Nur ein Katzensprung
„Sie können das Büro aufräumen. Wir melden uns, sobald wir etwas wissen.“
Weg war er.
Kelvin? Wer war Kelvin? In Kims Klasse gab es einen Kelvin. Ob es Kim gut ging?
Irene ging in ihr Büro zurück und versuchte, Anna anzurufen. Besetzt.
11
Anna Blume betrachtete den dunklen Lockenkopf, der sich eifrig über das Backblech beugte und Rosinen in die Mitte der ausgestochenen Plätzchen drückte, so sehr in die Mitte, wie es nur ging.
„Kim“, sagte sie leise. „Du machst das klasse.“
Kim schaute hoch und erwiderte: „Ich bin gleich fertig. Stellen wir sie dann in den Backofen?“
„Ja, sobald meine Kräuter fertig sind.“
„Was sind das für Kräuter?“
„Lavendel, Thymian, Basilikum, Rosmarin und Salbei.“
„Machst du eine Suppe?“
„Nein, das wird andalusisches Kräutersalz.“
„Kräutersalz für Tomaten?“
„Zum Beispiel für Tomaten.“ Anna öffnete eine Schranktür und nahm ein Gläschen heraus. „Schau mal, ich will das Kräutersalz in kleinen Behältern verkaufen. Mit einem bunten Deckel und hübschen Etiketten.“
Kim stand auf und nahm eines der Gläser in die Hand. „Da passt nicht viel rein.“
Anna drehte ein anderes Glas auf. „Steck mal deine Fingerspitze hier hinein.“ Sie führte Kims Hand. „So, und nun ablecken. Wie schmeckt das?“
„Hm, salzig.“
„Genau, davon nimmt man nur ganz wenig.“
„Bekomme ich auch so ein Gläschen? Für zu Hause?“
„Klar. Guck mal, ich habe hier auch ein Rezept. Komm, ich lese es dir vor, dann kannst du diesen Salat ganz allein zubereiten.“
Anna schob die letzten Bleche in den Backofen, als Paul hereinkam. „Hier sind die Transportkisten.“
Anna wunderte sich ein wenig, dass er so spät kam. Außerdem wirkte er leicht derangiert. Erst wollte sie ihn fragen, warum er so außer Puste war, entschied sich aber dagegen. Paul mochte es nicht, wenn man ihm zu sehr auf die Pelle rückte. Deshalb sagte sie: „Das ist lieb von dir, Paul. Als Erstes sollten wir das Mehl einladen.“
„Ist Kim da?“
„Sie kopiert die Rezepte.“
Der große Mann, der etwas vornüber gebeugt ging, lächelte. „Ich habe ihr etwas mitgebracht.“
„Was denn?“
„Das ist unser Geheimnis.“
„Das ist gemein. Du weißt doch, wie neugierig ich bin.“
Paul erstarrte. „Anna, ich …“
„Entschuldige!“ Anna legte ihm vorsichtig eine Hand auf den Arm. „Ich wollte einen Spaß machen, ich hab’s nicht ernst gemeint. Es ist gut, dass du mir dein Geheimnis mit Kim nicht verrätst. So muss es sein.“
Paul beobachtete ihr Gesicht sorgfältig. Ganz langsam bildete sich ein Lächeln. „Alles ist gut.“
„Genau. Geh nur zu ihr.“ Anna lehnte sich gegen ihren Kühlschrank. So fühlte sie sich wohl. Sie sah sich um. Liebevoll betrachtete sie den Tisch mit der dicken Holzplatte in der Mitte des Raumes. Auf der anderen Seite standen Herd, Grill und Fritteuse. Sie hatte die ganze Einrichtung gebraucht gekauft, so dass nicht alles hundertprozentig zusammenpasste. Aber Paul hatte ihr für alle Zwischenräume kleine Regale oder Blenden gezimmert. Mit Holz war er der reinste Zauberer, wenn er dabei Musik hören konnte.
Sie war so sehr in Gedanken versunken, dass sie erschrak, als das Telefon klingelte. „Partyservice Anna Blume.“
„Gregor Körner, Varieté Ozelot, guten Abend, ich hoffe, ich rufe nicht außerhalb der Geschäftszeiten an.“
„Nein, nein, kein Problem, was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe eine Anfrage für einen Kindergeburtstag, Samstag in vierzehn Tagen, zehnter Geburtstag, Thema Zauberei.“
„Bei Ihnen im Varieté?“
„Achtzehn Kinder und vier oder fünf begleitende Erwachsene. Sie wollen in jedem Fall möglichst quietschbunte Zaubertränke, allerdings selbstverständlich ohne künstliche Farb- und Aromastoffe.“
„Und da haben sie gleich an mich gedacht.“
„Nun ja, unsere bisherigen Kooperationen sind sehr gut angekommen. Was sagt Ihr Terminplan?“
Anna tat so, als müsste sie nachdenken. „Das kann ich einrichten.“ Innerlich jubelte sie.
„Kommen Sie mit 15 oder 16 Euro pro Person hin?“
„Kuchen und Abendessen?“
„Keine Torte, sie wollen Muffins.“
„Ja, okay, 16 Euro, damit komme ich hin. Sind Vegetarier dabei? Allergiker?“
Sie hörte Papier rascheln. „Gut, dass Sie fragen. Ich werde mich erkundigen und sage Ihnen dann Bescheid. Haben wir einen Deal?“
„Selbstverständlich. Ich freue mich.“ Anna kontrollierte zweimal, ob sie tatsächlich richtig aufgelegt
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