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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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aufschaute, war Stefan Ollner eingeschlafen.
    Kofi drückte noch einmal seine Hand und verließ das Zimmer und das Krankenhaus auf schnellstem Wege.
    Sein Herz pochte wie nach einem Fünftausendmeterlauf. Er hatte schweißnasse Handflächen, und in seinem Kopf rumorten Fliegenschwärme wild durchein­ander.
    Erst als er gegen einen Rollstuhl prallte, in dem ein glatzköpfiger Mann im Bademantel saß und ihn vorwurfsvoll anstarrte, bemerkte Kofi, dass er wie ein Verrückter durch die Gegend rannte.
    Das half niemandem.
    Er musste sich beruhigen.
    Jetzt.
    Er atmete tief ein und langsam aus.
    Da sah er sie. Zwei Typen. Beide mit Lederjacke. Beide trugen eine rote Binde am Arm. Sie kamen die Treppe zum Eingang hinauf.
    Er stürzte auf sie zu. „Was wollen Sie hier?“
    Die Männer sahen ihn irritiert an. „Verpiss dich“, sagte der größere.
    „Was hast du gesagt?“, brüllte Kofi. Er griff nach dem Handgelenk des Mannes, zog ihn die letzte Stufe hinauf, drehte ihm den Arm auf den Rücken und schob ihn mit dem Gesicht zur Wand. Der Mann stöhnte. Kofi drückte den Arm noch ein wenig weiter nach oben. Der Kerl ging in die Knie. „Was hast du gesagt?“ zischte Kofi.
    Inzwischen war der zweite oben angekommen. Er hielt Abstand, redete aber auf Kofi ein. „Was ist denn los? Was wollen Sie? Lassen Sie ihn los.“
    Kofi wandte seinen Kopf zu ihm um. „Was wollen Sie hier?“
    „Seine … seine Frau bekommt ein Kind. Wir wollen sie besuchen.“
    „Stimmt das?“, fragte Kofi und hob den Arm noch ein wenig an.
    Der Mann quiekte ein Ja.
    „Wie heißt Ihre Frau?“
    „Gerda, wieso?“
    „Die Fragen stelle ich.“
    „Okay, okay.“
    Kofi bemerkte, dass seine Wut nachließ. Vorsichtig trat er von dem Mann zurück. „Warum haben Sie meine Frage nicht gleich beantwortet?“
    „Da könnte ja jeder kommen“, brummte der zweite, der sich vorsichtshalber aus Kofis Reichweite hielt.
    „Polizeigewalt“, knurrte der erste.
    Kofi ahnte plötzlich, dass er sich auf sehr dünnem Eis bewegte. Er beschloss, zum Angriff überzugehen. „Ich muss mich sehr wundern. Sie haben uns doch informiert, dass Ihnen Informationen zugespielt wurden, dass der Täter als Nächstes im Krankenhaus zuschlagen wird, weil die Holzmindener Eltern ihre Kinder nicht mehr unbeaufsichtigt auf die Straße lassen.“
    „Von uns haben Sie das?“
    „Nicht von Ihnen persönlich. Von Ihrer Bewegung.“ Er zeigte auf die rote Binde.
    „Und warum greifen Sie ausgerechnet uns an?“
    Kofi verdrehte die Augen, als hätte er es mit einem besonders begriffsstutzigen Exemplar Mensch zu tun und sagte: „Na, weil der Informant das gesagt hat.“
    „Was? Dass wir beide?“
    „Er hat keine Namen genannt. Hat nur gesagt, er wird sich tarnen. Und nun verraten Sie mir, gibt es eine bessere Tarnung als Ihre roten Binden?“
    Unwillkürlich griffen beide Männer an ihre Ärmel.
    „Die kann sich jeder machen, und anschließend spaziert er ins Krankenhaus und holt mal eben ein paar Kinderchen zu einem Spaziergang ab. Das können wir uns nicht gefallen lassen. Da müssen wir durchgreifen, und zwar hart.“
    „Verstehe. Wir werden die Augen offen halten.“
    Der andere nickte bedächtig. „Das stimmt natürlich. Wir sind inzwischen so viele, dass man gar nicht alle kennt.“
    „Deshalb immer wachsam bleiben“, sagte Kofi und lief die Treppe hinunter. „Ich verlasse mich auf Sie.“
    Als die beiden Männer im Krankenhauseingang verschwunden waren, lehnte Kofi sich schwer atmend gegen einen Baum. „Scheiße, das war knapp.“ So etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert, so die Kontrolle zu verlieren, sich an - hoffentlich - Unschuldigen zu vergreifen.
    Er schüttelte den Kopf. Es blieb zu hoffen, dass die Typen ihm geglaubt hatten. Wenn sie sich später entschlössen, Anzeige zu erstatten, wäre es wohl kaum schwierig, ihn ausfindig zu machen. So viele schwarzhäutige Polizisten gab es in Holzminden nicht.
    ‚Wird schon schiefgehen‘, dachte er und schlenderte zu seinem Wagen. Während er zur Dienststelle fuhr, hielt er sich an jede einzelne Verkehrsregel, die er kannte.

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

Holzminden
Freitag, 4. November 2011
gegen 8.30 Uhr

32
    Die Kollegen warteten bereits auf ihn. Niemand sagte ein Wort. Alle sahen ihn fragend an.
    „Es geht ihm gut. Ziemlich.“ Kofi bemerkte, dass er vergessen hatte, Campingwecken mitzubringen. Nun hatte er nichts, womit er seine Hände beschäftigen konnte

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