hinzu: „Wie du es immer getan hast. Und auch weiterhin tun wirst. Das hast du klargemacht, als du mich fragtest, ob ich deine Mätresse werden wollte, und mir sagest, du würdest mich auch dann noch behalten, wenn du heiratest.“
Sie sah ihn an und erschrak über die Kälte in seinen Augen.
Er entzog ihr seinen Arm, drehte sich abrupt von ihr fort und ließ die Zügel knallen. Sie senkte den Blick. Unmöglich, ihn länger anzusehen, nachdem sie derart unverschämte Dinge geäußert hatte.
Nach einer Weile brach er das unbehagliche Schweigen zwischen ihnen und fragte: „Dann rechnest du also mit der Möglichkeit, dass ich dir untreu werde?“
Sie kämpfte das Bedürfnis zu protestieren nieder. Dazu hatte sie nicht das Recht. Ihr war bewusst gewesen, worauf sie sich einließ, als sie in die Heirat eingewilligt hatte. „Ja.“
„Wirst du mir untreu sein?“
Sie schwieg einen Moment, versuchte sich vorzustellen, wie sie sich verhalten würde. Sie konnte es nicht. Aber wenn Julian tatsächlich eine Affäre hatte? Würde sie es dann tun? Oder war es das, was die Ehegelübde beinhalteten? Dass man es nicht tat, auch wenn man in Versuchung geriet? Letzten Endes lag die Entscheidung allein bei ihr, und sie konnte sie nicht davon abhängig machen, was Julian tat. Sie hatte ihm Treue gelobt, und sie hatte es vor Gott getan.
„Nein. Es ist nicht das, was ich möchte.“
Er maß sie mit einem flüchtigen, schwer zu deutenden Blick und sagte nichts darauf.
Vier Tage nach ihrer Rückkehr nach Amberley begegnete Christy erneut der kleinen Nan.
Sie war ins Dorf gegangen, um sich neues Stickgarn zu besorgen, und hatte Mr. Wilkins’ Laden
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