Nur ein Katzensprung
aufspringen.
Stella legte ihr die Hand auf den Arm. „Bleib sitzen. Ich erklär’s dir.“
Irene saß nur noch auf der Stuhlkante.
„Es ist wegen Leon.“
„Wusste ich‘s doch!“
„Nicht, was du denkst.“
„Was denke ich denn?“
„Was Falsches.“
„Dass ich nicht lache.“
„Es ist nicht witzig.“
„Da sagste was.“
Stella lehnte sich zurück. „Ich will es dir ja erzählen. Aber du musst mir Zeit lassen. Ich verstehe selbst nur die Hälfte.“
„Jetzt bin ich aber gespannt.“
Stella ignorierte sie. „Es begann kurz nach dem Umzug in das Katzensprungtorhaus. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Die Stimmung war angespannt.“
,Klar‘, dachte Irene, ,weil Leon mich angeschleppt hat.‘
„Oliver hatte von Anfang an nicht in das Torhaus gewollt. Er meckerte ständig an allem herum, aber das war auch nicht das Ausschlaggebende. Das Problem ging tiefer. Da war eine Aggressivität zwischen den beiden, und Misstrauen. Und dann kamst du dazu. Leon hat uns nicht gefragt. Er hat dich einfach mitgebracht. Dabei sind wir Partner. Er hätte uns fragen müssen.“
„Soweit ich weiß, besitzt er den größten Anteil.“
„Das stimmt, aber unsere Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und auf Zuverlässigkeit. Was glaubst du, hätten wir gesagt, wenn er uns deine Situation geschildert und uns um unsere Zustimmung gebeten hätte?“
„Nein?“
„Quatsch!“
„Du hast mich von Anfang an als Rivalin behandelt.“
„So ein Blödsinn.“
„Ach ja? Und was war …“
Stella hatte abwehrend die Hand gehoben. „Lass. Du hast recht. Allerdings war das nicht auf meinem Mist gewachsen.“
„Hört, hört.“
„Ehrlich. Oliver hat sich dermaßen darüber geärgert, missachtet worden zu sein, dass er eine Tasse gegen die Wand geworfen hat.“
„Warum sollte er sich über mich ärgern?“
„Nicht über dich persönlich. Es ging ihm nur darum, dass Leon ihn übergangen hatte, dass er ihn, wieder einmal, vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Oliver ist da etwas eigen.“
„Okay, was hat das mit dir zu tun?“
„Oliver hat mich gebeten, dich zu vergraulen. Zickenkrieg und so. Er hat gesagt, wenn ich es schaffe, dass du auf der Arbeit ausrastest, also einen Weinkrampf bekommst oder einen Wutanfall, am besten vor Kunden, dann kann er dich rausschmeißen, und Leon kann nichts dagegen tun, würde auch nichts dagegen tun, denn für ihn kommt das Geschäft immer an erster Stelle.“
„Du hast dich also geopfert. In Wahrheit machst du dir nichts aus Leon, außerdem hast du ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“
„Das ist das Problem. Ich halte dich für intelligent. Schließlich bist du auf meine Provokationen nicht hereingefallen. Nicht mal, als diese Polizisten da waren. Ich konnte sehen, wie schlecht es dir ging.“
„Hast du deswegen behauptet, Leon und ich würden im Büro …?“
„Einen Versuch war es wert.“
„Was hat dich zum Umdenken gebracht?“
„Ich habe dich mit deiner kleinen Tochter gesehen. Kim, oder?“
„Du hast uns nachspioniert?“ Irene war entsetzt.
„Ich wollte nur wissen, ob die Geschichte mit dem verlorenen Job und der alleinerziehenden Mutter stimmt.“
„Um dich daran zu weiden?“
„Nein, ich brauchte Gewissheit.“
„Dass ich Samstagabend keine Zeit habe und du Leon ungestört in seiner Wohnung verführen kannst? Wie hast du es geschafft? Hast du ihn abgefüllt?“
Stella hob ihr Glas an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck. „Ich war noch nie in seiner Wohnung.“
„Von wegen!“
„Ehrenwort.“
„Ich habe doch deinen Schal neben dem Futon gesehen und die Weingläser, mit deinem Lippenstift am Rand.“
„Bist du ganz sicher?“ Stella lehnte sich vor, versuchte, Irene tief in die Augen zu schauen.
„Was soll das? Natürlich!“
„Ehrlich, ich war nicht da, am letzten Wochenende nicht und davor auch nicht. Ich vermisse meinen Schal, dachte, ich hätte ihn verloren oder irgendwo liegen lassen.“
Irene öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen. Doch sie spürte, dass Stella die Wahrheit sagte, auch wenn es unglaubwürdig klang.
„Ich habe Angst“, flüsterte Stella.
„Wovor?“
„Jemand will mir was in die Schuhe schieben. Irgendwer hat das inszeniert.“
„Was soll man dir anhängen wollen?“
Stella sprach es nicht aus, sah sie nur an. Doch Irene verstand sie auch so. Leons Tod.
„Verstehst du, wenn sie ihn finden, wenn er …, dann bin ich dran. Aber ich
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