Nur ein Katzensprung
grünen Deckeln. Daneben lagen Blätter mit Aufklebern.
„Das ist Annas neues Kräutersalz. Du kannst es ruhig probieren“, sagte plötzlich jemand neben ihm. Das Mädchen reckte sich, nahm eines der Gläser herunter und drehte es auf. Sorgfältig schüttete sie ein wenig Salz auf den Deckel. „Du musst die Fingerspitze anlecken und hier eintunken. Schmeckt lecker.“ Sie hielt ihm den Deckel hin.
Kofi wusste nicht, was er tun sollte.
„Kim, das geht so nicht.“ Eine junge Frau, die von Kofi unbemerkt aus dem Raum hinter dem Tresen gekommen war, nahm Kim das Gläschen ab. „Entschuldigen Sie bitte“, sagte sie zu ihm. „Wir stippen natürlich nicht unsere feuchten Fingerspitzen in das Salz.“ Sie drehte sich um und griff nach einem Teller mit Tomaten, kleinen gebutterten Brotscheiben und Crackern mit weißem Käse. „Nehmen Sie, bitte nehmen Sie und streuen Sie ein wenig Kräutersalz darauf. Ich habe es nach einem alten andalusischen Rezept zubereitet, einfach köstlich, sage ich Ihnen.“ Sie zeigte auf ein Glas, in dem winzige Löffel standen.
Kofi nahm einen heraus und streute eine Prise von dem Kräutersalz auf ein Scheibchen Butterbrot. Es schmeckte tatsächlich lecker.
„Sie verkaufen das Salz hier? Ich dachte, das wäre ein Partyservice.“
„Ist es auch. Meine Kunden mögen meine Kräutermischungen, deshalb habe ich angefangen, sie hier im Laden, aber auch auf Märkten und Festen anzubieten, sozusagen als zweites Standbein. Man kann sich ja nicht immer einen Partyservice leisten.“
„Verstehe, ich nehme ein Gläschen, wenn ich darf.“
„Selbstverständlich. Kim, suchst du dem Herrn das schönste Glas aus?“ Sie wandte sich wieder an Kofi. „Wir haben die Etiketten alle unterschiedlich gestaltet. Kim mag die mit den Tieren am liebsten.“
Kim nahm ein Glas nach dem anderen in die Hand und betrachtete die Aufdrucke. „Magst du lieber Kühe oder Vögel?“
„Ich glaube, Vögel.“
„Weißt du das nicht genau?“
„Darüber habe ich länger nicht nachgedacht.“
Das Mädchen sah ihn an, als hätte er etwas sehr Merkwürdiges gesagt. „Ich nehme das Glas mit dem Rotkehlchen.“ Kofi bezahlte die Salzmischung. Die Kleine bediente die Kasse, und Anna Blume stand lächelnd daneben.
„Ich bin bei der Polizei“, sagte Kofi leise.
Anna sah ihn erst überrascht an, dann erschrocken und fragend. Er schüttelte den Kopf. „Es hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich würde gern mit Kim reden, über ihre Freundin Emma.“
Kim legte den Kopf schief und fixierte ihn. „Emma ist entführt worden.“
„Genau, deshalb möchte ich mich mit dir unterhalten.“
„Moment“, sagte Anna. „Dürfen Sie das, ohne Zustimmung der Mutter?“
Kofi grinste sie an. „Ich will Kim ja nicht verhören, ich hoffe einfach, dass Emma ihr etwas anvertraut hat, was sonst niemand weiß.“ Er konnte sehen, dass Anna jede Menge Fragen stellen wollte, sie jedoch zurückhielt, um Kim nicht zu ängstigen.
„Ich werde trotzdem kurz bei Irene anrufen und sie informieren. Setzen Sie sich doch so lange. Nehmen Sie sich einen Tee.“ Anna verschwand durch eine schmale Tür in den Nebenraum, wo sich jemand aufzuhalten schien, denn sie sagte etwas und eine Männerstimme antwortete darauf. Kofi bemerkte, dass er enttäuscht reagierte. Enttäuscht? „Wer ist der Mann im Hinterzimmer?“, fragte er Kim.
„Das ist Paul“, sagte Kim. „Meine Freundin, Emma, mag Paul nicht leiden.“
„Aber du findest Paul nett?“
„Er ist stark, und er kann Sachen aus Holz bauen, Regale zum Beispiel, aber nur, wenn er dabei Musik hören darf. Er kann auch Stühle reparieren.“
„Was findet Emma daran schlecht?“
Kim lachte hell. „Das doch nicht. Sie findet ihn dumm und langsam.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Außerdem macht er ihr Angst, wenn er lacht. Er lacht nämlich so laut wie eine Explosion.“
„Emma mag es lieber leise?“
Kim schien über diese Frage nachzudenken. „Eigentlich nicht. Sie mag laute Musik. Kennst du Hanna Montana?“
„Nein, ist die gut?“
„Emma sagt, sie ist wie sie. Montags in der Schule ganz normal, am Samstag ein Star, den alle toll finden.“
Kofi beschloss, Hanna Montana zu googeln, sobald er an einem PC saß. „Du warst gestern mit Emma verabredet.“
„Sie ist nicht gekommen. Dabei hatte sie versprochen, dass wir uns den Film ansehen.“
„Eine DVD?“
„Von der Preisverleihung, in München, mit Jamie Oliver und einem Zauberer, der hat die ganzen Zutaten
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